Muslimischer Schützenkönig: Wehret den Anfängen!
Brauchtum, Ehre, Manneszucht – der Schützenverein ist der schrumpfschwänzige Fahnenträger abendländischer Werte. Da hat der Muslim nichts zu suchen.
H ätte er nicht getroffen, wäre er gar nicht aufgefallen. Doch als der türkischstämmige Muslim Mithat Gedik von der Werler St.-Georg-Schützenbrüderschaft dann auch noch Schützenkönig wurde, fiel dem Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BDHS) als zuständigem Dachverband sein eigener Paragraf 2 wieder ein: „Schutz der Sitte durch: a) Eintreten für christliche Sitte und Kultur im privaten und öffentlichen Leben.“ Nicht über allem, was „Türken raus!“ bedeutet, muss auch „Türken raus!“ stehen.
Ein Wechsel zum Sauerländer Schützenbund, der keine Christenklausel in der Satzung hat, ist keine Option. „Abtrünnige werden in den anderen Verbänden nicht aufgenommen“, sagt Rolf Nieborg, der Sprecher des BDHS. Überläufer sind in der Szene der Provinzballermänner ein No-Go wie der Wechsel eines Gangmitglieds von den Hells Angels zu den Bandidos. Und wie bei den Rockern erkennen linke Lästerzungen auch in den Schützenvereinen gern dieselbe explosive Gemengelage aus Waffengeilheit, Schrumpfschwanzkompensation und archaischem Traditionsgedöns.
Doch diese „Menschen“ haben nichts verstanden: Ohne Schützenvereine gäbe es keine Gesellschaft, ohne Gesellschaft kein Brauchtum, ohne Brauchtum kein Deutschtum (also alles selbstverständlich im positiven Sinne), ohne Deutschtum keine Kameradschaft und ohne Kameradschaft keinen Krieg. Also Krieg jetzt ebenfalls im positiven Sinne: Manneszucht, Ehre, humanitäre Einsätze und wie Old Shatterhand dem Gegner immer auf die Beine zielen.
Dass die Sauerländer sowieso kein ernst zu nehmender Schützenverein sind, liegt auf der Hand. Bestimmt schießen dort Homosexuelle auf High Heels mit Wasserpumpguns auf rosa Plüschhasen, während daneben Türken lebenden Lämmern die Kehlen durchschneiden. Deutschland im Jahr 2014.
Eigentlich sind die Regularien des BDHS schon unerträglich aufgeweicht. Nach Paragraf 2, Absatz 4.1.a sind doch tatsächlich „Mitglieder anderer christlicher Konfessionen“ als der katholischen zugelassen. Evangelen, Orthodoxe und als Nächstes: Muslime, Hottentotten, Juden? Mehr faule Kompromisse dürfen nicht sein, sonst kann man nicht nur alle Schützenvereine, sondern gleich die Zivilisation und in der Konsequenz die ganze Menschheit auflösen.
Dann gibt es nur noch dumpf quakende Unken, die Kot fressend über ödes Land krabbeln, anstatt Schützenkönige, bunte Uniformen und Tschingderassabum. Apropos Juden. Denen ist seit 1933 die Mitgliedschaft verboten, und daran hat sich – siehe Paragraf 2 – bis heute nichts geändert. Dass sie zuvor folglich zugelassen waren, wirft ein bezeichnendes Licht auf die sittenlose Weimarer Republik. Schwer zu sagen, wie da nun ein Muslim durchrutschen konnte. Aber man muss wirklich nicht dieselben Fehler ständig wiederholen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt