Monaco vor Fürst Alberts Hochzeit: Legende, Glamour und ein Remake
Der Operettenstaat Monaco hat sich über alle europäischen Krisen und Kriege hinweg als durchaus langlebig erwiesen. Nun bröckelt es dort. Die Hochzeit soll es wieder richten.
Es ist wie im Märchen: Der Prinz heiratet seine Schöne, und sie sollen viele, viele Kinder kriegen. Die rot-weißen Fähnchen, die Kalender, Tassen und Teller mit den Porträts des Brautpaars und ähnlich kitschige Andenken aus Anlass der Hochzeit sind rechtzeitig in den Souvenirläden von Monaco angekommen.
Das Fürstentum rüstet sich für den großen Tag, der neben illustren und gekrönten Gästen aus aller Welt auch 200000 Touristen anziehen wird. Sie erhoffen sich von Fürst Alberts II. Heirat mit der Südafrikanerin Charlene Wittstock ein Remake der Glamour-Trauung zwischen Rainier und Grace Kelly. Lange mussten die Monegassen sich gedulden, bis ihr nicht mehr junger Herrscher sich endlich entschloss, vor den Traualtar zu schreiten und, wenn möglich bald, die Fortsetzung der Grimaldi-Dynastie und die Zukunft des Fürstentums zu sichern.
Mit dieser Hochzeit verbindet der Ministaat an der Côte d'Azur die Hoffnung auf einen neuen Aufschwung. Denn Monaco hat schon bessere Zeiten erlebt, denen man bereits nachtrauert. Der internationale Druck auf die Steueroasen macht sich bemerkbar. Der Tourismus verzeichnete im Geschäftsjahr 2008/2009 einen Rückgang um 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, und die Einnahmen der fürstlichen "Société des Bains de Mer", der das Casino von Monte-Carlo gehört, sanken um 13 Prozent.
Noch unerhörter: Im April 2009 riefen die Gewerkschaften zu einem Streik auf, an dem rege teilgenommen wurde. Im Fürstentum, wo bisher die Opposition mehr Teil der Folklore als der Politik war, regt sich Widerstand. Doch die Legitimität der Herrscherfamilie zieht kaum jemand in Zweifel.
Mit List und Schlauheit an der Spitze
Seit sieben Jahrhunderten haben es die Grimaldi verstanden, an der Spitze ihres Mini-Reichs mit List und Schlauheit alle Wirren, Intrigen und Kriege zu überleben und den mächtigen Nachbarn zu trotzen. Der erste der langen Ahnenreihe, Francesco, machte seinem Übernamen "La Malizia" alle Ehre, als er 1297, als Mönch verkleidet am Tor der Festung anklopfte und sich ihrer mit seinen Kumpanen dann bemächtigte. Das Bild des falschen Mönchs mit dem Schwert in der Hand ziert seither das offizielle Wappen von Monaco. Über die Jahrhunderte hinweg verstanden es die Grimaldis mit Bündnissen, Heiraten und viel Diplomatie ihren Vorteil aus den Konflikten zu ziehen.
So überstand Monaco die Annexion nach der Französischen Revolution und die Napoleonischen Kriege, in denen sich Fürst Honoré V. als Marschall beteiligte. Als sich Mitte des 19. Jahrhunderts mit Menton und Roquebrune die größten und reichsten Gebiete los sagten, und Monaco in der Folge auf einen Zwölftel seiner Fläche (seine heutigen 2 qkm) zusammenschrumpfte, kam der damalige Herrscher Charles III. auf die Glanzidee, dem kaum überlebensfähigen Rest mit der Gründung des mondänen Spielcasinos von Monte-Carlo eine neue Zukunft zu geben.
Ein sonniges Plätzchen für Schattengestalten
Als 1940 Mussolinis Truppen anrückten, berief sich Louis II. auf seine Beziehungen zum französischen Kollaborationsregime in Vichy und die Kontakte mit Berlin. Seit 1936 und während des ganzen Kriegs dienten die monegassischen Banken den Nazis für Transaktionen. Bevor dies von Berlin oder Vichy verlangt worden wäre, erließ der Fürst antijüdische Gesetze, ohne dass er deswegen nach dem Krieg der Kollaboration mit den Nazis angeklagt worden wäre. Sein Nachfolger Rainier III. rettete die Unabhängigkeit im "Steuerkrieg" von 1962, als der französische Präsident de Gaulle Zöllner an die Grenze schickte und damit durchsetzte, dass im Unterschied zu den anderen begüterten Ausländern die in Monaco lebenden Franzosen nicht von Steuern befreit leben können.
Für den heute 53-jährigen Herrscher ist es nicht einfach, aus dem Schatten seines unvergessenen Vaters zu treten, der Monaco als großer Bauherr modernisiert und zum heutigen Wirtschafts- und Finanzplatz gemacht hat. Kann Albert, der nach dem Tod von Rainier im April 2005 auf den Thron kam, mehr tun als einfach fortsetzen, was schon geplant und begonnen war? Statt den Stil seines Vaters zu kopieren, versucht Albert seine eigenen Stärken auszuspielen. In seiner Jugend nahm er als Bobfahrer an Olympischen Winterspielen teil, seit 1985 ist er Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees. Als erster Staatschef hatte er 2006 im Rahmen einer Arktisexpedition den Nordpol betreten.
Neben dem Sport sind Naturschutz und Klimawandel Anliegen, für er sich immer wieder einsetzt. Albert II. möchte Monacos internationales Renommee nutzen, um sich als Vermittler nützlich zu machen. Mit dem Blick auf die herausragenden Figuren unter seinen listigen Ahnen meint der bisher eher schüchterne Albert II. darum in einem Interview ehrgeizig: "Auch ein Kleinstaat kann sich international Gehör verschaffen." Seine Untertanen, die darauf zählen, dass er den Besitzstand und ihre Privilegien wahrt, wären schon froh, wenn seine Hochzeit zum Anfang eines neues Kapitels der Grimaldi-Erfolgsstory würde.
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