Mutiertes Schweinegrippe-Virus: Gesundheitsbehörden entwarnen
Die Weltgesundheitsorganisation gibt wegen in Norwegen entdeckter Mutationen des Schweinegrippe-Virus Entwarnung. Der Impfstoff greife auch hier.
STOCKHOLM taz | Das Schweinegrippen-Virus ist mutiert. Doch diese Meldung aus Norwegen biete keinen Grund zu gesteigerter Unruhe, teilt die Weltgesundheitsorganisation WHO mit. Am Freitag hatten die norwegischen Gesundheitsbehörden vom Nachweis einer mutierten Variante des Virus bei drei an der Schweinegrippe Erkrankten – darunter zwei Verstorbenen – berichtet. Und man wollte auch nicht ausschließen, dass diese Variante seit einiger Zeit im Lande zirkuliert.
Laut WHO-Sprecherin Nyka Alexander handelt es sich hierbei aber offenbar um sporadische Einzelfälle und nichts deute bisher darauf hin, dass sich das mutierte Virus von Mensch zu Mensch vermehre. Im übrigen würden die gängigen Impfstoffe Schutz auch gegenüber der mutierten Variante bieten.
„Die mutierte Variante gelingt tiefer in die Lungen als das ursprüngliche Virus“, teilte Geir Stene-Larsen, Direktor der norwegischen Gesundheitsbehörde „Folkehelseinstituttet“ mit. Einerseits verursache es einen milderen Krankheitsverlauf bei den meisten, könne aber für einige wenige PatientInnen gefährlicher sein. Man gehe nicht davon aus, dass die beiden konstatierten Todesfälle – zwei von mittlerweile 23 Schweinegrippe-Toten in Norwegen - speziell auf die Mutation zurückgeführt werden könnten. Auch die WHO meint, man habe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Mutation aggressiver als die ursprüngliche Variante sei.
Norwegen gehört zu den europäischen Ländern, die besonders hart von der Schweinegrippe betroffen wurden. 15 Prozent der Bevölkerung waren oder sind bislang erkrankt, die Behörden rechnen mit einer Quote von demnächst bis zu 25 Prozent. Und Norwegen ist nicht das erste Land, in dem Mutationen beobachtet wurden. Entsprechende Meldungen gab es laut WHO bereits früher u.a. aus Brasilien, China, Mexiko und der Ukraine. Es bestehe kein grundsätzlicher Anlass zur Sorge, teilt die WHO in einer Presseerklärung mit, allerdings müssten die Folgen der Mutationen erst noch weiter ausgewertet werden: „Aber im Augenblick deutet nichts darauf hin, dass diese Mutationen zu einer ungewöhnlich grossen Steigerung der Anzahl von H1N1-Infektionen oder einer grösseren Anzahl ernsterer oder tödlicher Krankheitsverläufe führen.“
Beweise dafür, dass das mutierte Virus sich von Mensch zu Mensch verbreiten könnte, hat man in Norwegen bislang nicht. Allerdings wurden dort auch erst 70 – von mittlerweile 700.000 - an Schweinegrippe Erkrankten entsprechend untersucht. Die möglicherweise weltweit ersten Fälle der Übertragung einer mutierten H1N1-Variante von Mensch zu Mensch melden unterdessen britische Gesundheitsbehörden von der Universitätsklinik in Cardiff. Dort scheinen sich fünf Menschen mit einer Variante, die gegen das Medikament Tamiflu resistent ist, gegenseitig angesteckt zu haben.
Doch laut BBC gibt der britische „National Public Health Service“ auch wegen dieser Fälle Entwarnung. Die fraglichen Erreger seien nicht aggressiver als die „normalen“ Viren und zwar gegen Tamiflu, nicht aber gegen ein Ersatzmedikament resistent. Zwei Patienten hätten sich auch wieder erholt und nichts spreche derzeit für eine Weiterverbreitung dieser mutierten Variante.
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