Mutmaßlicher Tod des Wagner-Chefs: Wie ein Mafiapate

Der mutmaßliche Tod des Söldnerchefs Prigoschin ist nicht nur eine Vergeltungsmaßnahme des Systems Putin. Russlands Präsident warnt auch Nachahmer.

Ein Flugzeugwrack in der Nacht

Wrack des Flugzeugs, in dem Prigoschin gesessen haben soll, 23. August Foto: Mikhail Tsaryuk/SNA/imago

Der gewaltsame Tod des skrupellosen Söldnerchefs Jewgeni Prigoschin kann kaum jemanden überraschen. Der Mann, der seinen kriminellen Hintergrund nie ablegte, der auf Kriminelle setzte, um mit kriminellen Methoden zu seinem Ziel zu kommen, egal wo, hatte sich mit seiner Eintages-Meuterei im Juni maßlos überschätzt. Das Wichtigste, die Gunst des russischen Präsidenten, der ihn erst zu dem gemacht hatte, was der ehemalige Schnellrestaurant-Besitzer war, hatte Prigoschin damit verspielt – und den ungeschriebenen Vertrag zur „Fracht 200“ unterschrieben. Der Begriff kommt aus dem sowjetischen Armeejargon für Gefallene.

Wladimir Putin nannte seinen Zögling einen Verräter. Prigoschin hatte, ob gewollt oder nicht, an jenem Juni-Wochenende aller Welt die Schwäche Putins vor Augen geführt. Verrat aber ist in Putins Augen mit dem Tod zu bestrafen. Zwei Monate nach der Rebellion, auf den Tag genau, fiel Prigoschins Privatjet taumelnd vom Himmel. Ein Zufall? Selbst wenn es ein Unfall gewesen sein sollte, aufgenommen wird Prigoschins Tod als Rache des Systems. Eine Vergeltungsmaßnahme mit den Mitteln des organisierten Verbrechens.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Wie ein Mafiapate hatte Putin den einstigen Kleinkriminellen aus seiner Heimatstadt außerhalb jeglicher Rechtsordnung gewähren lassen. Prigoschin war nützlich, weil er nicht zimperlich vorging und dem russischen Regime dort Erfolge einbrachte, wo dieses Regime nach außen eine reine Weste vorzeigen wollte. Nach dem Aufstand ließ Moskau wenig aus, um den meuternden Fremdkörper endgültig aus dem System zu entfernen. Erst seine Firmen und seinen Einfluss, auch in afrikanischen Ländern, nun offenbar auch Prigoschin selbst.

Der „Deal“, den der Obersöldner auf die Vermittlung des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko hin nach seinem Aufstand eingegangen war, war von Anfang an eine Illusion. Putin macht keine Kompromisse. Er verhandelt zwar, aber nur zu seinen Gunsten. Jeder wusste, Prigoschin selbst wohl auch, dass der Tod von da an noch näher an seine Seite gerückt war. Die Botschaft der Hinrichtung am Himmel offenbart nun noch stärker, dass jeglicher Aufstand gegen das Regime zwecklos ist. Illoyalität hält es für eine Todsünde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.