piwik no script img

Modellversuch mit CannabisCoffeeshop löst sich in Luft auf

Auch bei einem Modellversuch gäbe es keine öffentliche Abgabe von Cannabis an alle, so die Grünen. Der Kundenkreis würde im Vorfeld genau festgelegt.

Gras geht nicht so bald legal über den Kreuzberger Warentisch. Bild: dpa

Einen Coffeeshop, wo jede und jeder Marihuana kaufen kann, wird es in Friedrichshain-Kreuzberg auf absehbare Zeit nicht geben. Das stellte Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) bei einem Pressegespräch zum Thema Cannabis am Freitag klar. Noch im laufenden Jahr wolle ihre Verwaltung zwar einen Antrag für einen Modellversuch zur Cannabisabgabe beim zuständigen Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte einreichen. Allerdings müsse es dafür einen klar definierten Teilnehmerkreis geben, eine sogenannte Kontrollgruppe, um auch zu wissenschaftlichen Ergebnissen zu kommen, erklärte Herrmann. In welcher Größenordnung sich die Teilnehmerzahl bewegen soll, sei noch nicht entschieden.

Die Grünen im Bezirk hatten einen Coffeeshop im Sommer 2013 zur Lösung für die Probleme mit dem zunehmenden Drogenhandel im Görlitzer Park ins Gespräch gebracht. Sie hielten Bürgerversammlungen und Fachgespräche ab. AnwohnerInnen befürchteten, von Kiffer-Touristen überrannt zu werden. Linke warnten davor, den Flüchtlingen im Park die Arbeit zu nehmen. Bauern meldeten sich im Bezirksamt, weil sie das Hanf anbauen wollten. Das Vorhaben machte national und international Schlagzeilen. Inzwischen hat man im Bezirk festgestellt, dass ein öffentlicher Coffeeshop für einen wissenschaftlichen Modellversuch nicht infrage kommt. „Da war ich ein Stück weit auch naiv“, räumte Herrmann am Freitag ein.

Für den Modellversuch – sollte er denn genehmigt werden – veranschlagt Herrmann fünf Jahre. Die Ergebnisse müssten ausgewertet werden. Erst im Anschluss sei eine generelle Abgabe von Cannabis denkbar. Herrmann bezeichnete das Projekt daher nur noch als „mittelfristige“ Lösung. Sie verweist auf einen Entwurf der Bundestagsfraktion ihrer Partei für ein „Cannabiskontrollgesetz“. Das habe das gleiche Ziel, sei aber im Vergleich zum Modellversuch der „sehr viel elegantere Weg“.

Der Gesetzentwurf, der kommende Woche im Bundestag behandelt werden soll, sieht die kontrollierte Abgabe von Cannabis in Fachgeschäften vor. Ginge es nach den Grünen, wäre der Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm Marihuana oder Haschisch erlaubt, ebenso wie der Anbau von drei Pflanzen. Der Verkauf an Jugendliche unter 18 Jahren soll verboten sein.

Das Ganze würde sich für den Staat finanziell lohnen: Laut den Grünen könnte eine Verbrauchssteuer erhoben werden von 4 bis 6 Euro pro Gramm. Die steuerpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Lisa Paus, hat ausgerechnet, dass damit Einnahmen von rund 2 Milliarden Euro erzielt würden – die wiederum auch in die Prävention fließen könnten.

Ein solches Gesetz würde zudem bei Polizei und Justiz erhebliche Kräfte freisetzen, betonte der innenpolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Benedikt Lux. 2014 habe es in Berlin 8.438 Fälle von Cannabisbesitz und -handel gegeben. „Rund 5.000 wurden wieder eingestellt.“ Lux hat bundesweite Schätzungen auf Berlin runtergerechnet und kommt zu dem Schluss, dass bei der Strafverfolgung jährlich 90 Millionen Euro eingespart würden. „Die könnten dann für andere Deliktbereiche eingesetzt werden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • (zitat) „Da war ich ein Stück weit auch naiv“, räumte Herrmann am Freitag ein.

    ich denke, das war sie in ihrer gesamten amtszeit als bürgermeisterin.

    (zitat)Laut den Grünen könnte eine Verbrauchssteuer erhoben werden von 4 bis 6 Euro pro Gramm

    habt ihr von den grünen noch einen funken realitätssinn ???

    in welcher welt lebt ihr denn ???

  • Ist das jetzt ernst gemeint. Was soll denn bei diesem "Versuch" eigentlich erforscht worden? Ob es angenehmer ist, Gras im Koffeshop statt vom Dealer zu kaufen?

    Und wie will man Versuchsteilnehmer gewinnen, wenn man sich dazu als Hanf-Konsument registrieren muß, was im Deutschland von heute ja schnell den Führerschein kosten kann. Und zu erwartende Steuereinnahmen sind nun wirklich das denkbar schlechteste Argument für eine Legalisierung.

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @yohak yohak:

      Es ist ja längst alles erforscht in den Niederlanden...