Mobilität im Berliner Haushalt: Kann das wirklich alles weg?
Die Grünen fragen, warum Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) zur Haushaltsanpassung bei Zukunftsprojekten kürzt – und bei der Verkehrssicherheit.
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Mit einem Fragenkatalog, den die beiden Abgeordneten der Mobilitätsverwaltung geschickt haben, versuchen sie herauszufinden, wieso Bonde und ihr Haus für das laufende Haushaltsjahr bestimmte Ansätze teilweise oder fast komplett eingedampft haben. Hintergrund ist der Sparauftrag in Höhe von rund 1,8 Milliarden Euro, den die Spitzen der Koalition den Senatsverwaltungen im April erteilt haben, um nicht gedeckte Ausgaben abzubauen.
Alle Ressorts sollen im Jahr 2024 nach Möglichkeit auf 2 Prozent ihrer ursprünglichen Haushaltsmittel verzichten, was etwa 600 Millionen Euro entspricht. Bei den restlichen 1,2 Milliarden Euro geht Schwarz-Rot von Mitteln aus, die ohnehin nicht erst ausgegeben würden – zu diesem Batzen trüge der öffentliche Nahverkehr 130 Millionen Euro bei. Angeblich entspricht das Mitteln, die ohnehin nicht abfließen könnten, es würden also keine Leistungen gekürzt.
Hassepaß und Kapek wollen unter anderem von der Verkehrssenatorin wissen, wie sie auf knapp 500.000 Euro beim Posten „Zuschüsse zur Koordinierung, Vorbereitung und Umsetzung von Radverkehrsprojekten“ verzichten kann, der bislang mit 3,5 Millionen Euro ausgewiesen war. Dieses Geld wird etwa der landeseigenen infraVelo fehlen, die für die Markierung und den Bau von Radwegen an Hauptverkehrsstraßen zuständig ist.
Beim Topf „Förderung des Wirtschaftsverkehrs“, der von 2,1 Millionen auf 100.000 Euro fast ganz entleert wird, erwarten die Grünen-Abgeordneten, dass damit eine sehr erfolgreiche Maßnahme endet: „Ist es zutreffend, dass damit das geplante Lastenradförderprogramm ersatzlos entfällt?“, fragen sie. Antworten hat die Verwaltung noch nicht geliefert.
Weniger barrierefreie Haltestellen
Offen bleibt also vorerst auch, ob die Streichung einer halben Million Euro bei „Maßnahmen zum Wirtschaftsverkehr“ die Schaffung von Lade- und Lieferzonen ausbremst, welche Angebotskürzungen die Reduzierung der Fördermittel für das öffentliche Leihradsystem um 250.000 Euro (von 1,5 Millionen Euro) mit sich bringt und wie viele Bushaltestellen nach Wegfall von 170.000 Euro (einem Viertel des Postens) nicht barrierefrei umgestaltet werden können.
Mit diesen Streichungen werde „die Verkehrswende hin zu klimafreundlicher Mobilität gestoppt“ und „das Funktionieren der Stadt gefährdet“, so die verkehrspolitischen Sprecherinnen. Sie kritisieren aber auch Mittelkürzungen im Haushalt von Innensenatorin Iris Spranger (SPD): Die will auf den Ausbau der stationären Blitzer verzichten, von denen es erst 36 Stück gibt. Das sei nicht nur unwirtschaftlich, weil es dem Land hohe Einnahmen bescheren könne, finden Hassepaß und Kapek, es sei angesichts von Autorennen – immer wieder mit fatalem Ausgang – zudem „völlig unverständlich“.
Auch der Verein Changing Cities betrachtet es als Fehler, Mittel zu kürzen, welche die Verkehrswende unterstützen und für mehr Sicherheit sorgen: „Gekürzt wird vor allem zu Lasten der Verkehrssicherheit“, sagt Sprecherin Ragnhild Sørensen – „wie dringend benötigten Verbesserungen bei Ampelschaltungen. An den Knotenpunkten passieren ja die meisten Unfälle.“ Bezeichnend ist für Sørensen aber noch etwas: „Bis auf ganz wenige Ausnahmen wurde bei der Finanzierung von Straßenbauprojekten im Umfang von dutzenden Millionen nicht gekürzt.“
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