NSA will Datensammlung beenden: Ein bisschen ausgehorcht
Dass der US-Geheimdienst die Vorratsdatenspeicherung in den USA nicht mehr zu brauchen scheint, ist neu. Die restliche Überwachung läuft weiter.
Sechs Jahre ist es her, dass Edward Snowden mit seinen Enthüllungen die Welt in Aufregung versetzte: Im Sommer 2013 zeigte Snowden unter anderem, dass die US-amerikanische National Security Agency (NSA) massenweise Verbindungsdaten der Kommunikation von US-Amerikaner*innen sammelte – in Überschreitung ihrer legalen Kompetenzen.
Von einem schweren Bürgerrechtsbruch war die Rede, ebenso von geheimdienstlichem Übereifer. Schließlich dringe, so hieß es, diese Form von Schleppnetzsammlung tief in die Privatsphäre von Millionen Menschen ein – und obendrein sei die schiere Datenmenge kaum sinnvoll auswertbar, also kaum von Nutzen für die Terrorbekämpfung.
Zumindest dem zweiten Argument scheint sich nun die NSA selbst anzuschließen. Einem Bericht des Wall Street Journal zufolge empfiehlt der Geheimdienst dem Weißen Haus in einer Stellungnahme, das Programm einzustellen. In früheren Debatten vertrat die NSA wiederholt und nachdrücklich die Position, dass die Datensammlung unverzichtbar für die Sicherheit der USA sei.
Dass die NSA das fragliche Vorratsdatenprogramm jetzt sang- und klanglos beerdigen möchte, könnte man so interpretieren: Der Geheimdienst denkt inzwischen anders darüber und die gesammelten Daten haben überhaupt keinen Wert für ihn. Erst vor Kurzem war schon bekannt geworden, dass offenbar seit Monaten kein Zugriff auf die fraglichen Daten mehr erfolgt ist.
Nur: Welcher Geheimdienst gibt schon freiwillig seine Werkzeuge auf, egal ob sich ein praktischer Nutzen absehen lässt oder nicht. Warum sollte die NSA die Daten nicht einfach weiterhin illegal sammeln und auswerten?
Innenpolitisches Appeasement
Bei dem brachliegenden Programm handelt es sich bereits um eine verwässerte Version der ursprünglich von Snowden aufgedeckten Datensammlung. Infolge von Snowdens umfangreichen Leaks hatte der US-Kongress nämlich die geheimdienstlichen Befugnisse bei der Terrorbekämpfung stellenweise eingeschränkt und ein konkretes Regelwerk für die Dienste beschlossen. Das Ganze wurde, zusammengefasst als Gesetzespaket zuletzt unter dem Namen „USA Freedom Act“, 2015 verabschiedet. Damit darf die NSA zum Beispiel nicht mehr selbst Telefondaten sammeln und speichern, sondern muss diese bei den Kommunikationsfirmen per Gerichtsbeschluss anfordern. Die Konzerne sind dafür zur langfristigen Vorratsdatenspeicherung verpflichtet.
Aber auch der Freedom Act spaltete die Lager. Während viele Republikaner*innen und generell sicherheitsfanatische Kreise in den dort formulierten Beschränkungen ein schweres Hindernis im Kampf gegen den internationalen Terrorismus sahen, gingen die Regulierungen liberaleren Akteur*innen nicht weit genug. Besonders umstritten blieb bei ihnen die anlasslose Massenüberwachung der Telekommunikation in den USA.
Nun muss der Freedom Act Ende des Jahres verlängert werden. Dabei soll nun also auf Anregung der NSA mit der Datensammlung jener Punkt gestrichen weren, gegen den sowohl republikanische als auch demokratische Politiker*innen ohnehin heftigen Widerstand angekündigt hatten.
Sollte das Weiße Haus der Empfehlung der NSA folgen, dann bleiben immer noch die restlichen, durchaus ebenfalls umstrittenen Befugnisse aus dem Freedom Act bestehen. Darunter fallen nicht öffentlich tagende Gerichte, Zwangsmaßnahmen zur Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden und eine Verschwiegenheitspflicht hierüber.
Völlig unberührt von den aktuellen Entwicklungen bleibt außerdem, was die US-amerikanischen Geheimdienste im Ausland, zum Beispiel in Deutschland tun. Abgehakt ist die Liste der von Edward Snowden enthüllten Programme damit also noch nicht einmal ansatzweise.
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