piwik no script img

Mutmaßliche IS-AnhängerinFestnahme am Frankfurter Flughafen

Die Türkei macht ernst mit der Abschiebung von IS-AnhängerInnen. Am Freitag landen zwei Frauen in Frankfurt, eine wird umgehend festgenommen.

Am Freitagabend waren zwei von der Türkei abgeschobene Frauen in Frankfurt gelandet Foto: dpa

Karlsruhe/Berlin dpa | Die Bundesanwaltschaft hat eine mutmaßliche IS-Anhängerin nach ihrer Abschiebung aus der Türkei nach Deutschland festnehmen lassen. Ihr werde unter anderem Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung Islamischer Staat (IS) vorgeworfen, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe dazu am Samstag mit. Auf dem Frankfurter Flughafen waren am Freitagabend zwei von der Türkei abgeschobene Frauen mit einem Linienflug angekommen. Aus Sicherheitskreisen hieß es, Beamte des Bundeskriminalamts seien an Bord gewesen.

Die Bundesanwaltschaft wirft der festgenommenen Frau vor, Ende 2014 nach Syrien gereist zu sein, um im Herrschaftsgebiet des IS zu leben. Dort habe sie spätestens Anfang 2015 einen IS-Kämpfer geheiratet, mit dem sie in den Irak gezogen sei. Beide sollen in einem vom IS zur Verfügung gestellten Haus gelebt haben. Die Frau habe den Haushalt verrichtet, damit sich ihr Mann uneingeschränkt dem IS zur Verfügung stellen konnte. Die Verdächtige habe 100 US-Dollar im Monat vom IS erhalten und sei im Besitz eines Sturmgewehrs gewesen. Später sei sie mit ihrem Ehemann nach Syrien umgezogen, Anfang 2019 wurde sie von kurdischen Sicherheitskräften in Gewahrsam genommen.

Die Frau sollte noch am Samstag dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt werden, der über den Erlass eines Haftbefehls und den Vollzug der Untersuchungshaft zu entscheiden hat. Am Donnerstag hatte die Türkei bereits eine deutsch-irakische Familie nach Berlin abgeschoben.

Die Türkei hatte am Montag öffentlich die Abschiebung mehrerer deutscher mutmaßlicher IS-Anhänger in dieser Woche angekündigt. Anfang Oktober waren türkische Truppen in Nordsyrien einmarschiert und gegen die Kurdenmiliz YPG vorgegangen. Die von der YPG geführten Syrischen Demokratischen Kräfte SDF bewachen in Nordsyrien immer noch Tausende IS-Gefangene. Nach Angaben pro-kurdischer Medienaktivisten hat die SDF trotz des türkischen Einmarsches noch die Kontrolle über alle IS-Gefangenenlager, mit Ausnahme von Ain Issa.

Nicht alle Rückkehrer können strafrechtlich verfolgt werden

Eine der beiden am Freitag abgeschobenen Deutschen ist nach dpa-Informationen eine 1998 geborene Frau, der es gelungen war, aus dem von Kurden bewachten Gefangenenlager Al-Hol in Syrien zu fliehen. Sie saß demnach zuletzt in der türkischen Stadt Gaziantep in Abschiebungsgewahrsam. Außerdem sollte eine gebürtige Hannoveranerin ins Flugzeug gesetzt werden. Sie soll sich aus dem inzwischen aufgelösten syrischen Gefangenenlager Ain Issa in Richtung Türkei abgesetzt haben.

Nicht jeder, der ins Herrschaftsgebiet des IS gereist ist, kann in Deutschland auch strafrechtlich verfolgt werden. Bei den Männern war die Sache bisher oft relativ klar: Rückkehrer wurden verhaftet und von der Bundesanwaltschaft angeklagt, weil sie in Syrien oder im Irak als Kämpfer in Gefechte gezogen waren, Gegner erschossen, Gefangene misshandelt oder sich an Hinrichtungen beteiligt hatten.

Bei den Frauen ist es schwieriger. Strafbar ist die Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorvereinigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) setzt diese „eine gewisse formale Eingliederung“ voraus. Dafür braucht es keine Beitrittserklärung wie einen Treueeid. Der oder die Verdächtige muss aber eine Stellung einnehmen, „die ihn als zum Kreis der Mitglieder gehörend kennzeichnet und von den Nichtmitgliedern unterscheidbar macht“. Die Abgrenzung im Einzelfall kann schwierig sein. Andere Rückkehrerinnen konnten festgenommen werden, weil sie ihre Kinder ins Kriegsgebiet verschleppt, für den IS Wachdienste übernommen oder Hinrichtungen zugeschaut hatten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Ohne Frauen, die den Laden am Laufen gehalten haben, hätte der IS nicht lange existieren können. Jede IS-Hausfrau ist genauso Verbrecherin wie ihr Ehemann.

  • IS-RückkehrerInnen - Die unterschätzte Gefahr von Frauen und ihren Kindern

    »Vor allem Kinder von IS-Kämpfern aus der westlichen Welt wurden gegenüber Gewalt desensibilisiert und in salafistischen Institutionen physisch sowie militärisch ausgebildet. Der IS sah und sieht in den sogenannten Löwenjungen des Kalifats die nächste Generation der stärkeren, besseren Kämpfer, die bei einer Rückkehr in den Westen den Jihad weiterführen können. {…}

    Die meisten Programme konzentrieren sich auf männliche Terroristen {…} ein fataler Fehler {…} Länder wie Großbritannien haben dies bereits begriffen und beginnen nun auch, sich auf Frauen zu fokussieren. Ein kindgerechtes Rehabilitations-und Reintegrationsprogramm gibt es jedoch noch nicht. {…} Diskriminierung und rassistische Anfeindungen können das von der Terrorgruppe eingeprägte Feindbild des Westens bestätigen und somit eine Reintegration verhindern. {…} Solange man IS-Vätern nicht das Zusammenleben mit ihren Kindern anvertraut, sollte man dies auch nicht mit Müttern tun. Nur weil sie nicht unbedingt militärisch im Einsatz waren, heißt es nicht, dass sie weniger gefährlich sind und ihr Kind nicht indoktrinieren.

    www.cicero.de/auss...er-gefahr-kaempfer

  • RS
    Ria Sauter

    Wie immer sehr unklar, die deutsche Rechtsprechu h.



    Wer sich einer Mörderbande anschliesst, weiss sas er/sie tut.