piwik no script img

Nach Anschlägen in RusslandPutin droht mit „völliger Vernichtung“

Russlands Präsident besucht Wolgograd und kündigt verschärfte Sicherheitsvorkehrungen an. Seine Landsleute fordert er auf, sich auf Olympia zu freuen.

Russlands Präsident Putin besucht ein Anschlagsopfer in Wolgograd. Bild: ap

WOLGOGRAD dpa | Nach den blutigen Terroranschlägen in Wolgograd hat Kremlchef Wladimir Putin bei einem unangekündigten Besuch in der Stadt den Drahtziehern Vergeltung angedroht. Es gebe keine Rechtfertigung für solch abscheuliche Verbrechen, sagte der Präsident am Mittwoch bei einem Treffen mit Verletzten in einer Klinik der südrussischen Stadt.

In seiner Neujahrsansprache drohte Putin Terroristen mit der „völligen Vernichtung“. Wegen der Anschläge hatten die meisten Städte in Russland zu Silvester die Sicherheitsvorkehrungen extrem verstärkt oder Feiern ganz abgesagt.

Putin legte an der Stelle, an der ein Selbstmordattentäter am Montag einen Linienbus gesprengt hatte, einen Strauß roter Rosen nieder. Minutenlang hielt der Präsident inne, um die brennenden Kerzen zu betrachten und mit Anwohnern zu sprechen. „Wir werden alles tun, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten“, sagte Putin.

Bei den beiden Bombenanschlägen in einem Bus und im Bahnhof waren am Sonntag und am Montag insgesamt mindestens 34 Menschen getötet und 72 verletzt worden. Die Attentate innerhalb von nur 24 Stunden schüren Sorgen um die Sicherheit der Olympischen Winterspiele, die in fünf Wochen im Schwarzmeerkurort Sotschi beginnen.

Islamisten drohen mit Angriffen

Islamisten aus dem Konfliktgebiet Nordkaukasus hatten gedroht, die Wettkämpfe zu stören. Die Spiele gelten auch als Prestigeprojekt Putins. Wolgograd, das bis 1961 Stalingrad hieß, liegt etwa 700 Kilometer von Sotschi entfernt.

Putin appellierte zu Beginn des neuen Jahres an seine Landsleute, sich auf die Olympischen Spiele zu freuen. Russland sei immer dann stark gewesen, wenn seine Menschen zusammengehalten hätten.

Bei einem Treffen in Wolgograd befahl er den Chefs des Inlandsgeheimdiensts FSB und des Innenministeriums, die Sicherheit in der Stadt rund 1000 Kilometer südlich von Moskau zu verstärken. „Sagen Sie mir, welche Maßnahmen sie ergreifen“, forderte er den FSB-Chef Alexander Bortnikow auf. Das Staatsfernsehen zeigte Bilder des Treffens.

Im Krankenhaus besuchte Putin auch den schwer verletzten Fahrer des von einer Bombe völlig zerfetzten Linienbusses. Auch einer älteren Frau sprach er Mut zu. „Wir Wolgograder lassen uns nicht so einfach unterkriegen“, antwortete die Frau und erinnerte an die blutige Schlacht in der Stadt im Zweiten Weltkrieg.

Neujahrsansprache kurzfristig geändert

Vizeregierungschefin Olga Golodez sagte, zwei verletzte Mädchen müssten in ein Spezialkrankenhaus nach Moskau geflogen werden. „Die neunjährige Olga erlitt durch Metallsplitter schwere Verwundungen, und die dreimonatige Wika liegt im Koma – wir kämpfen um ihr Leben“, sagte Golodez. Zu den Anschlägen bekannte sich bislang niemand.

Wegen der Attentate hatte Putin kurzfristig seine traditionelle TV-Neujahrsansprache geändert. Da er im vorproduzierten Fernsehclip die Terrorakte nicht erwähnt hatte, musste er schnell eine aktualisierte Version aufnehmen. „Das war eine Premiere“, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • M
    Meiers

    Putin ist der Beste!

  • D
    D.J.

    @Irma Kreiten,

     

    großteils einverstanden. Aber kein Widerspruch zu dem von mit Gesagten.

  • P
    Pfanni

    "Völlige Vernichtung"? Anscheinend ist Präsident Putin genauso unbelehrbar, wie sein ehemaliger Kollege G. Bush jun., der nach 9/11 ähnlichen Unsinn daherplapperte. Weder der eine, noch der andere verschwendet auch nur einen Gedanken an die Ursachen.

     

    Es sind einerseits die geistigen Brandstifter und Rattenfänger unter den Islamisten, denen die Weltmächte USA und Russland gleichermaßen verhasst sind.

     

    Es sind aber vor allem die schlechten Erfahrungen, die man im nahen und mittleren Osten mit den beiden Weltmächten gemacht hat. Nur deshalb finden die Hassprediger immer wieder willige Anhänger, die sich einreden lassen, sie tun was Gutes, wenn sie unschuldige Menschen ermorden.

     

    Anschläge wie in Boston und Wolgograd wird es deshalb auch künftig geben, trotz des verbalen Getöses von „völliger Vernichtung der Terroristen“!

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Terror und Gegenterror. Solange, bis eine Seite unterliegt. Das kann lange dauern. Putin sollte die Toten eigenhändig begraben müssen.

  • D
    D.J.

    Ich schrieb es schon gestern (seltsamerweise nicht freigeschaltet): Die Russen bzw. die sowjetischen Völker haben vor 70 Jahren, beginnend in Stalingrad, den Faschismus des 20. Jh. besiegt. Ich bin zuversichtlich, dass sie auch den Faschismus den 21. Jahrhunderts, den Dschihadismus, besiegen werden. Diesmal hoffentlich unter halbwegs demokratischen Vorzeichen. Wo bleibt nunmehr die Solidarität der demokratischen Staaten und die Isolation der terrorunterstützenden Staaten wie Saudi-Arabien?

    • @D.J.:

      Und wo bleibt die Solidarität der demokratischen Staaten gegenüber der nordkaukasischen Zivilgesellschaft? Ja, die gibt es, auch wenn Sie wie viele andere das nicht wahrhaben wollen...Und wo bleibt die Einsicht unter westlichen "Demokraten", daß eine zukunftsfähige Politik nicht darin besteht, einen auch wie immer definierte "Feind" militärisch platt zu machen, sondern darin, Polarisierungen und dem Entstehen und Verfestigen von Feindbildern und Militarismus durch konstruktive, ausgleichende Maßnahmen, Dialog,gegenseitigen Respekt und Handeln auf Faktenbasis, entgegen zu wirken? Wo bleibt die Bewegung von unten, die Imperialismen wie dem der USA (samt saudischer Verbündeter), Rußlands und der EU etwas entgegensetzt? Wo die Einsicht in die Komplementarität von Terrorismus und westlichem Imperialismus,die sich teilweise sogar ganz direkt so gestaltet, daß sogenannte Islamisten in unterschiedlichen Ländern von den USA selbst aufgebaut werden.

  • E
    emil

    "Es gebe keine Rechtfertigung für solch abscheuliche Verbrechen"

     

    und was könnte sowas rechtfertigen? wieso kann so etwas überhabt gerechtfertigt werden?!