NSU-Prozess in München unterbrochen: Zschäpe zwickt's
Die Aufarbeitung der NSU-Mordserie verzögert sich. Beate Zschäpe fühlt sich angeblich „ausgebrannt“, offiziell ist von Übelkeit und Magenschmerzen die Rede.
MÜNCHEN dpa | Der Gesundheitszustand von Beate Zschäpe sorgt weiter für Verzögerungen im NSU-Prozess. Auch am Donnerstag konnten in München keine Zeugen angehört werden, weil sich die Hauptangeklagte nicht verhandlungsfähig fühlte. Nach mehreren Unterbrechungen beendete der Vorsitzende Richter Manfred Götzl die Verhandlung am Mittag, nachdem Zschäpe etwa zwei Stunden lang im Beisein ihrer Verteidiger von einem Gerichtsarzt untersucht worden war.
Rechtsanwalt Wolfgang Heer hatte gleich nach der Eröffnung eine Unterbrechung verlangt, weil seine Mandantin unter „Übelkeit, Magenschmerzen und Kopfschmerzen leidet“. Sie sei am Morgen gegen ihren Willen von der Justizvollzugsanstalt Stadelheim zum Gerichtsgebäude gebracht worden. Polizisten hätten ihr gesagt: „Sie haben vor Gericht zu erscheinen – komme, was da wolle.“ Eine ärztliche Untersuchung sei ihr vor der Abfahrt verweigert worden.
Nachdem der Gerichtsarzt Zschäpe in Augenschein genommen hatte, setzte der Senat den Termin am Mittag nur für wenige Sekunden fort. Zschäpe sehe „sich nicht in der Lage, der Verhandlung zu folgen“, erklärte der Vorsitzende Richter und vertagte den Prozess.
Aus Gerichtskreisen war zu hören, die lange Untersuchungshaft könne der Angeklagten zu schaffen machen. Zschäpe ist ohne Unterbrechung inhaftiert, seit sie sich am 8. November 2011 der Polizei stellte. Im Gerichtssaal wirkte sie am Donnerstag ungewöhnlich blass. Bei der ärztlichen Untersuchung soll sie gesagt haben, sie sei am Morgen „fast umgekippt“ und habe sich darum Turnschuhe angezogen. Zu Beginn der Woche soll sie gesagt haben, sie sei „ausgebrannt“.
Auch an den beiden vorangegangenen Verhandlungstagen am Dienstag und Mittwoch hatte die Verteidigung eine Erkrankung Zschäpes geltend gemacht. Der Termin am Mittwoch war komplett ausgefallen.
Der Prozess vor dem Oberlandesgericht München wird nun am 19. Mai fortgesetzt. Die ursprünglich für kommende Woche angesetzten Termine waren schon vor Bekanntwerden der Erkrankung Zschäpes gestrichen worden. Nächste Woche wird die kommissarische Vernehmung der betagten früheren Nachbarin Zschäpes durch einen Amtsrichter in Zwickau erwartet. Die Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) soll zwischen 2000 und 2007 zehn Morde begangen haben.
Leser*innenkommentare
lichtgestalt
Nach einer Tat gibt es nur noch Opfer. Vielleicht wird Beate Zschäpe jetzt ein Opfer von Beate Zschäpes Schweigestrategie.
Rainer B.
Bei so vielen Terminen kann man sich schon mal erschlagen fühlen, oder sollte ich besser erschossen sagen.
Frau Zschäpes Befindlichkeit ist mal wieder wichtiger als alles andere. Die NSU-Opfer haben ja irgendwie gar keine Befindlichkeit.