Nach Auflösung wegen Chat-Skandal: SEK-Kommando zurück in Frankfurt
Nach dem Auffliegen rechter Chats wurde das Frankfurter SEK aufgelöst. Nun bekommt es neue Strukturen – laut Innenminister „unumgänglich“.
Zuvor hatten bereits Chatgruppen und rechtsextremistische Umtriebe in der übrigen hessischen Polizei für Negativschlagzeilen gesorgt. Ermittler waren zufällig darauf gestoßen, als sie nach dem Urheber der unter dem Alias „NSU 2.0“ verschickten Morddrohungen gesucht hatten.
In Sachen SEK hatte Beuth damals durchgegriffen. Er löste die Einheit auf, suspendierte mehr als ein Dutzend Beamte und setzte eine Expertenkommission ein. Am Donnerstag nutzte der Minister deren Pressekonferenz, um seine Entscheidung vom Juni zu verteidigen.
Die unter den Frankfurter SEK-Beamten geteilten Inhalte interner Chatgruppen mit Nazisymbolen sowie rassistischen und sexistischen Bezügen, die „offenkundige Verrohung“ der Kommunikation in der Einheit und der übersteigerte Korpsgeist hätten einen Neustart unumgänglich gemacht, sagte der Minister und berief sich auf die Ergebnisse der Experten.
SEK-Beamte sehen sich als Bauernopfer
Beuth reagierte damit auf einen Medienauftritt von drei der damals suspendierten SEK-Beamten, in dem diese sich zuletzt als angebliche Bauernopfer stilisierten. „Der Minister trat am 9. Juni vor die Presse und sagte, dass, egal, was rauskommen mag, er auf jeden Fall versuchen werde, uns aus dem Dienst zu entfernen“, zitierte der Hessische Rundfunk einen der drei Beamten, die dem Sender namentlich bekannt sind. Der Minister habe seit April von den Vorwürfen gewusst. “Er hat uns trotzdem noch mehrere Wochen zu Einsätzen gelassen. Warum hat er so lange gewartet?“, fragte ein anderer. „Dafür wurden wir noch gebraucht, bis wir zum Verbrecher wurden“, ergänzte sein Kollege.
Die Experten der Kommission legten am Donnerstag dagegen weitere Belege für eklatantes Fehlverhalten vor. LKA-Präsident Andreas Röhrig präsentierte Beispiele aus der Chatkommunikation. Ein Weihnachtbaum mit Hakenkreuzen und Sieg-Heil-Parolen, geschmückt mit einem Hitler-Bild. Historische Bilder von Kampfflugzeugen, die eine Moschee zu bombardieren scheinen, eine Hitlerfigur tanzt dazu.
Ein manipuliertes „Ausländer-Monopoly“, auf dem alle Spielfelder die Aufschrift „ab ins Gefängnis!“ tragen. Ein Schlauchboot mit dunkelhäutigen Menschen an Bord, daneben eine Wassermine und die Parole „gute Mine zum bösen Spiel“. In einem Chat abfällige Bemerkungen über Rumänen: „Wenn Du jemand siehst, Kopfschuss!“. Oder in einem anderen Chat: „Jedem A… ne 300 durch das Knie!“ – damit gemeint sei eine Patrone Kaliber 300 aus einer Langwaffe. Daneben habe es weitere sexistische und rassistische Posts gegeben.
„Unakzeptabel“ sei dies und nicht vereinbar mit dem Leitbild einer Bürger zugewandten Polizei, stimmten Innnenminister Beuth und die Kommissionsmitglieder überein.
Auch die Gestaltung der ehemaligen SEK-Diensträume im Polizeipräsidium Frankfurt nannte der Vorsitzende der Kommission, Westhessens Polizeipräsident Stefan Müller, inakzeptabel. Dort fanden sich Plakate des Films 300, den die identitäre Bewegung feiert, dazu Symbole, die an deren Markenzeichen erinnere.
An den Wänden gab es Totenköpfe, auf den Tischen und in Holzkästen zur Schau gestellte Patronenhülsen und Handgranaten. Das alles sei wohl nicht strafbar, habe aber in polizeilichen Diensträumen nichts zu suchen, sagte Müller. Der Leiter des Demokratiezentrums der Universität Marburg, Reiner Becker, ergänzte, diese Aufmachung orientiere sich an militärischen, gewaltverherrlichenden Leitbildern und sei getragen von Vernichtungsphantasien.
Wie erst jetzt bekannt wurde, sind inzwischen die meisten Beamten des aufgelösten Kommandos an ihren früheren Dienstort Frankfurt zurückgekehrt, als „SEK-Süd“ – in andere Räume und unter neuen Vorgesetzten. Alle hessischen SEK-Beamten, auch die in Kassel stationierten, werden künftig einer neuen Direktion „Einsatzkräfte“ im Präsidium der Bereitschaftspolizei in Mainz-Kastel zusammengeführt. Innenminister Beuth und die Experten versicherten, nach den eingeleiteten Prozessen der Selbstreflexion und mit einer neuen Führungs- und Fehlerkultur könnten Fehlentwicklungen, wie sie sich im SEK-Frankfurt zugetragen haben, künftig vermieden werden.
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