Mistkäfer nach Chinas Präsident benannt: Der zensierte Käfer Xi
Eine neu entdeckte Käferart wurde nach Chinas Staatschef benannt. Den Zensoren gefiel das gar nicht – obwohl der Name als Lob gedacht war.
Darf eine neu entdeckte Käferart nach Chinas mächtigem Partei- und Staatschef Xi Jinping benannt werden? Ja, das ist eine außerordentliche Ehrerbietung und Lobpreisung, meint der chinesische Gastwissenschaftler Wang Cheng-Bin an der tschechischen Agraruniversität in Prag.
Wang benannte deshalb die in der südchinesischen Provinz Hainan gefundene Käferart Rhyzodiastes (Temoana) xii in einem Artikel der zoologischen Fachzeitschrift Zootaxa laut der Nachrichtenagentur AFP nach Chinas Präsident Xi Jinping „für seine Führung, die unser Mutterland stärker und stärker macht“.
Der „äußerst seltene“ Käfer ernähre sich von „verrottetem Holz“ und sei damit eine Metapher für Chinas Präsidenten. Denn dieser sei eine ebenfalls sehr seltene Person. Seine massive Kampagne gegen Korruption sei wie das Fressen von Fäulnis und werde langfristig zum Verschwinden von Korruption führen.
Doch Chinas Zensoren gefiel dieses große Lob überhaupt nicht. Sie sahen mit der Namensgebung ihren obersten Führer offenbar zu einer Art Mistkäfer degradiert. Wie die Nachrichtenseite China Digital Times am Montag berichtete, wiesen die chinesischen Zensurbehörden deshalb umgehend alle Medien und Internetdienste des Landes an, jede Erwähnung der Insektenart zu löschen.
Die Zensoren ließen sich offenbar auch nicht von Wangs Beschreibung des seltenen Käfers umstimmen. Er habe einen „glänzenden Körper“, dessen Genitalbereich sich durch einen „moderat langen und an der schmalen Spitze gerundeten Stiel“ auszeichne.
Wang reagierte mit Unverständnis auf die Entscheidung der Zensoren. „Hallo! Geliebter Präsident Xi! Das ist ein seltener Käfer! Der Name dieser Art wird für immer existieren! Eine unglaubliche Ehre!“, schrieb Wang an AFP. Vielleicht hätte er den Zensoren klarmachen sollen, dass nach dem 44. US-Präsidenten sogar eine Spinnenart, Apostidum barackobamai, benannt wurde.
Aber so locker drauf sind Chinas KP-Kader selten. Vielleicht hätten die Zensoren statt eines Mistkäfers die Benennung einer schönen Blume nach Xi akzeptiert. Das haben selbst die sonst knallharten Nordkoreaner durchgehen lassen. Zum 46. Geburtstag des damaligen Führers Kim Jong Il nannte 1988 ein japanischer Botaniker eine von ihm gezüchtete Begonienart Kimjongilia. Bekanntlich sagte schon Mao: Lasst hundert Blumen blühen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!