Press-Schlag: Museale Methoden
■ Vielleicht sind die Ausfälle Robert Schwans nicht senil, sondern Teil eines Machtspiels
Die Palastrevolution bei Hertha BSC geht weiter. Zwar darf Trainer Jürgen Röber nach einem Vereinsbeschluß vorerst weitermachen, aber Aufsichtsratschef Robert Schwan fegt weiterhin wie ein Tornado über das Olympiastadion hinweg.
Nachdem er den Coach nicht wegputschen konnte, feuerte der 76jährige kurzerhand den kaufmännischen Leiter Norbert Müller und änderte damit die Machtverhältnisse im Präsidium zuungunsten Röbers. „Die Irrungen eines alten Herrn“, schimpft Wolfgang Holst, der gleichaltrige Expräsident des Bundesligisten, selbst einer, der in den guten alten Zeiten das eine oder andere Skandälchen vom Zaun brach. Auch die in den basisnahen Röber vernarrte Fan-Gemeinde läuft Sturm gegen die vordemokratischen Exerzitien des Bergsteigers aus Kitzbühel.
Doch nicht Altersstarrsinn leitet Schwan, sondern vereinspolitisches Kalkül. Der betagte Herr ist davon besessen, den Hauptstadt-Klub in höhere, europäische Gefilde zu hieven. So wie er es in den frühen 70er Jahren als Manager des Emporkömmlings Bayern München tat, wo er nebenbei einen inzwischen nicht mehr ganz unbekannten Balltreter namens Franz Beckenbauer zum Medienstar aufbaute. So ist dem Alpen-Ajatollah (fast) jedes Mittel recht, um die betulichen „Laubenpieper mit Stadion“, wie die „alte Dame Hertha“ gerne verspottet wird, auf die Höhe der Zeit zu bringen. Sowohl sportlich als auch im unternehmerischen Bereich.
Das macht ihn zum idealen Mann von Herthas Marketing- Partner Ufa. Die Bertelsmann- Tochter wurde mit ihrem Engagement in der Hauptstadt bislang nicht so recht glücklich. Vor allem Manfred Zemaitat, der farblose Präsident, und dessen ebenbürtiger Stellvertreter Jörg Thomas sind der Ufa ein Dorn im Auge, weil die zwei Ur- Herthaner sich immer wieder hartnäckig querlegen.
So beispielsweise im Spätherbst, als die Bertelsmänner Geld für Neueinkäufe auf dem Spielermarkt lockermachen sollten, aber als Gegenleistung (vergeblich) die Macht im Klub forderten. Es wäre nicht verwunderlich, wenn Schwan, der Mini-Machiavelli aus Kitzbühel, das Prädidiumsduo Zemaitat und Thomas ins Visier nehmen würde, um „klar Schiff“ zu machen. Ein Fall für die Gerontologie ist Schwan wahrlich nicht, nur seine Methoden gehören ins Sportmuseum, Abteilung „Sonnenkönige“. Jürgen Schulz
Siehe auch Querspalte S.5
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