Mittel gegen Corona: Kubas Medizin
In China ist ein Interferon aus kubanischer Produktion in der Therapie von Sars-CoV-2-Infizierten eingesetzt worden. Es gibt Nachfrage aus vielen Ländern.
Interferon alfa-2b heißt das Flaggschiff der pharmazeutischen Industrie Kubas, um Covid-19-Erkrankten zu helfen. Das Präparat, in China in Kombination mit anderen retroviralen Medikamenten im Einsatz, stärke das Immunsystem der Infizierten. Die Nachfrage aus der Region, aber auch aus Ländern wie Spanien oder Mexiko steige, sagt Eulogio Pimentel Vásquez.
Er ist Direktor des Zentrums für Genetik und Biotechnologie (CIGB), Kubas wichtigste Forschungs- und Entwicklungseinrichtung. Bei einer Pressekonferenz am letzten Freitag betonte er, das Institut sei gut gerüstet, um sowohl die Versorgung Kubas mit dem Präparat als auch internationale Anfragen weiterhin bedienen zu können.
Fünfzehn Länder hätten bisher angefragt, um das von CIGB produzierte Interferon zu beziehen. Das Präparat, das in Kuba Mitte der 1980er Jahre entwickelt worden ist, wird erfolgreich in der Therapie vom Denguefieber, Hepatitis B und C sowie in der Krebstherapie eingesetzt. Interferone sind wichtige Bestandteile des Immunsystems, die im Lymphsystem produziert werden, um Viren und deren Wachstum zu bekämpfen.
Laut dem US-Fachmagazin Journal of Virology reagiere das Coronavirus laut Studien deutlich empfindlicher auf die Injektion von Interferon als der mit ihm verwandte Sars-Virus. Das deckt sich mit den Angaben der kubanischen Experten, die darauf verweisen, dass Interferon alfa-2b die körpereigene Immunabwehr stärke, das Virus schwäche, aber auch nur eines von insgesamt 22 Präparaten sei, die in Kuba zum Einsatz kommen, um Covid-19-Patienten zu helfen.
Kubanisch-chinesische Kooperation
Dabei kooperieren die kubanischen Experten seit 2003 mit den chinesischen Kollegen. Im Zuge dieser Kooperation wurde in der Provinz Changchun jüngst ein kubanisch-chinesisches Gemeinschaftsunternehmen für die Produktion von Interferon alfa-2b gebaut, das seit dem 25. Januar 2020 unter Hochdruck produziert. Auch in Kuba wurde die Produktion von Interferon alfa-2b hochgefahren, um die nationale Versorgung, aber auch den Export der Ampullen, die injiziert werden, zu gewährleisten.
Da es sich um ein bereits seit 1986 produziertes Präparat halte, sei das auch kein Problem, so der kubanische Ökonom Omar Everleny Pérez. „Die Produktionskapazitäten sind vorhanden. Interferone, darunter Interferon alfa-2b, gehören in Kuba zur Standardausrüstung der Kliniken.“ Sie werden in der Aids-Therapie, gegen das tropische Denguefieber, aber auch gegen Krebs sowie Hepatitis B und C eingesetzt.
Die Entwicklung der Interferone geht auf eine Initiative des im Jahr 2016 verstorbenen langjährigen Staatschefs der Insel, Fidel Castro, zurück, der nach einem Treffen mit dem US-amerikanischen Krebsspezialisten Randolph Lee Clark 1981 Weisung gab, eine eigene biotechnologische Forschung aufzubauen – mit dem Ziel, Interferone herzustellen. Die galten damals noch als Wunderwaffe in der Krebstherapie.
Das hat sich zwar nur partiell bestätigt, aber seit Mitte der 1980er Jahre gehört Kuba zu den wenigen Ländern des Südens, die Impfstoffe entwickeln und in der Krebsforschung aktiv sind. So wurde 2015 ein Hepatitis-B-Impfstoff patentiert und in den letzten Jahren wurden mehrere Präparate gegen Hautkrebs vorgestellt.
Retrovirale Medikamente aus Kuba, vor allem Interferone, sind derzeit nicht nur in China und Kuba, sondern auch in Europa im Einsatz. So zum Beispiel in Spanien in der Therapie von Covid-19-Patienten. Für die kubanische Pharmaindustrie schlägt sich das in einer steigenden Nachfrage nach Interferon alfa-2b nieder.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen