Nach AfD-Äußerung des Innenministers: Antrag gegen Seehofer abgelehnt
Horst Seehofer nannte die AfD „staatszersetzend“. Die Partei forderte eine einstweilige Verfügung. Der Antrag scheitert vorm Bundesverfassungsgericht.
Die AfD hatte im September bei den Haushaltsberatungen im Bundestag beantragt, den Haushalt von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier (SPD) separat zu beraten. Die AfD wollte dabei thematisieren, dass Steinmeier „für eine linksradikale Großveranstaltung“ geworben habe. Gemeint war das Konzert „Wir sind mehr“ in Chemnitz, bei dem Bands wie die Toten Hosen, Kraftklub und die Antifa-Punkband Feine Sahne Fischfilet gegen rechtsradikale Ausschreitungen protestierten. Der AfD-Antrag wurde mit den Stimmen der anderen Fraktionen abgelehnt.
Einige Tage später nahm Innenminister Horst Seehofer in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa Stellung zur AfD und bezog sich ausdrücklich auf diesen Antrag: „Die stellen sich gegen diesen Staat. Da können sie tausend Mal sagen, sie sind Demokraten. Das haben Sie am Dienstag im Bundestag miterleben können mit dem Frontalangriff auf den Bundespräsidenten. Das ist für unseren Staat hochgefährlich. Das muss man scharf verurteilen. Ich kann mich nicht im Bundestag hinstellen und wie auf dem Jahrmarkt den Bundespräsidenten abkanzeln. Das ist staatszersetzend.“ Die Pressestelle des Innenministeriums stellte das Interview anschließend, neben vielen anderen Seehofer-Interviews, auf die Homepage des Ministeriums.
Dagegen beantragte die AfD Ende September eine einstweilige Verfügung des Bundesverfassungsgerichts. Seehofer solle untersagt werden, als Minister die AfD als „staatszersetzend“ zu bezeichnen und dies auf der Homepage des Ministeriums zu verbreiten. Der Minister nutze staatliche Ressourcen für den parteipolitischen Meinungskampf. Er habe damit gegen das Neutralitätsgebot verstoßen. Zwei Tage später nahm das Innenministerium Seehofers Interview von seiner Homepage. Das Ministerium räumte dabei allerdings keinen Fehler ein.
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts lehnte nun den Eilantrag der AfD ab. Nachdem das Interview von der Homepage entfernt wurde, bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Es sei nicht ersichtlich, dass Seehofer seine Äußerungen über die AfD „unter Rückgriff auf die Autorität seines Regierungsamtes“ wiederholen werde.
Ob die Äußerung Seehofers zulässig war und ob das Interview auf der Homepage veröffentlicht werden durfte, ließen die Richter offen. Dies könnte in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden. Die AfD hat zwar die entsprechende Organklage noch nicht erhoben, wird sich die Gelegenheit aber vermutlich nicht entgehen lassen. Wenn die Partei nicht darauf verzichtet, wird es in Karlsruhe auch eine mündliche Verhandlung geben.
Bereits mehrfach hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass sich Regierungsmitglieder in amtlicher Eigenschaft neutral verhalten müssen und die Infrastruktur der Regierung nicht für die Teilnahme am „politischen Meinungskampf“ nutzen dürfen. Dabei wurden schon Äußerungen von Ex-Bildungsministerin Johanna Wanka („rote Karte für die AfD“) und Ex-Familienministerin Manuela Schwesig („Ziel Nummer 1 muss sein, dass die NPD nicht wieder in den Landtag kommt“) moniert. Nur als Parteipolitiker dürften sich Minister entsprechend äußern, also zum Beispiel nicht auf der Homepage ihres Ministeriums.
Neu an diesem Fall ist allerdings, dass Seehofer sich über parlamentarisches Verhalten der AfD-Fraktion äußerte und nicht über Verhalten der AfD als Partei außerhalb des Parlaments. (Az.:2 BvQ 90/18)
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