Nach Auto-Anschlag durch einen AfDler: Anti-AfD-Demo in Henstedt-Ulzburg

Hunderte protestieren in der schleswig-holsteinischen Gemeinde. Vor drei Jahren ist dort ein Parteianhänger in eine Menge Demonstrierender gefahren.

Polizisten stehen vor einer Reihe von Demonstranten gegen den AfD-Parteitag in Henstedt-Ulzburg

In Schach gehalten: Polizisten blockieren Anti-AfD-Demonstrierende in Henstedt-Ulzburg Foto: Jonas Walzberg/dpa

HENSTEDT-ULZBURG taz | Mehrere Hundert Menschen haben am Sonnabend gegen einen Parteitag der schleswig-holsteinischen AfD in Henstedt-Ulzburg demons­­triert. Zu größeren Zwischenfällen kam es nicht. Der Protest stand im Zeichen eines Vorfalls vor drei Jahren, bei dem ein AfD-Anhänger in eine Menschenmenge fuhr.

Am 17. Oktober 2020 hatten sich AfD-Mitglieder in der Gemeinde zu einer Diskussion mit den damaligen Bundessprecher Jörg Meuthen versammelt, was eine Gegendemonstration auf den Plan rief. Ein damals 19-jähriger Mann fuhr mit einem Pick-up in eine Gruppe Demonstrierender. Eine Person wurde schwer verletzt.

Dem Angeklagten wird versuchter Totschlag vorgeworfen. Das Verfahren läuft seit Anfang Juli. Die Gemeinde hatte eine Rückkehr der AfD zu verhindern versucht, aber das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht lehnte einen entsprechenden Antrag ab.

Als durchaus „einschüchternd“ kommentierte ein AfD-Mitglied den Empfang, den etwa 150 Demonstrierende der Antifa den Teilnehmenden am Samstagmorgen auf dem Weg zum Bürgerhaus mit Transparenten und Beschimpfungen bereitete. Um kurz vor 10 Uhr versuchte die Antifa, eine Absperrung zu überwinden, was die Polizei jedoch durch „einfache körperliche Gewalt und Pfefferspray“ verhinderte. „Hier passiert gar nichts“, sagt der Schaulustige Werner Gülck mit Blick auf das große Polizeiaufgebot. So war es dann auch.

Weiße Rosen verteilt

Wie man gewaltfrei die AfD und ihre teilweise rechtsextremen Positionen bekämpfen kann, zeigte Janina Lütt, die in aller Frühe aus Elmshorn angereist war. Sie stand am Vormittag an der Einfahrt zum Bürgerhaus-Parkplatz und bot den ankommenden AfD-Mitgliedern vorsichtig weiße Rosen an.

Mal wurde der symbolische Bezug zur Widerstandsgruppe im Dritten Reich durchschaut und die Rose einsilbig abgelehnt, zuweilen nahmen die Menschen das Geschenk aber auch mit irritiertem Blick an. Lütt wollte als Einzelperson ein kleines Zeichen setzen und zu der „unerträglichen Situation des Rechtsrucks Position beziehen“.

Später schloss sie sich den rund 350 Menschen an, die sich um 11 Uhr vor dem Rathaus versammelten und anschließend durch die Stadt liefen. Dazu aufgerufen hatte das Henstedt-Ulzburger Bündnisses für Vielfalt und Demokratie, das sich als „bürgerlich“ bezeichnet. Ob Omas gegen rechts, die Ver.di-Jugend oder Die Partei – alle fanden Platz. „Wir wollen solche Parteitage der AfD hier nicht haben“, rief die Bündnis-Sprecherin Britta de Camp-Zang und bekundete ihre Solidarität mit den Betroffenen von vor drei Jahren.

Eine hatte auch am Morgen vor dem Bürgerhaus gesprochen: Seit Prozessbeginn seien 76 Tage vergangen, „die sich anfühlen, als würde die Welt stillstehen“. Die Nebenklägerin beschreibt, wie ihr damals das Auto mehrere Meter gezielt gefolgt sei. Als Schwarze Frau fühle sie sich doppelt getroffen: „Es ist und bleibt ein rechter und rassistischer Tötungsversuch“, endete die 24-Jährige

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