Mord an Daphne Caruana Galizia: Eier auf den Premier
In Malta sind drei hohe Regierungsfunktionäre zurückgetreten. Sie werden im Mordfall der Journalistin Galizia verdächtigt.
Das Kabinett von Maltas Regierungschef Joseph Muscat ist wegen des Mordes an der Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia zerfallen. Am Dienstagnachmittag traten Tourismusminister Konrad Mizzi und Wirtschaftsminister Chris Cardona zurück. Bereits am Morgen hatte sich Stabschef Keith Schembri von seinen Aufgaben entbinden lassen. Alle drei stehen im Verdacht, etwas mit dem Mord an Galizia zu tun zu haben. Bewiesen ist dies allerdings nicht.
In der vergangenen Woche hatte die Polizei auf Malta zwei Männer festgenommen. Beide boten sich Medienberichten zufolge der Justiz als Kronzeugen im Fall Galizia an. So sollen die drei Funktionäre ins Visier der Polizei geraten sein. Über alle drei hatte Galizia vor ihrem Tod schwer belastende Informationen veröffentlicht.
Auch aus der eigenen Partei, der sozialdemokratischen PL, waren Rücktrittsforderungen laut geworden. Der Tourismusminister Konrad Mizzi hatte diese noch am Montag zurückgewiesen. „Ich stehe aufrecht“, sagte er vor Journalisten in Valletta. Es sei „beleidigend“ zu hören, dass sein Name im Zusammenhang mit der Korruption und dem Galizia-Mord genannt worden sei. „Ich habe mit diesem Fall nichts zu tun. Warum sollte ich Verantwortung für etwas tragen, das ich nicht getan habe?“
Schmiergelder, Briefkastenfirmen, Korruption
Schon am Samstag hatte die Polizei seinen Kabinettskollegen, Wirtschaftsminister Chris Cardona in der Sache verhört. Nachdem sie auch die Vernehmung des Stabschefs Keith Schembri ankündigte, gab Schembri am Dienstagmorgen seinen Posten auf. Als die Polizei dann auch noch am Vormittag Schembris Haus durchsuchte, ließ Cardona mitteilen, dass er sich für die laufenden Ermittlungen und Verfahren „selbst vom Amt suspendiert“ habe.
Tourismusminister Konrad Mizzi erklärte daraufhin, er sehe es „als meine Pflicht an, als Minister zurückzutreten, damit die Regierung ihre Amtszeit vollenden kann“. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wies er jedoch zurück.
Bei diesen geht es vor allem darum, dass Mizzi und Schembri Briefkastenfirmen in der Karibik aufgebaut und über diese Schmiergelder kassiert hatten. Darüber hatte Galizia, die im Oktober 2017 mit einer Autobombe vor ihrem Haus ermordet worden war, als Erste berichtet. Die Informationen dazu stammten unter anderem aus den Panama Papers. Diese deuteten auch auf Verbindungen zum maltesischen Geschäftsmann Yorgen Fenech hin.
Rücktritt von Premierminister gefordert
Fenech war von der Polizei wegen des Mordes an Galizia vergangenen Donnerstag verhaftet worden, als er gerade versuchte, Malta mit seiner Yacht zu verlassen. Der Stabschef Keith Schembri soll in der Nacht zuvor mehrfach mit Fenech telefoniert haben. Die Polizei vermutet, er könnte ihn dabei vor der geplanten Verhaftung gewarnt haben.
Die Korruptionsvorwürfe gegen Mizzi und Schembri standen seit Jahren gut dokumentiert im Raum und waren im Wesentlichen von maltesischen Ermittlern bestätigt worden. Trotzdem hielt Regierungschef Joseph Muscat an ihnen fest. Möglicherweise tat er das auch deshalb, weil der Name seiner Frau Michelle ebenfalls in den Panama Papers auftauchte – und es diesen zufolge eine Verbindung ihrer Briefkastenfirmen mit jenen von Mizzi und Schembri gibt.
Joseph Muscat schloss am Dienstag seinen eigenen Rücktritt aus. Der konservative Oppositionsführer Adrian Delia aber fordert genau das: „Jetzt sprechen wir von Fakten, nicht von Anschuldigungen“, sagte er. „Gemessen an seinen eigenen Maßstäben muss Joseph Muscat gehen.“
Im Mai hatte Muscats PL bei den EU-Wahlen mit 54,2 Prozent das europaweit beste Ergebnis einer Partei erzielt. Jetzt aber ist der Druck auf ihn enorm. Als Muscat am Abend das Parlamentsgebäude in Valletta verließ, wurde er von hunderten wütenden DemonstrantInnen ausgebuht und mit Eiern beworfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!