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NS-Literatur in DeutschlandRenaissance einer Hetzschrift

Niedersachsens Justizministerin fordert die Veröffentlichung von „Mein Kampf“. Eine wissenschaftliche Kommentierung könne präventiv wirken.

Kommentierte Version des Buches: hier bei einem Ausstellungsprojekt. Bild: dpa

HANNOVER dpa | Die seit Jahrzehnten in Deutschland verbotene Verbreitung von Adolf Hitlers Buch „Mein Kampf“ ist nach Ansicht von Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz mittelfristig nicht zu verhindern – auch nicht mit einem Sondergesetz.

Die Grünen-Politikerin fordert daher, nach Ablauf des Urheberrechtsschutzes Ende 2015 eine Veröffentlichung mit wissenschaftlicher Kommentierung zu erlauben. Dann könne auch Hitlers Hetzschrift unter Umständen „präventive Wirkung entfalten“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa.

Hitler hat das Buch 1924 während seiner Inhaftierung in der Festung Landsberg geschrieben. 1943 waren in Deutschland nahezu zehn Millionen Exemplare verbreitet. Es wurde in sechzehn Sprachen übersetzt und auch nach 1945 im Ausland mehrfach wieder aufgelegt.

Die deutschen Urheberrechte für das Buch hat heute das Land Bayern, sie laufen aber Ende 2015 aus. Das Münchner Institut für Zeitgeschichte arbeitet seit Jahren an einer kommentierten Ausgabe, die nach dem Auslaufen der Urheberrechte veröffentlicht werden soll. Die Justizminister von Bund und Ländern wollen sich ab diesem Mittwoch auf ihrer Konferenz in Binz auf Rügen mit dem Thema auseinandersetzen.

Mecklenburg-Vorpommerns Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) hatte vor der Konferenz bereits erkärt, es sei zu klären, wie eine Weiterbreitung dieser Hetzschrift zu verhindern sei.

Für jüdische Verbände unerträglich

Die Frage nach dem künftigen Umgang sei nicht nur unter Juristen sehr umstritten, betonte Niewisch-Lennartz. Sie könne sehr gut verstehen, dass es etwa für jüdische Verbände „eine fast unerträgliche Vorstellung“ sei, dass das Buch wieder in Deutschland zu kaufen sein könnte. „Ich glaube aber nicht, dass man ein Sondergesetz machen kann, das nur auf das Verbot eines Buches ausgerichtet ist“, sagte Niewisch-Lennartz.

Zudem sei es wenig erfolgversprechend, da das Buch bereits jetzt im Ausland und im Internet „praktisch an jeder Ecke zu kaufen“ sei. Daher ergebe es Sinn, eine gezielte Veröffentlichung samt Kommentierung zu unterstützen. Denn „eine aktive, kritische Auseinandersetzung“ mit dem Text sei zurzeit nicht möglich.

Dies unterstützt auch der Historikerverband: Die Veröffentlichung einer kritischen Edition sei am besten geeignet, der gefährlichen Mythisierung von Hitlers „Mein Kampf“ entgegenzuwirken, sagte eine Sprecherin der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) wollte sich zunächst nicht explizit zu einer kommentierten Ausgabe äußern. Wenn es eine wissenschaftlich kommentierte Ausgabe gebe, die sich klar von dem Inhalt abgrenze, sei eine nicht-strafbare Veröffentlichung unter Umständen möglich, sagte seine Sprecherin. Das müsse im Einzelfall und anhand des konkreten Textes von Gerichten beurteilt werden.

Auf Rügen wolle sich Bausback zunächst aber für ein bundesweites Vorgehen gegen Hitlers Hetzschrift einsetzen. Dazu solle das geltende Strafrecht angewendet werden, ein Sondergesetz sei nicht nötig. Es müsse mit allen Mitteln des Strafrechts gegen jeden strafrechtlich relevanten Nachdruck vorgegangen werden.

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6 Kommentare

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  • Ich habe den Schund tatsächlich mal gelesen ;das grenzte schon an Selbstverstümmelung!

     

    Man verbreite den Bockmist in großer Auflage und zwinge die Neonazis zum lesen - die werden ganz schnell die Schnauze voll haben.

  • Das, was Hitler da geschrieben hat ist literarisch gesehen sogar für seine Zeit schlecht - inhaltlich bekannt - nicht sehr erhellend oder irgendwie neu! Alleine dieses Buch als "Nazi-Bibel" zu titulieren, hebt ihren Wert unverhältnismäßig! Gehen wir allen Ernstes davon aus, dass dieses Machwerk außerhalb seiner zeitlichen Einordnung noch irgendwie eine Bedeutung haben kann?? Es hat die Bedeutung, die wir ihm zumessen - wir haben es in der Hand, respektvoll mit den Opfern des Nationalsozialismus umzugehen - so oder so - diese Buch und Hitler sind untrennbar - aber historisch lange nicht so bedeutungsvoll und politisch wichtig wie es z.B. die antisemitischen Hofpredigten eines Adolf Stöcker am Ende des 19ten Jahrhunderts waren. Dieses Buch hat weder die Macht noch die Wirkung, die wir hineininterpretieren. Wenn wir ernsthaft was gegen rechte Gesinnung tun wollen, müssen wir aufhören uns an einem Mann, einem Buch festzubeißen - es gilt zu verstehen was gesellschaftlich und politisch dazu geführt hat, dass ein Volk blind und taub folgen wollte und zu einem Volk von Verrätern und Mördern ebenso wurde wie zu einem Volk, zu dem eine Sophie Scholl gehörte und so viele andere - Hitler hat einen Nerv getroffen in seiner Zeit - den Nerv gibt es nach wie vor oder schon wieder... es gilt ihn aufzuspüren und zu ziehen und nicht die Zeit mit einer Debatte zu vergeuden, ob ein schlechtes Buch öffentlich sein darf - zumal schon immer und überall Menschen Zugang zu diesem "Werk" haben können und konnten. Wir müssen die zersetzenden Kräfte entlarven und angehen, ihre Lügen und ihre Gefährlichkeit.... wir müssen im geschichtlichen Zusammenhang aufdecken, wie diese Gesinnung sich Raum nimmt, in die Köpfe setzt - das ist ein vernünftiger historischer Ansatz., der weit über "Mein Kampf" hinaus geht und weit in die Zeit am Ende des 19ten Jhds hinein gehen muss. Es geht darum, Ursachen zu erkennen, nicht Symptome zu behandeln!

  • Wir brauchen in Europa keine religiöse Hetze, welche die Aufklärung verbietet. Tschüß, ab in die Vergangenheit mit euch!

  • -Teil 1. Eine Banalisierung des Themas lehne ich Geschichtswissenschaftlich ab!Zumal Hitler seine Themen erfunden hat.Er ist selbst halb Jude gewesen,hatte in Frankreich einen Sohn und erfand mit seinem Thema etwas,um den Krieg loszutreten.Auch um Deutschlands Atombombe und ewige Macht zu zerstören.Zu allem Leidwesen der Juden (wobei auch besser gestellte Westjuden damals gegen Ostjuden hetzten,und sowieso Zionismus gegen das klassische verstutzte Judentum. Die Banalisierung tut keinem Gut.In Israel kann dieses "Scheiß Buch"legal gekauft werden.Ich kann nicht verstehen,wie es hier Schaden anrichten soll (wie dumm sind die Leute eigentlich).Die Banalisierung spricht auch für den Humor,mit dem in den 30er Jahren so manche Lachten,auch über den Umstand und das Gespött,das Hitler seinen Teil vorspielt.Und das zur Katastrophe führte.Eine Banalisierung bedeutet stille Vergötterung.Eines Mannes,der nicht durchschaut wurde.Das klingt auch so,als wenn Mensch Verständnis zeigen würde,etwa für das Verbot von Mohammed Karrikaturen.Das die Deppen und Vollidioten hier gelenkt und gesteuert werden müssen-muss so manchen klar sein!Nie wird es jemanden helfen,in welchen Bezug letztendlich auch immer, mit einer Lüge zu hofieren.Wir erkennen unseren Schaden nur:Wenn wir Israel Shahak verstehen (mit dem Meisterbuch 3000 Jahre).Nur durch Israel haben wir die Chance auf Geistige Heilung!Denn wir sind Krank,damit wir ausgenutzt werden können!Das ist das Handicap von Gott.Denn Gott offenbart sich aus Zionistischer Sicht so,das dies die Position ist - aus der wir gelenkt werden sollen.Denn mit der Erfindung Gott und Religion,zuletzt auch unserer Monotheistischen Religionen-entstand das Gefühl von Macht und HierarchieUnd das darf und kann nicht mit einer Lüge gleichgesetzt werden!Also mit unseren Offenbarungseid,das wir uns blindlings einem Zustand verschreiben, manchmal - in der Hoffnung korrekt gelenkt zu werden!

  • Teil.2 Denn hinter Gott steht immer direkt oder indirekt der Auftrag, uns zu steuern!Eine Banalisierung des Themas Hitlers mit mehr als 70 Millionen Toten lehne ich daher strikt ab! Die Erfindung Monotheistische Religion-kann auch nur dadurch geehrt werden,indem wir Israel einen Wert schenken.Denn Religion hat uns auch entwickelt! Zu ihr gehört eine Wissenschaft. Und ihr Zentrum ist Israel.

  • 6G
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    Pünktlich