Mordprozess in Jerusalem: Die Schuldfähigkeit bleibt offen
Im Prozess um den Mord am Palästinenser Mohammed Abu Chdeir wird das Urteil vertagt. Zweifel an der Schuld der Angeklagten hat das Gericht aber nicht.
Ob sie jedoch schuldig sind, unterliegt der Prüfung des Bezirkspsychiaters sowie eines gesonderten Komitees, das, entsprechend des üblichen Vorgehens, vor einer Schuldsprechung der beiden minderjährigen Angeklagten zur Beratung gezogen werden soll.
Der Hauptangeklagte Josef Chaim Ben-David plädierte überraschend auf Schuldunfähigkeit. Erst vergangenen Donnerstag reichte sein Verteidiger dem Gericht ein entsprechendes psychiatrisches Gutachten ein.
„Seit eineinhalb Jahren wird über dieses Verbrechen verhandelt“, kommentierte Hussein Abu Chdeir, Mohammeds Vater, mit Blick auf den Verteidiger, „jetzt fällt ihm ein, dass sein Mandant unzurechnungsfähig ist. Wo war er bislang die ganze Zeit?“
Entgegen den Einwänden des Klägers, der das Gutachten als „wenn überhaupt, dann erst bei der Festlegung des Strafmaßes relevant“ betrachtete, entschied das dreiköpfige Richtergremium über eine Vertagung des für Montag erwarteten Urteils um weitere drei Wochen.
Ben-David und seine minderjährigen Helfer lauerten dem 16-jährigen Abu Chdeir am frühen Morgen des 2. Juli unweit des Hauses seiner Familie im Ostjerusalemer Viertel Schoafat auf. Der junge Palästinenser war auf dem Weg zum Morgengebet. Seine drei Entführer, die später geständig waren, fuhren mit ihm in ein Waldstück am anderen Ende der Stadt und verbrannten ihn dort bei lebendigem Leib.
Mordmotiv: Rache
Mit dem grausamen Mord wollten sie die Entführung dreier jüdischer Teenager rächen, deren Leichen zwei Tage zuvor gefunden worden waren. Der Tod des jungen Palästinensers wirkte als zusätzlicher Katalysator für die Eskalation im Westjordanland und im Gazastreifen, wo es wenig später zum Krieg kam.
Die drei Angeklagten hörten der Liste der Verbrechen, die ihnen das Gericht zum Vorwurf machte, ohne erkennbare Gemütsregungen zu. Versuchte Entführung, schwere Körperverletzung, Hetze und Entführung mit dem Ziel des Mordes sind die zentralen Punkte. Die beiden Minderjährigen wurden kurz darauf in ihre Zellen zurückgeführt, nur der Hauptangeklagte Ben-David blieb bis zum Ende der Sitzung im Gerichtssaal. Der 31-Jährige trug eine gesteppte Gefängnisjacke und eine schwarze Kipa, die Kopfbedeckung strenggläubiger Juden.
Die Familie Abu Chdeir reagierte mit Enttäuschung auf die erneute Vertagung. Ein faires Urteil werde es „nie geben“, fürchtet Aisha Abu Chdeir, die Tante des ermordeten Jungen.
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