piwik no script img

Mordserie im NordkaukasusBauminister erschossen

Der Bauminister Inguschetiens wurde von Unbekannten erschossen. Ein Motiv für die Tat könnten Versuche des Opfers sein, den Missbrauch von Staatsgeldern in der Bauwirtschaft aufzudecken.

Inguschetiens Präsident Yunus-Bek Yevkurov (hier bei seiner Klinikentlassung) überlebte einen Anschlag, sein Bauminister nicht. Bild: ap

BERLIN taz | Der Bauminister der russischen Teilrepublik Inguschetien, Ruslan Amerchanow, ist am Mittwoch bei einem Anschlag in Magas, der Hauptstadt Inguschetiens, ums Leben gekommen. Die beiden maskierten und mit Tarnanzügen bekleideten Täter hatten sich gewaltsam Zutritt zum Arbeitszimmer des Ministers verschafft und das Feuer auf diesen eröffnet. Amerchanow war sofort tot.

Zuvor hatten die Mörder Amerchanows Neffen und Mitarbeiter, Magomed Amerchanow, mit einem Schuss in die Beine verletzt, als dieser versucht hatte, die Männer am Eindringen zu hindern. Zurzeit befindet sich Magomed Amerchanow in einer Klinik.

Der Mord könnte das Werk von Aufständischen sein. Dagegen spricht jedoch eine Meldung der russischen Agentur RIA Novosti, wonach der Wagen der Mörder nordossetische Nummernschilder gehabt habe. Möglicherweise hatte sich der Minister durch seine Bemühungen, den Missbrauch staatlicher Gelder in der Bauwirtschaft aufzudecken, bei gewissen Kreisen unbeliebt gemacht.

Die 450.000 Einwohner zählende Republik Inguschetien wurde in den letzten Monaten wiederholt von Anschlägen und Morden erschüttert. Diese scheinen auf das Konto Aufständischer zu gehen. Am 22. Juni wurde der Präsident der nordkaukasischen Teilrepublik, Junus-Bek Jewkurow, Opfer eines Anschlags. Jewkurow konnte Anfang der Woche das Krankenhaus verlassen und will in der nächsten Woche seine Amtsgeschäfte wieder aufnehmen.

Am vergangenen Wochenende waren ein Bruder des Fotografen von Präsident Jewkurow und der Besitzer eines Lebensmittelgeschäftes, in dem auch Bier und Wodka verkauft wurden, ermordet worden.

Das Geschäft des Ermordeten war einer von nur noch drei Läden in der Republik, das noch den Verkauf von Alkohol gewagt hatte. Nach mehreren Morden und Brandanschlägen in Cafés und Geschäften, in denen Alkohol gekauft werden konnte, haben islamistische Aufständische in Inguschetien weitgehend ein Alkoholverbot durchgesetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

4 Kommentare

 / 
  • G
    gregor

    Kadyrow ist ein Dorn im Auge der korrupten Eliten Russlands. Er hat ja das Geld nicht gestohlen und in den Westen gebracht, sondern baut sein Land wieder auf. Darum will man ihn weg haben. Man verbreitet Gerüchte, dass er den ganzen russischen Kaukasus an sich reißen will und schiebt die Leichen von Frauen auf sein Konto. Ist Kadyrow weg, so kann man einen neuen Krieg starten und wieder Geld verdienen. Als Ewkurov in der Nachbarrepublik gegen diese korrupten Eliten kämpfen wollte, hat man ihn beinahe umgebracht.

  • PB
    Peter Bitterli

    Die immer wieder gehörte Lesart, wonach Putin Kadyrov in Tschetschenien "eingesetzt" habe, ist völlig falsch. Kadyrov war und ist ganz einfach derjenige, der in Tschetschenien das Sagen hat. Er ist zum Glück "zu den Russen" übergelaufen. Und er hat die Autonomie erreicht, die seine nicht weniger brutalen Vorgänger nicht erreicht haben. Mit wem sonst wäre zusammenzuarbeiten, wenn nicht mit dem, der die reale Macht hat? Mit einem warlord aus einem der anderen clans? Das Problem ist nicht, dass man in Moskau Mörder "gewähren" lässt. Das Problem ist, dass man dort keine Macht hat, Kadyrov zu stoppen. Denn das bedeutete den 3. Tschetschenienkrieg. Den wird niemand wollen.

    Und klar, Denis: Die Rassismus-Vorwurf-Keule ist schnell einmal geschwungen.

  • D
    Denis

    Putin selbst hat Kadyrow in Tschetschenien als starken Mann eingesetzt, obwohl bzw. weil der längst als brutal und völlig skrupellos bekannt war. Das Gewaltproblem ist im übrigen keine Frage der Nationalität, das ist Rassismus, sondern eine Folge des Gewährenlassens der Mörder durch den Kreml und auch des äusserst brutalen Vorgehens der russischen Armee während der beiden Tschetschenienkriege: Gewalt erzeugt Gegengewalt.

  • PB
    Peter Bitterli

    Richtig, danke. Genau in diesen Zusammenhang gehören auch die Morde an drei Menschen- und Bürgerrechtler(-innen). Zusätzlich wäre noch über Attentate auf Polizisten zu berichten.

    Seit wann häufen sich die Vorfälle? Seit Russland die Truppen aus Tschetschenien abgezogen hat und Tschetschenien eine de-facto-Autonomie geniesst, die Ramsan Kadyrov weidlich ausnutzt. Diese Autonomie hat "der Westen" stets verlangt. Jetzt stehen Russen wie Europäer vor den Früchten der "Tschetschenisierung". Möchte vielleicht jemand anders die Kaukasusvölker in seinem Einflussbereich haben? Die Russen haben im Kaukasus keine anderen Probleme als die Amerikaner in Afghanistan und anderswo. Nur nehmen die Russen mit mehr Recht und mehr Zustimmung der Bevölkerung Einfluss auf diese Region, die immerhin in ihrem Staatsgebiet liegt.