München im EM-Fieber: Polizei, Fußball und Bier
In der EM-Stadt München laufen die Turniervorbereitungen auf Hochtouren. Wirte, Polizei und Seuchenbekämpfer scheinen gerüstet für das Spektakel.
E s wird ernst. Die Europameisterschaft kommt nach München, in die stolzeste deutsche Gastgeberstadt dieses paneuropäischen Superevents. Die selbst ernannte Weltstadt, deren Herz schon lange keiner mehr gefunden hat, rüstet sich. Die Polizei soll dafür sorgen, dass jenes Ding mit dem schönen Namen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung auch während des Turniers durchgesetzt wird.
Wer gesehen hat, wie behelmte und körpergepanzerte Beamte in Hochinzidenzzeiten jüngst den Englischen Garten durchkämmt haben, um jungen Leuten, die so ausgesehen haben, als könnten sie eventuell keine Lust haben, den riesigen Park rechtzeitig vor Einbruch der Ausgangssperre zu verlassen, Platzverweise zu erteilen, für den hat der Ausdruck „Münchner Freiheit“ eine neue Bedeutung erlangt.
An den Zugängen zum Park hatten sich Polizisten aufgebaut, und es sah so aus, als sei es schwieriger, in den Englischen Garten zu gelangen, als seinerzeit an den berüchtigten Türstehern der Münchner Schickimicki-Clubs vorbeizukommen. Wer so aussieht, als kämen nicht schon seine Urahnen aus deutschen Landen, hatte es dabei besonders schwer in diesen Wochen.
Ich habe gesehen, wie die Polizei an einem solchen Tag für sogenannte Sicherheit im Park gesorgt hat. Es war eine machtvolle Demonstration der Staatsgewalt. Begründet hat die Polizei ihr martialisches Auftreten mit Flaschenwürfen auf Beamte am Tag zuvor, für die ja diejenigen nichts können, die am Folgetag den Park besuchen wollten. Möchte man meinen. Und wer die lokale Presse in der Woche nach den Flaschenwürfen verfolgt hat, musste fast glauben, es herrsche Krieg im Englischen Garten. Jetzt jedenfalls wird der Park an warmen Tagen videoüberwacht. Sicher ist sicher.
Nüchtern und getestet
Nun kommt also das EM-Turnier. Die Polizei hat sich schon von Einheiten aus anderen Städten verstärken lassen. Zwar dürfen 14.000 nüchterne und getestete Zuschauer zu dem Spielen in der EM-Arena am Münchner Müllberg, aber außerhalb der Uefa-Blase gilt weiterhin die Regel, dass sich nur zehn Leute in der Öffentlichkeit treffen dürfen. Vorsorglich gilt in einem Teil der Innenstadt ein Glasflaschenverbot. Auch vom Verbot pryotechnischer Erzeugnisse auf jenen definierten Orten während der EM war zu lesen, so als ob solche normalerweise erlaubt wären.
Angst bei den seuchenschützenden Stadtoberen herrscht auch, was das öffentliche Fußballschauen in Gaststätten und Wirtsgärten betrifft. Die Stadt München hat dazu im schönsten Coronaschutzmaßnahmenverordnungsdeutsch verkündet: „Grundsätzlich ist das Übertragen von Fußballspielen in der Gastronomie im Rahmen der Bewirtung begleitend zum eigentlichen Bewirtungsbetrieb möglich“.
Man darf also Bier trinken und dabei Fußball schauen, Fußball schauen und dabei Bier trinken darf man nicht. Dass die üblichen Hygieneregeln einzuhalten seien, darauf weist die Stadt dann auch noch hin. „Das gilt auch für emotionale Fußballmomente“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!