Zschäpe bestreitet Tatort-Helfer

Der bayerische NSU-Ausschuss hat Beate Zschäpe als Zeugin befragt. Die gibt sich reumütig, bleibt aber bei früheren Aussagen zu der rechten Terrorserie. Viele Fragen sind damit weiterhin ungeklärt

Von Konrad Litschko

Seit gut 11 Jahren sitzt Beate Zschäpe in Haft für die Terrorserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU), lange schwieg sie zu den Taten. Erst zum Ende des NSU-Prozesses in München ließ sie ihren Anwalt schriftliche Aussagen verlesen. Am Montagnachmittag befragte der bayerische NSU-Untersuchungsausschuss Zschäpe als Zeugin. Der Ausschuss reiste dafür eigens in die JVA Chemnitz.

Rund acht Stunden dauerte die nichtöffentliche Vernehmung. Es war das erste Mal, dass sich die Rechtsextreme nach dem Urteil in München zum NSU-Terror äußerte. Zschä­pe wies Mutmaßungen über Helfer an den Tatorten zurück. Gleichzeitig räumte sie eine Mitschuld an der Terrorserie ein.

Der NSU hat von 2000 bis 2007 zehn Menschen erschossen und drei Sprengstoffanschläge verübt. In Bayern fanden fünf der Morde statt. Bis heute sind Fragen etwa nach der Opferauswahl oder nach Waffenlieferanten offen. Ein NSU-Ausschuss, der vor einem Jahr die Arbeit aufgenommen hat, tagte deshalb jetzt in Bayern zum zweiten Mal.

Neben Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gehörte Zschä­pe zum Kerntrio des NSU. Gemeinsam waren die drei Rechtsex­tre­men 1998 abgetaucht. Erst 2011 enttarnte sich die Gruppe – Mundlos und Böhnhardt erschossen sich, Zschäpe stellte sich der Polizei. Im NSU-Prozess schob sie alle Taten auf Mundlos und Böhnhardt. Sie selbst habe stets erst im Nachgang davon erfahren und auch das NSU-Bekennervideo nur verschickt, weil sie es den beiden Uwes versprochen hatte.

Diese Version wiederholte Zschäpe laut Teilnehmenden auch am Montag in der Befragung. Böhnhardt und Mundlos hätten alle Morde selbst geplant und ausgeführt und die Tatorte allein ausgespäht, habe Zschäpe dort erklärt, sagte im Anschluss der Ausschussvorsitzende Toni Schuberl (Grüne). Helfer an den Tatorten habe es nicht gegeben, auch in Bayern nicht. Die Betroffenen seien Zufallsopfer gewesen, die nur nach ihrem „türkischen“ Erscheinungsbild ausgesucht worden seien. Anders als von Zeugen behauptet, will Zschäpe auch nicht mehrmals in Nürnberg gewesen sein.

Aus Angst, entdeckt zu werden, habe sich das Trio immer weiter abgeschottet. Gerade für die Anfangszeit habe Zschäpe aber Helfer benannt, so Schuberl. Allen voran den früheren Anführer des rechtsextremen Thüringer Heimatschutzes, Tino Brandt. Dieser habe mit dem Trio über Telefonzellen Kontakt gehalten und auch eine Spende in vierstelliger Höhe von der Szeneeminenz Peter Dehoust weitergegeben.

Auch einen zweiten Helfer habe Zschä­pe am Montag benannt: den früheren Blood-&-Honour-Aktivisten Jan W., der dem Trio eine Waffe überbracht habe. Ihn nannte Zschä­pe jedoch auch schon im NSU-Prozess. Gegen Jan W. stellte die Bundesanwaltschaft zuletzt ihre Ermittlungen wegen seiner Hilfe für den NSU ein – ebenso wie gegen vier andere Helfer.

Laut den Ausschussmitgliedern räumte Zschäpe nochmals ein, dass sie mitschuldig an den Morden sei. Sie habe die Taten nicht gewollt, aber mit ermöglicht – damit fühle es sich an, als hätte sie selbst abgedrückt. Zschä­pe habe erklärt, sie hätte die Morde verhindern können, wenn sie sich der Polizei gestellt hätte. „Das hatte eine neue Qualität“, erklärte Schuberl. Der Ausschussvorsitzende zeigte sich zufrieden mit der Befragung. Diese habe „die Rekonstruktion so mancher Puzzlestücke“ im NSU-Komplex ermöglicht. CSU-Mann Holger Dremel behauptete, nun sei klar, dass es keine NSU-Helfer an den Tatorten gab.

Davon ist der SPD-Abgeordnete Arif Taşdelen nicht überzeugt. Zschäpe sei in diesem Punkt „nicht sehr glaubwürdig“ gewesen. Einige Tatorte seien für Ortsunkundige kaum zu entdecken gewesen. Auch Opferfamilien hatten immer wieder betont, dass sie von Helfern an den Tatorten ausgehen.