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Musical am Theater LübeckMelodische Werftenkrise

Mit dem Sting-Musical „The last Ship“ bringt das Theater Lübeck die Werftenkrise auf die Bühne. Das Stück wirft wichtige Fragen auf, hat aber Längen.

Klare Rollenverteilung: Dem Werfchef stellen sich in „The last ship“ die Werftarbeiter entgegen Foto: Thorsten Wulff/Theater Lübeck

Hamburg taz | Ein Sting-Musical? Da denkt man womöglich an Bühnendarstellungen von Hits wie „Englishman in New York“ oder „Fields of Gold“. Tatsächlich wird in Lübeck aber Musik vorgetragen, die nur für „The Last Ship“ geschrieben wurde: Das Musical ist aus einer Schaffenskrise Stings heraus entstanden, also: in einer Zeit, in der sich der britische Musiker intensiv mit seinem Geburtsort, der Werftstadt Wallsend auseinandersetzte. Und darum dreht sich auch „The Last Ship“ – um Werften, Seefahrt und das Gemeinschaftsgefühl der Arbeiter.

„Odysseus, willkommen auf Ithaka“, sagt ein alter Freund zur Hauptfigur Gideon, der einst sein Zuhause verließ, um nicht das Leben eines Werftarbeiters wie sein Vater führen zu müssen. Auf den Rückkehrer warten jedoch keine Freier, die er vertreiben muss. Stattdessen geht es um eine Wirtschaftskrise: Nach ausbleibenden Investitionen soll der Bau des Schiffes mit dem sprechenden Namen Utopia abgebrochen werden, obwohl nur noch wenige Tage bis zur Fertigstellung benötigt werden.

Angeordnet wird die Zerlegung des Schiffes, um noch die Rohstoffe verkaufen zu können. Die von Entlassung bedrohten Arbeiter, für die jedes gebaute Schiff als Sinnstiftung fungiert, proben den Aufstand. Gegen den Willen des Werftleiters Newlands machen sie sich an die Vollendung der Utopia.

Malte Lachmanns Inszenierung beginnt und endet mit Aufnahmen der Stadt Lübeck auf der großen Leinwand. Schon die Rahmung stellt klar, dass die Konflikte, die hier verhandelt werden, nicht nur im englischen Wallsend stattfinden.

Reicht Arbeit als Sinnstiftung?

Das erlaubt „The Last Ship“ interessante Fragen mit Nachdruck aufzuwerfen: Gerade in einer Zeit, in der viel von einer ökologischen Wende der Wirtschaft die Rede ist und große Werften Insolvenzanträge stellen, sind sie hochaktuell: Wie kann man Menschen, die nach Jahrzehnten ihren Job aufgeben müssen, neue Perspektiven bieten? Wie sehr kann unsere Arbeit als Sinnstiftung­ dienen? Und ist eine extreme Identifikation mit einer beruflichen Tätigkeit überhaupt ­erstrebenswert?

Dennoch weist die fast dreistündige Aufführung einige Längen auf. Abgesehen vom Titelsong hinterlassen wenige der mal Englisch, mal Deutsch vorgetragenen melancholisch-pathetischen Passagen einen nachhaltigen Eindruck.

„The last ship“, Theater Lübeck, Großes Haus, am 6.3. um 16 Uhr, sowie am 12. und 19.3. um 19.30 Uhr

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