Museen: Kultur ist etwas für Touristen
Berliner sind Museumsmuffel. Eine Studie zeigt, dass die Besucher hauptsächlich Touristen sind.
Die Berliner können nichts für die Schlangen vor ihren Museen - und junge Männer sind die größte Problemgruppe, wenn es um Kultur geht. Das sind die Ergebnisse einer Studie, die Kulturstaatssekretär André Schmitz am Freitag gemeinsam mit Vertretern von Kultur und Marketing vorstellte.
Mehr als ein Jahr lang wurden in zwölf Kultureinrichtungen geführt. Etwa 29.000 Interviews kamen so zusammen, etwa aus dem Deutschen Historischen Museum und den Opern. Sie sollten nun Auskunft über das Kulturpublikum der Stadt geben. Die Studie belegt, dass die Schlangen vor attraktiven Kultureinrichtungen in den seltensten Fällen aus Berlinerinnern und Berlinern bestehen. "76 Prozent sind Touristen, davon etwa 30 Prozent aus dem Ausland", sagte der Geschäftsführer der Tourismus Marketing, Burkhard Kieker. Kultur sei der häufigste Reiseanlass und sei deshalb für Berlin von herausragender Bedeutung. "Das ist eine wichtige Erkenntnis, zumal kulturinteressierte Besucher deutlich länger in der Stadt bleiben und den Hotels damit weitere Übernachtungen bescheren."
Besonders beliebt bei Touristen ist das Jüdische Museum, sie machen 90 Prozent der Besucher aus. Auch das Schloss Charlottenburg schauen sich mit 85 Prozent hauptsächlich Gäste an.
Staatssekretär Schmitz wertete die Ergebnisse als positives Signal. "Ich habe immer so argumentiert, aber jetzt kann ich es belegen: Die meisten Touristen kommen wegen unserem Kulturangebot." Investitionen in Kultur lohnten sich folglich.
Während Einheimische in den Museen deutlich unterrepräsentiert sind, sieht es bei den Bühnen anders aus. Immerhin etwa 40 Prozent der Opernbesucher kommen aus Berlin. Zudem besuchen Einheimische ihre Kultureinrichtungen regelmäßig: Fast die Hälfte kommt bis zu sechs Mal pro Jahr in Oper oder Museum.
Die Ergebnisse der Studie seien für die weitere Besucherwerbung eine große Hilfe, sagte Sabine Turner, Sprecherin der Staatsoper. Man sei nun zu der Erkenntnis gekommen, dass sich Touristen vor allem über Reiseführer und Außenwerbung informierten. "Das müssen wir optimieren", sagte sie.
Handlungsbedarf gibt es im übrigen auch beim männlichen Nachwuchs - egal ob aus dem In- oder Ausland. Männer, die jünger sind als 30 Jahre, sind deutlich öfter Kulturmuffel als Frauen in dieser Altersgruppe. Der weibliche Überhang setzt sich in den höheren Altersgruppen fort. Vor allem bei Opern- und Ballettaufführungen fehlt es an männlichen Besuchern.
Die fast eine Million Euro teure Untersuchung wurde vom Land Berlin, Kultureinrichtungen und der Europäischen Union finanziert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid