Misslungenes Heimspiel: Schonfrist für Slomka verlängert

Nach desolater erster Halbzeit und einem Drei-Tore-Rückstand kam Hannover 96 durch drei Treffer von Mame Diouf noch zu einem Remis gegen den 1. FC Nürnberg.

Wenn ein Remis sich wie ein Sieg anfühlt: Hannovers Salif Sane liegt nach Tor zum 3:3 in letzter Minute auf dem Torschützen Mame Diouf Bild: dpa

HANNOVER taz | Ausnahmsweise gewährten sie Einblicke in ihr Allerheiligstes. Die Profis von Hannover 96 sollten kurz nach dem Abpfiff berichten, was eigentlich in der Umkleidekabine einer konfus spielenden Bundesliga-Mannschaft geschieht, die zur Halbzeit mit 0:3 zurückliegt und sich im eigenen Stadion blamiert.

„Als ich in die Kabine kam, waren die Köpfe unten“, sagte Mittelfeldspieler Leonardo Bittencourt. „Der Trainer hat gesagt, dass wir uns nicht so abschlachten lassen dürfen“, ergänzte Torhüter Ron-Robert Zieler. Das Team muss sich am 16. Spieltag der Fußball-Bundesliga doch noch bei der Ehre gepackt gefühlt haben und verwandelte ein 0:3 in ein erträgliches 3:3.

Lange gejubelt hat nach dem Remis gegen den Tabellenvorletzten 1. FC Nürnberg aber keiner. Denn die Freude über zwei späte Tore durch Mame Diouf hatte unter der erneut sehr dürftigen Mannschaftsleistung gelitten. Dass die Spieler von Hannover 96 vor 38.100 Zuschauern häufiger ausgepfiffen als bejubelt worden waren, lag an den demütigenden Szenen in der ersten Spielhälfte. Adam Hlousek (30. Minute), Josip Drmic (38.) und Per Nilsson (41.) trafen und schürten bei den Nürnbergern große Hoffnung auf den ersten Saisonsieg.

Mit ein bisschen mehr Geschick wäre die Führung der Gäste noch höher ausgefallen. „Nach dem 0:1 sind viele Dämme gebrochen“, sagte Mirko Slomka. „Das war schon finster und ich bin ins Grübeln gekommen, wie wir darauf reagieren.“ Der 96-Trainer wechselte Bittencourt ein, der zum 1:3 (60.) traf.

Und er hatte großes Glück, dass Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer beim 2:3 von Diouf (87.) eine Abseitsposition des Senegalesen übersah. Dass Diouf in der Nachspielzeit noch der Ausgleich gelang, war der beschönigende Gipfel eines misslungenen Heimspiels.

Ein Remis gegen Nürnberg fühlt sich in Hannover wie eine Niederlage an, weil die Ansprüche so hoch geworden sind und schon seit Wochen nicht mehr erfüllt werden können. Präsident Martin Kind, zuständig für das Große und Ganze, markige Worte sowie Entlassungen, schwieg sich zur Zukunft seines wichtigsten Angestellten aus.

Slomka soll die 96er am Samstag zum Abschluss der Hinrunde beim SC Freiburg betreuen. Aber der Cheftrainer wird in den nächsten Wochen weiter darunter leiden müssen, dass seine Arbeit und sein Verbleib in Hannover leidenschaftlich diskutiert werden. „Die zweite Halbzeit war für den Trainer, für den Verein, für die Fans, für alle“, sagte Bittencourt. Er nannte Slomka bei seiner Aufzählung tatsächlich gleich als Erstes und tat ihm damit keinen Gefallen.

Die vielen Deutungsversuche der verzweifelten Hauptdarsteller machten deutlich, wie es um Hannover 96 in diesen Tagen bestellt ist. „Nach 0:3 noch 3:3, das war ein tolles Erlebnis. Aber ich bin konsterniert und fassungslos. Denn in der ersten Halbzeit gab es bei uns ein Kollektivversagen“, sagte Dirk Dufner nach dem Spiel.

Dufner bemüht sich Woche für Woche nach Kräften dem Trainer den Rücken zu stärken. Was dem Manager von Hannover 96 zum Teil gelingt, schaffen die Spieler des bis auf den zwölften Tabellenplatz abgerutschten Vereins nicht. Sie haben sich gegen Nürnberg vielmehr einen Auftritt geleistet, der die Frage nach sich zieht, ob ihnen das Schicksal von Slomka eigentlich völlig egal ist.

Bis zu seinem Auftritt als Retter in den letzten Sekunden blieb die Leistung von Diouf durch große Lustlosigkeit und Passivität geprägt. Seine Tore waren von den Fehlentscheidungen des Schiedsrichters und der Hektik einer packenden Schlussphase begünstigt. Aber sie führten eben noch zu einem Teilerfolg, der die Schonfrist für Slomka auf wundersame Weise bis ins neue Jahr verlängert hat.

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