Mystery-Horror-Thriller: Eingeschlagen wie ein Komet
In „Leave the world behind“ dient ein Ferienhaus als Bastion gegen den Untergang. Ein Endzeitfilm für die Familie – und dabei erstaunlich radikal.
Ein Spitzencast und ein beliebtes Thema in einer Gesellschaft, die sich im Party-Nihilismus eingerichtet hat beziehungsweise sich für Zukunft nur noch in Bezug auf die Entwicklung der interstellaren Raumfahrt interessiert: Kein Wunder, dass der dystopische Mystery-Horror-Thriller „Leave the world behind“, der auf Netflix zu sehen ist, einschlägt wie ein Komet.
Die Sandfords, ein normal unglückliches New Yorker Boomer-Paar mit halbwüchsigen Kindern, bucht ein Spontanwochenende im Umland in einer Designervilla. Erstes Anzeichen, dass etwas nicht stimmen könnte, ist ein am Beach strandender Öltanker. Wieder zurück im Luxusanwesen wird es dann wirklich schlimm: Das Internet geht nicht!
Das hat zu Weihnachten noch mal eine besondere Komponente, denn bekanntlich ist das ja das Fest, an dem es sich begibt, dass Kinder zu ihren Eltern reisen, um die Computertechnologie auf Vordermann zu bringen, nicht zuletzt deswegen, weil die angereisten Kinder auf gar keinen Fall den Kontakt verlieren möchten zu ihrer selbstgewählten Welt jenseits der Eltern.
Vergnügungen der Vergangenheit
Tochter Rose ist dann auch an der Entwicklung der Apokalypse nur insofern interessiert, als die Technik ihren Geist ausgerechnet unmittelbar vor der letzten Folge von „Friends“ aufgibt. Sich auf die Suche nach einem sicheren Ort zu begeben, an dem grauenvolle Gegenwart und zerstörte Zukunft keine Rolle mehr spielen, sondern an dem sie sich ganz analog den Vergnügungen der Vergangenheit widmen kann, macht die präpubertäre Rose zum aktivsten Charakter des Films.
Die anderen wussten entweder schon, was kommt (zwischen cool und kaputt: Mahersala Ali als hausbesitzender Börsenguru), finden die Menschen ohnehin entsetzlich (herrlich hysterisch: Julia Roberts als Amanda Sandford) oder warten eh nur noch auf den nächsten Fick oder Joint (so wahrhaftig, dass es wehtut: Ethan Hawke als Clay Sandford). Ein Film für die ganz Familie eben!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen