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Mitveranstalterin über Kulturfestival„Unterschiedlichkeit ist Alltag“

Machtkritisch und spartenübergreifend: Noch bis Sonntag läuft in Bremen das Festival 13°

Tanzen zur Band Laturb: Beim 13° im vergangenen Jahr in den Bremer Pusdorf Studios Foto: Foto: Magdalena Stengel
Interview von Clara Henning

taz: Katharina Wisotzki, der Name Ihres Vereins lautet „haikultur“ – Kultur als Haifischbecken. Wie zeigen Sie denn in Bremen Zähne?

Katharina Wisotzki: Wir sind sehr konsequent mit unserem feministischen Programm und unserer Crew, darin zeigen wir Zähne. Nur als Flinta das Festival zu organisieren und durchzuführen, macht viel aus und das müssen wir nach außen legitimieren. Außerdem fordern wir ein solidarisches Ticketsystem, mit gestaffelten Preisen und Ermäßigungen. Wir engagieren uns auch kulturpolitisch im Bereich Frauenförderung.

Der Termin

Feministisches Kulturfestival 13°: bis So, 25.6., Bremen, Kulturzentrum Schlachthof. Programm auf dreizehngradfestival.de

Wie schwer ist es denn, Flinta vor und hinter die Kulissen zu bringen?

Hinter der Aussage, es gebe keine, die man fragen könnte, kann man sich gut verstecken. Es gibt super coole Flinta-, nicht-weiße und behinderte Künstler*innen. Es ist unsere Aufgabe als Kulturveranstalter*innen, verschiedene Positionen zu repräsentieren. Die gesellschaftliche Vielfalt ist ja da und auffindbar. Manche Formate haben dann andere Anforderungen. Das ist dann unsere Aufgabe, dem gerecht zu werden.

Welche sind das zum Beispiel?

Einerseits ist oft ein Klassiker, dass Flinta zwar auf der Bühne stehen, aber die Organisation eher Männer übernehmen. Da gibt es oft Konflikte. Das kann man aber auffangen – auch ein cis-männlicher Techniker kann Flinta-Personen gut betreuen. Wenn man Künst­le­r*in­nen of Color einlädt und die einladende Institution sehr weiß ist, muss man sich fragen, was das bedeutet und wie man eine gute Gastgeberin sein kann. Oder wenn ich eine Künstlerin einlade, die im Rollstuhl sitzt, muss ich ermöglichen, dass sie nicht nur die Bühne, sondern auch alle anderen Bereiche gut erreichen kann.

Foto: China Hopson
Im Interview: Katharina Wisotzki

Katharina Wisotzki, 34, ist Dra­ma­tur­g*in und Kurator*in, leitet gemeinsam mit Katrin Windheuser das 13°-Festival.

Was gibt es da für Fallstricke?

Es hat natürlich Grenzen, man kann nicht alles perfekt vorbereiten. Aber was man immer machen kann, ist, darin transparent zu sein und zu sagen: So ist der Rahmen, den wir bieten können. Und fragen: Möchtest du zu diesen Bedingungen Teil des Festivals sein? Das ist immer möglich, auch für uns, die noch keine feste Finanzierung und kein festes Festivalgelände haben.

Sie haben im Netzwerk #strongertogether eine Fortbildungsreihe auf die Beine gestellt. Was passiert da?

Wir sind ein Netzwerk von Festivals, das sich fragt, wie intersektionales Veranstalten inhaltlich und in der Praxis funktioniert. Machtkritisch zu veranstalten heißt, sich darüber bewusst zu sein, in welchen Machtverhältnissen die Festivals stattfinden. Wir reflektieren, dass nicht alle Menschen die gleichen Erfahrungen machen und Möglichkeiten haben. Wir wollen hinkommen zu der Vorstellung, dass Unterschiedlichkeit ein alltäglicher Teil von Gesellschaft ist. Es ist uns wichtig, sehr verschiedene feministische Positionen zu präsentieren. Wir wollen zusammen ein Festival oder auch Gesellschaft gestalten, ohne dass sich alle in allem einig sein müssen.

Wie gehen Sie da ran?

Es ist ein Anliegen des Festivals, diese schwierigen Themen so zu gestalten, dass es schön sein kann. Zu erfahren, wie schön kann eigentlich ein Festival sein, wenn es für mich angenehm ist, mich dort aufzuhalten. Wenn mich die Inhalte interessieren und ich mich von den Personen auf der Bühne repräsentiert fühle.

Barrierefreiheit schreiben Sie sich auch auf die Fahnen. Das kann ja sehr umfangreich sein.

Wir sind da im Prozess. Der Schlachthof ist als Baudenkmal kaum barrierefrei. Wir versuchen, vorher genau zu beschreiben, wie der Ort aussieht, welche Lichteffekte es gibt, ob es laut wird. Wir bieten an, dass Menschen vorher vorbeikommen können. Begleitpersonen zahlen grundsätzlich keinen Eintritt. Auch Armut ist eine Barriere, das wollen wir durch das solidarische Preissystem umgehen.

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