Nach Angriff auf Flüchtlingsunterkunft: Teltow demonstriert antifaschistische Solidarität
Nach der rechtsextremen Attacke gingen am Freitag in Teltow etwa 400 Menschen für Solidarität und gegen Nazi-Gewalt auf die Straße. Für die Bewohner:innen der Unterkunft ist das ein wichtiges Signal.
Eine Gruppe junger Männer hatte in der Nacht von Freitag auf Samstag vergangener Woche eine Unterkunft für Geflüchtete in Stahnsdorf angegriffen. Ein Sicherheitsmitarbeiter sei dabei verletzt worden, berichtete die Märkische Allgemeine.
Zur Demonstration unter dem Slogan „Naziangriff nicht unbeantwortet lassen“ aufgerufen hatten die Antifa TKS (Teltow, Kleinmachnow, Stahnsdorf) und der Stahnsdorfer Ortsverband der Linkspartei sowie der Grünen-Ortsverband. Auch Antifa-Gruppen wie etwa die North East Antifa und die Antifa Falkensee mobilisierten zum Protest. „Wir wollen den Bewohner:innen aus der Unterkunft mit unserem Protest eine Stimme geben“, sagte eine Sprecherin der Antifa TKS der taz. Zudem sei es wichtig, rechte Gewalt klar zu benennen, so die Sprecherin.
Der Protest zeigt sich vielfältig: Neben Antifa-Aktivist:innen nehmen Familien, zahlreiche Menschen aus der migrantischen Community und auch die Omas gegen rechts teil. „Das war ein absolut widerlicher und feiger Angriff“, sagt Ina, die nicht mit ihrem vollen Namen in der Zeitung stehen möchte, von den Omas gegen rechts der taz. Der Angriff müsse von den Behörden konsequent verfolgt werden, fordert sie.
„Die Bedrohung durch Neonazis wird zunehmend spürbarer“, ergänzt Steve Lehmann, der aus dem brandenburgischen Rathenow zum Protest angereist war. In Brandenburg an der Havel engagiert sich Lehmann auch bei der SPD. Er habe selbst bereits rechte Anfeindungen erlebt. Deshalb sei ihm wichtig, solidarisch an der Seite der Geflüchteten zu stehen, so Lehmann.
„Wir sind doch auch nur Menschen“
Auf Bannern tragen die Demonstrierenden ihre Botschaft am Freitagabend durch Teltow: „Refugees welcome“ oder „Solidarität mit allen Geflüchteten“ steht darauf. Es wird kraftvoll skandiert. Und die Solidaritätsbekundungen kommen an: „Es tut gut zu wissen, dass Menschen für uns auf die Straße gehen“, sagt Koki, der nicht mit seinem Klarnamen in der Zeitung stehen möchte, der taz. Er lebt seit drei Jahren in der Stahnsdorfer Unterkunft. Während des Angriffs habe er geschlafen, berichtete Koki. Jetzt traue er sich jedoch kaum mehr vor die Tür. Er könne nicht verstehen, was Menschen zu einem solchen Angriff bewegt. „Wir sind doch auch nur Menschen“, sagte Koki.
Nach dem Angriff auf die Unterkunft ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Potsdam gegen drei Tatverdächtige. Im Bereich Rechtsextremismus seien diese, so heißt es, polizeilich bisher nicht in Erscheinung getreten. Eine Anwohnerin berichtete nach dem Vorfall von sechs bis sieben jungen Männern, die in der Nacht des Angriffs in der Nähe der Unterkunft rechtsextreme Parolen wie etwa „Heil Hitler“ skandierten.
Auch in anderen Orten Brandenburgs kam es in den vergangenen Wochen zu Vorfällen mit mutmaßlich rechtsextremem Motiv. So etwa Anfang März im südbrandenburgischen Senftenberg, wo etwa 30 bis 40 Vermummte ein linkes Jugendzentrum brutal attackierten.
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