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Myanmars Militär soll gewählt werdenWarum Chinas Einparteienregime Wahlen in Myanmar unterstützt

Die autoritär regierte Volksrepublik unterstützt das brutale Militärregime bei seinen Scheinwahlen mit technischer Hilfe und schickt Wahlbeobachter.

Myanmars Juntachef Min Aung Hlaing (2. von links) beim Treffen mit Chinas Machthaber Xi Jinping Ende August 2025 in Tianjin Foto: Andres Martinez Casares/Pool/reuters

China hat den Militärputsch in seinem südlichen Nachbarland Myanmar nie verurteilt. Vielmehr hatte Peking den Coup vom 1. Februar 2021 nur als „größere Regierungsumbildung“ bezeichnet. Doch glücklich war Peking, das sich guter Beziehungen zur Regierung der gestürzten Aung San Suu Kyi rühmte und ihr wenige Wochen zuvor noch zum Wahlsieg gratuliert hatte, mit dem Putsch auch nicht. Doch jetzt unterstützt Peking, das im eigenen Land selbst keine demokratischen Wahlen zulässt, das Regime in Naypyidaw nicht nur mit technischer Wahlhilfe. Auch schickt es als eines von wenigen Ländern Wahlbeobachter. Warum?

China ging es in Myanmar nie um Demokratie. Als dominierender Investor, Handelspartner, Kreditgeber und Waffenlieferant hat China dort wirtschaftliche, strategische und Rohstoffinteressen. Diese umfassen etwa den Hafenzugang am Indischen Ozean als Schutz gegen eine mögliche Blockade der Straße von Malakka, die Sicherung der Öl- und Gaspipelines, die von Myanmars Küste zum südchinesischen Yunnan führen, sowie den Zugriff auf Myanmars Seltene Erden. Sie sind Chinas wichtigste Importe dieser strategischen Metalle. Auch möchte Peking nicht, dass in Myanmar eine womöglich pro-westliche Regierung demokratische und China-kritische Impulse aussendet.

Schon früher sollen Chinas Kader myanmarische Generäle wegen ihrer grobschlächtigen Politik verachtet haben. Doch dann stoppte deren Putsch auch abrupt noch die vorsichtige Transformation Myanmars und stürzte das Land in Bürgerkrieg und Chaos.

Immer wieder gab es Gerüchte, dass China den Putschführer Min Aung Hlaing für ungeeignet hält, um das Land zu befrieden. Das gab Peking nie zu, aber auffällig war, dass der General schon mehrfach von Russlands Präsident Wladimir Putin hofiert wurde, Chinas Xi Jinping ihn aber mied.

Myanmar

Im südostasiatischen Myanmar hat der Militärputsch vom 1. Februar 2021 den demokratischen Reformprozess abrupt beendet. Seitdem kämpfen pro-demokratische Oppositionsgruppen gegen die russisch unterstützte Junta.

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China gab Rebellen erst grünes Licht, später dann rotes

Trotzdem schützte Peking Myanmars Junta vor einer Verurteilung im UN-Sicherheitsrat. Sanktionen hätten nicht nur Kosten für China bedeutet, sondern wollte Peking damit auch einen Präzedenzfall erfolgreicher Sanktionen verhindern.

Nach dem Putsch florierten im Shan-Staat, einer von Myanmars fünfzehn Verwaltungseinheiten an der Grenze zu China, immer mehr vom Militär protegierte Spielcasinos und Cyberbetrugszentren. Die Opfer waren meist Chinesen. Als die Junta nicht wie von China gewünscht dagegen vorging, signalisierte Peking drei im Shan-Staat aktiven ethnischen Rebellengruppen, dass bei ihrer Offensive Peking dem Regime nicht beistehen würde.

Die „Operation 1027“ genannte Offensive der Drei-Brüder-Allianz führte Ende 2023 zur Einnahme fast der ganzen Grenzregion durch die Rebellen. In der Folge kam es auch landesweit zu einer militärischen Schwächung der Regimes. Das verlor 2024 die Kontrolle über die Hälfte des Landes.

Doch traut China den Rebellen auch nicht und fürchtet den Kollaps des Regimes. Peking nutzte deshalb seinen Einfluss und zwang zwei Rebellengruppen der Allianz zur Rückgabe eroberter Gebiete einschließlich der einzigen bisher von Rebellen eroberten Provinzhauptstadt.

Peking setzte auch ein Verbot der Weitergabe eroberter Waffen an andere Rebellen durch und zwang eine Rebellengruppe aus der Allianz zum Waffenstillstand mit der Junta. Zwei Rebellenführer sollen während ihrer medizinischen Behandlung im chinesischen Yunnan festgehalten worden sein, bis sie wie von Peking gewünscht handelten. Das Militär ist seitdem wieder in der Offensive.

Wahlen nur als Facelifting ohne Risiko des Regime Change

Chinas Vizepräsident Han Zheng versprach im September einer Junta-Delegation, Peking werde in Myanmar weiter „die nationale Stabilität, Souveränität und Unabhängigkeit unterstützen sowie die Umsetzung der innenpolitischen Agenda.“

Dazu gehören auch Wahlen, die ein Facelifting des Regimes sowie die Einhegung des 69-jährigen Juntachefs durch vielleicht fähigere Militärs ermöglichen. Peking dürfte hoffen, dass Min Aung Hlaing als gleichzeitiger Juntachef und Staatspräsident nach den Wahlen auf einen Posten verzichtet. Erst nachdem er die Wahlen angekündigt hatte, war Chinas Xi im Mai 2025 zum ersten Treffen seit dem Putsch bereit. Im August folgte dann schon das zweite.

Inzwischen ist die Junta offener für Pekings Wünsche und erwägt sogar, den 2011 vom früheren Militärregime suspendierten Bau des Mytsone-Damms wieder aufzunehmen. Das von China finanzierte Projekt im nördlichen Kachin-Staat, das 90 Prozent seiner Elektrizität an China liefern soll, ist in Myanmar heftig umstritten.

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1 Kommentar

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  • Wer hätte etwas anderes von Xina unter seinen roten Vorsitzenden erwartet?