Mursi gegen die Wirtschaftskrise: Mehr Muslimbrüder im Kabinett
Vor den Wahlen baut Ägyptens Präsident Mursi das Kabinett um. Eine IWF-Delegation soll Ägypten einen Kredit in Höhe von 4,8 Milliarden US-Dollar gewähren.
ISTANBUL/KAIRO dpa | Mit einer Kabinettsumbildung will Ägyptens Präsident Mohammed Mursi seine Regierung für den Kampf gegen die Wirtschaftskrise und die bevorstehenden Wahlen rüsten. Einen Tag vor Wiederaufnahme der Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds über Milliardenhilfen vereidigte das islamistische Staatsoberhaupt zehn neue Minister.
Wie staatliche Medien am Sonntag berichteten, wurden unter anderem Finanz- und Innenminister ersetzt. Eine Delegation des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist am Montag in Ägypten eingetroffen. Der IWF soll Ägypten einen Kredit in Höhe von 4,8 Milliarden US-Dollar (3,65 Mrd. Euro) mit einer Laufzeit von 22 Monaten gewähren. Die Verhandlungen über den Kredit waren im Herbst unterbrochen worden, weil politische Unruhen das Land erschüttert hatten.
Die ägyptischen Devisenreserven sind stark zusammenschrumpft. Gründe dafür sind der Rückgang der ausländischen Investitionen und Verluste im Tourismusgeschäft. Der neue Finanzminister ist laut ägyptischen Medienberichten ein Professor der Universität in Alexandria und Autor mehrerer Schriften über das islamische Finanzwesen. Auf der politischen Bühne ist Al-Mursi Hegasi indes noch unerfahren.
Neu ins Kabinett zogen auch drei Muslimbrüder, die künftig wichtigen Ressorts vorstehen werden: das Transportministerium, das Ministerium für kommunale Entwicklung und das Versorgungsministerium, das unter anderem für die Brotsubventionen zuständig ist.
Beobachter erwarten, dass die Muslimbruderschaft in den zwei Monaten bis zu den Parlamentswahlen populäre Maßnahmen dieser Ministerien plant, um damit auf Stimmenfang zu gehen. Denn bei der Wahl droht den Islamisten wegen der andauernden Krise in dem Land und Mursis autoritären Führungsstils ein Denkzettel. Die anderen sieben Ressortchefs sind den Angaben nach unabhängige Technokraten.
Instabilität schlecht für Wirtschaft
Mit der Wirtschaft Ägyptens geht es seit dem Sturz des Langzeitmachthabers Husni Mubarak vor fast zwei Jahren steil bergab. Eine der Ursachen ist der Mangel an politischer Stabilität, der abschreckend auf Investoren wirkt. Erst jüngst hatte Mursi versprochen, die Armut im Land zu bekämpfen. Ägypten stehen nun schwierige Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds bevor. Erwartet wird, dass der IWF schmerzhafte Zugeständnisse verlangen wird.
Inmitten der Krise begannen am Abend die koptischen Christen mit ihrem Weihnachtsfest. In Ägypten leben etwa acht Millionen Kopten, sie machen zehn Prozent der Bevölkerung aus. Immer wieder gibt es religiöse Unruhen zwischen Muslimen und Kopten, oft mit tödlichem Ausgang.
So waren Anfang 2011 vor einer Kirche in der Hafenstadt Alexandria in der Silvesternacht mehr als 20 Menschen bei einem Bombenanschlag getötet worden. Im Oktober desselben Jahres kamen bei blutigen Zusammenstößen zwischen Kopten und Muslimen in Kairo 26 Menschen, überwiegend Christen, ums Leben.
Seit dem politischen Aufstieg der Muslimbruderschaft häufen sich – trotz Bekundungen Mursis, die Christen zu schützen – Meldungen über die Vertreibung von Kopten aus ägyptischen Dörfern und Städten. Für Aufsehen sorgte auch die vorübergehende Festnahme zweier christlicher Kinder wegen Gotteslästerung. Sie hätten einen Koran beschädigt, hieß es.
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