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Misshandlung von Flüchtlingen in NRWDamit das Bürgertum ruhig schläft

Im Skandal um die Misshandlung von Flüchtlingen wird auf den geringen Bildungsgrad der Täter verwiesen. Die wahre Schuld tragen die Gebildeten.

Ungebildet und vorbestraft – aber deshalb gleich brutal und empathielos? Bild: steffne / photocase.de

Das Überraschende an der Folter von Flüchtlingen im Siegerland ist, dass wenigstens diesmal der Staat nicht versagt hat. Die Bilder, die zeigen, wie grinsende Sicherheitsleute mit dem Stiefel auf dem Kopf eines gefesselten Flüchtlings stehen, sind von der Polizei. Sie hat die Bilder über Umwege zugespielt bekommen und wurde aktiv: Es gibt Ermittlungen, Hunderte Flüchtlinge werden befragt, die Täter festgenommen. Es gibt sogar eine Soko und der Polizeipräsident zieht den überspitzten Vergleich zu Guantánamo, dem illegalen US-Gefängnis für politische Gefangene.

Genau dafür ist die Polizei da und sie hat in diesem Fall vorbildlich auf den Hinweis reagiert. Die Frage wäre nun aber, wie viele solche Fälle gibt es sonst noch? Wie hoch ist die berüchtigte Dunkelziffer? Gibt es Schikanen, die unter der bekanntgewordenen Brutalität bleiben und dennoch geahndet werden müssten?

An einer tiefergehenden Aufklärung gibt es wohl wenig Interesse: Journalisten wie Politiker verweisen lieber auf den geringen Bildungsgrad der Sicherheitsleute, auf die Tatsache, dass sie vorbestraft sind. Offensichtlich hätten sich Kriminelle unter das Personal eines privaten Sicherheitsdienstes gemischt, sagte der zuständige NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) – als würden Kriminelle aus Spaß an der Kriminalität kriminell sein.

So schlimm es ist, die Durchsetzung eines Menschenrechts zu privatisieren und sie so dem Profitmotiv unterzuordnen, und so wünschenswert es wäre, dass die Menschen, die mit Flüchtlingen zu tun haben, ausreichend geschult sind: Rassismus und Gewalt sind kein Klassenproblem. Wer unausgebildet und vorbestraft ist, ist nicht automatisch brutal und empathielos.

Räume ohne Rechenschaft

Die Gleichsetzung von Bildungsferne und Gewalt erklärt kaum, warum Pädagogen aus liberalen Bildungsbewegungen oder katholische Priester Kindern sexuelle Gewalt antun, warum häusliche Gewalt durch alle gesellschaftlichen Schichten ein Problem ist und warum die meisten Vergewaltiger ihren Opfern bekannt sind.

Gewalt entsteht dort, wo Macht ausgeübt werden kann, ohne dass Rechenschaft abgelegt werden muss. Das ist so, wenn Kinder missbraucht werden, es ist so, wenn Soldaten Häftlinge foltern, wenn Pflegekräfte Rentner vergewaltigen und wenn Sicherheitsleute Flüchtlinge misshandeln.

Im letzteren Fall bietet die gewollte Unsichtbarkeit der Geflüchteten den perfekten Schutz für Gewalt ohne Konsequenzen. Die Flüchtlingsheime liegen nicht ohne Grund am Rande von Städten oder mitten in der Pampa. Flüchtlingen wird nicht ohne Grund der Kontakt zur Bevölkerung erschwert – durch Reise- und Arbeitsverbote. Zugleich bietet die öffentliche Abwertung von Flüchtlingen zu reinen Kosten- und Dreckverursachern die perfekte Begründung, um sie im Schutz dieser Unsichtbarkeit schlecht zu behandeln.

Rauhe Männer übernehmen die Gewalt

Sowohl Unsichtbarkeit als auch Abwertung gehen aber vom Bürgertum aus. Oder, andersherum, es liegt in seiner Macht, diese Bedingungen zu ändern: Beispielsweise in den Parlamenten und Medien, wo kaum noch Menschen ohne Uni-Abschluss sitzen oder – wenn es denn am Geld liegt – durch höhere Steuern für Besserverdienende. Das Bürgertum führt die Situationen herbei, in denen Gewalt ausgeübt wird, und zeigt dann auf die, die es zu diesem Zweck rekrutiert.

Während ihre Jugendorganisationen gegen Schläger-Nazis und rassistische „Bürgerinitiativen“ vor Flüchtlingsheimen demonstrieren, machten es Union, SPD und Grüne zuletzt Flüchtlingen vom Balkan noch schwerer, in Deutschland zu bleiben. Die Abschiebungen, die daraus folgen, werden wieder raue Männer übernehmen, die bereit sind, Gewalt auszuüben, während das Bürgertum ruhig im Bette schläft.

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44 Kommentare

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  • *Wer unausgebildet und vorbestraft ist, ist nicht automatisch brutal und empathielos. *

    Fakt ist aber dennoch, dass Personen, die Vorstrafen aufweisen, im Bewachungsgewerbe nichts verloren haben. Ich kann die Sachkunde für Bewachung, die ich in einem Kurs von ein paar Wochen erworben habe, auch vorweisen und musste dafür ein einwandfreies Führungszeugnis vorlegen.

    Und selbst in den Kursen für Bewachung wird unterrichtet, wie mit Menschen umgegangen wird, und Misshandlung gehört definitiv NICHT dazu!

    Ich habe den Job übrigens gewechselt, ich arbeite im sozialen Bereich...

  • "Damit das Bürgertum ruhig schläft"

     

    Der deutsche Arbeiter kann ja schon lange nicht mehr ruhig schlafen.

     

    Aber der interessiert Linke ja sowieso nicht.

  • 2. Was nicht sein kann...

    Wer verantwortet da was? Auch staende es meinem zweitliebsten Bundesland (hasse ma n Job? Ich darf ja gar nicht umziehen, selbst wenn ich wollte), gut zu Gesicht, wie allen anderen Laendern und Staaten und Roemern, bei aehnlichen Schwierigkeiten, wenn die denen Gewalt angetan wurde entschaedigt indem man ihnen moeglichst jede weitere Spannung von staatlicher Seite erspart und ihnen nach der routinemaessigen Sicherheitsueberpruefung aus den Asylverfahren herausnimmt und eine Greencard anbietet und Foerderpogramme zur Eingliederung, und oder Arbeit anbietet. Z. B. als Service Kraft in einem Fluechtlingsheim. Das in meinem Lieblingsbundesland alles in Ordnung ist und auch im Rest der Republik ist erfreulich. Ich gehe jedenfalls davon aus, das man ueberall klug genug ist, in den naechsten Wochen ueberall noch einmal vor Ort sich von den geltenden Standards zu ueberzeugen. Den Vorschlag auf Phoenix gestern von dem Herrn von pro Asyl aus Frankfurt fand ich gut, wenn der Bund die Finanzierung uebernimmt und die Fluechtlingsfragen nicht der finanziellen Not, in der sich viele Laender befinden weiter ausliefert

  • Was nicht sein kann...

    Das der Innenminister von Mutti zwei sich entschuldigt bei den neuen Opfern rechtsextremer Gewalt, (!Opfern die aus ihrer Heimat vertrieben wurden und erneut erleben muessen ohnmaechtig willkuerlicher unpersoenlicher Barbarei ausgeliefert zu sein.. Das die Polizei die Beschwerden bisher nicht ernst genommen hat, erinnert an die Geschehnisse um den NSU und hat vielleicht damit zu tun, das dort vielleicht auch nicht nur Gutmenschen mit dem richtigen Amtsverstaendnis arbeiten, was nicht sein darf, bei Staatsbeamten, die fuer die innere Sicherheit und das ausfuehrende Organ der Exekutive sind, bzw. sind und haben ("Haben und Sein") und deshalb eine hohe Verantwortung als Repraezentanz der Staatsgewalt ist und hat. Was nicht sein darf das nicht sein kann? So tun als ob? ... !) Ist nicht nur anstaendig und zeigt einen Stil, der wie ich finde eigentlich selbstverstaendlich sein sollte. Ich kenn da einen Ex Innenminister...das haette 3 Wochen gebraucht, wenn ueberhaupt. Das waere aber gar nicht so sehr seine Schuld gewesen, weil es vorher erstmal 20 Gremiensitzungen gegeben haette, gegeben haben muesste...? Ich hab mich damals gefragt, weil ich kannte das damals so nicht, komme urspruenglich aus NRW, was das eigentlich fuer ein Amtsverstaendnis ist.

  • "Die Abschiebungen, die daraus folgen, werden wieder raue Männer übernehmen, die bereit sind, Gewalt auszuüben, während das Bürgertum ruhig im Bette schläft." Der Satz ist eine elegante und beiläufige Frechheit ggü. unseren Bundesbeamten!

    • 8G
      8545 (Profil gelöscht)
      @willanne:

      @Willanne

      Nicht frech genug.

      Deutsche Beamte die Deportationen durchführen...

      Meist überleben das die Betroffenen, nicht immer: http://de.wikipedia.org/wiki/Aamir_Ageeb

       

      Zum Glück gibt es unter "unseren Bundesbeamten" auch seelisch Gesunde, die solche Aufgaben ablehnen.

      • D
        D.J.
        @8545 (Profil gelöscht):

        "Deutsche Beamte die Deportationen durchführen"

         

        Jau, bekanntermaßen ist D ja das weltweit einzige Land, das Ausweisungen und Abschiebungen durchführt...

        • @D.J.:

          D ist tatsächlich nicht

           

          "das weltweit einzige Land" :

           

          Der Kammervorsitzende der Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main verglich die Zustände in der Abschiebehaft mit den Zuständen im irakischen Abu-Ghraib-Gefängnis. (18. 10.2004 Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main)

        • 9G
          90191 (Profil gelöscht)
          @D.J.:

          Muß man alles nachmachen, was andere machen?

    • @willanne:

      Falls die sich überhaupt gemeint fühlen sollten, werden die das vermutlich lässig wegstecken können.

      • @H-G.-S:

        Ne, ich muss mich nicht angesprochen fühlen. Ich kann mir aber vorstellen, dass der allergrößte Teil der Bundesbeamten es zu Recht als eine ungeheure Beleidigung empfinden dürfte mir diesen Schlägern in einen Topf geworfen zu werden.

  • Ich weiß, es ist ein schreckliches Vorurteil. Aber alle die ich kenne, die eher rechts denken und gegen Asylheime und das ganze Programm reden, sind übermäßig Menschen mit sehr wenig Hintergrundwissen. Sie beschäftigen sich in keinster Weise mit der Thematik, die sie kritisieren. Einem musste ich mal den Unterschied zwischen Einwanderer und Asylbewerber erklären. Natürlich trifft das nicht auf alle zu, aber irgendwie tendieren gerade die, die es nicht verstehen und ohnehin schon wenig haben, besonders schnell zu Hass aus der rechten Ecke.

    • @linke.zitrone:

      Anstatt kopflos neue Fluechtlingsunterkuenfte zu improvisieren, sollte lieber der Mitarbeiterstamm im Bundesamt drastisch erhoeht werden. Bis jetzt dauert eine Entscheidung, ob Asyl gewaehrt wird oder nicht, sage und schreibe 9 Monate (!!). Bei weiterem Anstieg der Antragsteller kann man unschwer absehen, dass sich das demnaechst drastisch erhoehen wird.

       

      Das ist ein unhaltbarer Zustand. Nicht nur die Antragsteller werden so monatelang im Unklaren gelassen und die Rechte derer, die anerkannt werden, werden so unverantwortlich ueber Monate gekuerzt.

       

      Dabei ist klar, warum das nicht passiert: die Kosten fuer die Fluechtlingsunterkuenfte und den Aufenthalt in den Erstaufnahmelagern zahlen die Kommunen. Die Kosten fuer das Personal beim Bundesamt muss der Bund tragen .

       

      Wuerde man den Personalstamm - sagen wir mal - verneunfachen, so dass die Entscheidung nicht erst nach 9 Monaten, sondern dank ausreichender Sachbearbeiterkapazitaeten nur 1 Monat dauert, dann wuerde sich die Situation an den Notunterkuenften dramatisch entspannen.

       

      Allerdings muesste man auch unbedingt darauf achten, dass diejennigen, deren Asylantraege als unberechtigt entschieden wurden, gesetzeskonform auch umgehend unser Land verlassen.

       

      Bevor hier der grosse Aufschrei kommt, dass diese Forderung, unsere Gesetze zu befolgen unmenschlich sei: nur damit kann man sicherstellen, dass die Akzeptanz der Menschen hier fuer Asyl erhalten bleibt und nicht umschlaegt.

      • @Wilhelmsburg99:

        Da es ein hoheitlicher Akt ist, jemanden Asyl zu gewähren, müssen das Beamte machen.

         

        Sie können ja mal ausrechnen, was billiger kommt. 9 mal mehr Beamte einstellen oder 9 mal mehr Flüchtlinge aufnehmen.

        Die Flüchtlinge würden entweder abgewiesen oder sonst evtl. mal produktiv arbeiten.Das würden die Beamten nie machen.

  • Der Fehler liegt im System - im Kapitalismus! Wenn selbst bei Flüchtlingen noch Profit gemacht werden soll und der Staat dies an private Firmen delegiert, darf man nichts anderes erwarten.

    Im übrigen werden die Flüchtlinge durch den Staat und die Medien zu Menschen zweiter und dritter Klasse gemacht! Wenn die Arroganz in diesen Kreisen anhält und man sich für was besseres und gebildeter hält, liegt das auch an unserem kaputten System! Politiker und Journalisten sind glücklicherweise auch nur Menschen - und nichts besseres!

    (01102014,10:43)

    • @antares56:

      Das "System"..... Seien Sie mir nicht böse, aber irgendwie hören Sie sich wie ein personifiziertes Klischee an.

      Glauben Sie wirklich, dass andere "Systeme" unfehlbar und perfekt sind? Alle bisherigen Systeme jenseits des Kapitalismus waren auch nicht gerade menschenfreundlicher oder besser. Marxismus, Leninismus, Sozialismus, Stalinismus, Maoismus - alles nur ein Mus, in dessen Namen viele Verbrechen begangen wurden - angeblich zum Wohle der Menschen.

      • @CarlitosR:

        Maxi83

         

        Wie sie schon ganz genau schreiben wurden Verbrechen im Namen dieser "Systeme" begangen, dass hat aber nichts mit dem Kommunismus an sich zu tun, daher ist ihr Vergleich schlichtweg falsch, denn das Unrecht des Kapitalismus kennen wir, den Kommunismus gab es nie. Das ist der Unterschied.

  • Natürlich hat der Staat versagt. Kriegs Flüchtlinge von Idioten vom privaten Sicherheitsdienst beaufsichtigen zu lassen, natürlich haben die miese Ausbildung was lernt man dort? Leute aus Diskotheken rauszuwerfen und ähnliches.Bei den Jobcentern ist es das selbe Prinzip dort sitzen auch ungebildete oder für anderen Job ausgebildete und schickanieren Hilfesuchende. Das ist jetzt der neue Trend in Deutschland.

  • Die Misshandlungen sind weder Entgleisungen noch haben sie etwas mit dem Bildungsgrad der Täter zu tun. Sie sind die logische Fortsetzung der Gewalt, die im System angelegt ist. Flüchtlinge werden in Deutschland per Gesetz Menschen zweiter, dritter, vierter Klasse. Sie werden per Gesetz zu Minder-wertigen erklärt, entmündigt, entrechtet. Von hier bis zur physischen Gewalt ist es nur ein verhältnismäßig kleiner Schritt. Die verheerenden Gesetze und Vorschriften werden nicht von sogenannten Ungebildeten gemacht, sondern von denen, die sich selbst für die Elite halten.

  • Warum eigentlich haben jetzt sehr viele Bürger sehr viel Mitgefühl mit den betroffenen Flüchtlingen?

     

    Weil diese Art von Gewalt ereignet sich auch an:

     

    Alenheimen,

     

    Pflegeheimen,

     

    Krankenhäuser für geisteskranke Menschen,

     

    Kinderferienlager und Erziehungscamps.

     

    Auch viele arbeitslose Menschen und auch Menschen mit Behinderungen fühlen sich benachteiligt und oft ungerecht behandelt, genau wie Flüchtlinge.

  • Das ist ncht das erste Mal, dass so etwas in einem Flüchtlingsheim passierte. Nun zu Recht wollte DIE LINKE. die Flüchtlingsheime besser kontrollieren.

     

    Warum geschieht so etwas Schreckliches?

     

    Weil sie nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen. An die Polizei etwa?

     

    Wem würden dann die Polizisten glauben: Den Flüchtlingen oder den Wachmännern? Genau wie in der Gerhart-Hauptmann-Schule zuletzt!

  • Wozu benötigt man in den Unterkünften überhaupt Sicherheitspersonal? Im Prinzip sind das Wohnheime und dort gibt es schließlich auch keine Wachleute.

  • Diese Abwertung des Bürgertums gefällt mir nicht. Es sind die "Bürger" im klassischen Sinne, die den Kitt der Gesellschaft bilden, die sich sozial engagieren, die man bei Elternabenden der Schulen trifft und die da sind, wenn für Schulfeste Kuchen gebacken werden oder ein Klassenzimmer gestrichen werden soll. Leute, die vielleicht mehr Zeit haben, weil sie nicht so hart arbeiten müssen wie andere und vielleicht auch mehr Geld verdienen. Aber ohne sie bräche die Gesellschaft zusammen. Aber leider denken sie auch manchmal etwas vernünftiger als der Autor des Artikels, etwa in Effizienz. Wenn man für einen Flüchtling in Deutschland monatlich 500 Euro (mindestens) aufwenden muss (eher 1500) und für das gleiche Geld in den Fluchtländern 10 oder gar 100 Flüchtlinge Hilfe erhalten können, ist es wenig sinnvoll, die Probleme der Welt HIER lösen zu wollen.

    • @Dr. McSchreck:

      Die Anwesenheit bei den Elternabenden oder das Backen eines Kuchens als vollwertiges soziales Engagement? Geduldiges Sitzfleisch und eine Backmischung ergeben nicht das Rezept einer heilen Gesellschaft - selbst wenn die gesamte Elternschaft höchstpersönlich jedes einzelne Klassenzimmer in mühevollster Kleinstarbeit mit einem Nagellackpinsel streichen würde. Aber das einmal beiseite...

      Die aufgestellte Effizienz-Rechnung kann ich nicht unterstützen. Ein beachtlicher Teil der Flüchtlinge kommt aus Ländern, in denen Gewalt, Terror und Bürgerkriege herrschen, und die Situation in diesen Krisengebieten verschärft sich zusehends. Nach Deutschland flüchtet man sicherlich nicht wegen dem (nichtvorhandenen) Luxus, dem (oft grässlichen) Wetter oder der (zähneknirschenden) Gastfreundschaft. Man flüchtet, weil ein Stiefel auf dem eigenen Kopf eine bessere Alternative zu der Gefahr des imminenten Todes darstellt.

       

      Wie gedenken Sie, diesen Menschen in ihrem eigenen Land finanziell zu helfen? Krankenhäuser für die Verkrüppelten, Waffen für die Gesunden und Brotdosen für jene, die den Haupternährer ihrer Familie verloren haben?

       

      Was die ominösen 1500 Euro betrifft, so bekam ein alleinstehender Asylant früher 225 Euro im Monat; der Hartz-IV Satz lag bei 374 Euro. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Umstand vor zwei Jahren als unter dem Existenzminimum und damit menschenunwürdig kritisiert. Seitdem gilt ein Satz von etwa 360 Euro, 140 davon bar ausgezahlt.

       

      Die Bruttoausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beliefen sich im Jahr 2013 insgesamt auf rund 1,52 Milliarden Euro. Aber keine Sorge, im etwa demselben Umfang hat die deutsche Waffenindustrie im selben Jahr exportiert...

      • @AngeTazTet:

        Es wird ja nicht nur das Geld an die Asylbewerber selbst ausgezahlt. Sondern in einem Artikel war zB zu lesen, dass die Betreiber der Heime 1000 Euro pro Flüchting für die "Betreuung" bekommen. Auch die übrigen in städtischen Einrichtungen untergebrachten Flüchtlinge wohnen nicht umsonst und auch für sie werden Sozialarbeiter, Dolmetscher usw. bezahlt. Das werfe ich auch niemandem vor, das sind Kosten, die unvermeidbar sind. Aber die 1000 Euro sind insoweit noch sehr vorsichtig gerechnet.

        Zum ersten Teil: es geht nicht um "einen Kuchen backen", sondern es geht darum, dass es einen "sozialen Kitt" gibt, der die Gesellschaft zusammenhält, dass nicht jeder nur fr sich lebt. Und da ist es nun mal die bürgerliche Mittelschicht, die ganz wesentlich dazu beiträgt, während die ganz Reichen sich in ihren eigenen Sphären tummeln und die sozial Abgehängten eventuell andere Probleme haben. Jedenfalls findet man bei denen, die sich in irgendeiner Form ehrenamtlich engagieren ganz überwiegend Menschen des klassischen "Bildungsbürgertums", die ich nicht am Geldbeutel messe (manche alleinerziehende lebt trotz guter Bildung an der Armutsgrenze) , sondern am Bildungsstand. Bei einer Gesellschaft, die nur aus Ober- und Unterschicht bestehen würde, kann ich mir nicht vorstellen, wie die längerfristig zusammengehalten werden soll. Wobei es ja auch Stimmen gibt, die genau das auch nicht wollen, einen Gemeinsinn der gesamten Gesellschaft. Vielleicht fängt hier schon das Bürgertum an, dass man diesem Ideal nachhängt, statt "Freibier für alle" oder "noch ein Ferrari".

      • @AngeTazTet:

        Thx für die Auskunft mit den Bruttoausgaben. Dabei muss man natürlich auch berechnen, dass die Asylbewerber Umsatzsteuern einbringen, die bei einer Unterstützung im Ausland wegfallen würden.

    • @Dr. McSchreck:

      Das Letztere sehe ich ähnlich, evtl. weil ich aus einem klassischen bildungsbürgerlichen Haus stamme (Gibt es das heute eigentlich noch?).

       

      Aber dann sagen Sie mir mal eine bürgerliche Partei oder überhaupt eine Partei oder Organisation, die diese Forderung nach einer Internationalisierung des Flüchtlingsproblemes wirklich ernsthaft erhebt. Ich habe bislang nicht mal irgendwelche Daten gesehen, wie hoch die Belastung der einzelnen Haushalte wegen Asylbewerbern überhaupt ist. Das Ganze wird ausschließlich unter humnaitären oder innenpolitischen Aspekten debattiert. Ich kenne keinen Politiker, der bislang dabei wäre, eine Analyse zu machen, dass die Probleme auf internationale Ebene mit einem entsprechenden Haushalt zu propagieren, zu dem die BRD natürlich das beisteuern muss, was sie durch diese Internationalisierung in der BRD einspart,

  • WAS ist denn nun genau passiert?

  • Bitte nicht übersehen:

    1) Wie schön für unsere Polizei. Endlich konnen sie einmal ihre Pflicht tun ohne Rücksicht auf kollegiale Verbindungen nehmen zu müssen. Auch Nestbeschutzer sind sie diesmal nicht.

     

    2) Durchaus vergleichbare Praktiken gegen hilfllose Menschen gibt es seit vielen Jahren im Hartz-IV-System. Die Methoden sind etwas anders, die Wirkungen aber die Gleichen: Entwürdigung. Offzielle Propaganda macht es möglich.

    Was soll der Unterschied sein zwischen der Asylbewerber-Hetze und der "faule Arbeitslose"-Hetze.

  • D
    D.J.

    "als würden Kriminelle aus Spaß an der Kriminalität kriminell sein."

     

    Äh. Ja. Mag uns beunruhigen, ist aber so. Es gibt Leute, die Spaß am Demütigen haben. Mich wundert nur, dass diese Banalität erwähnt werden muss. Dass dies wiederum auch seine Ursachen hat, ändert nichts am Fakt.

    Wobei ich nicht allen Wachleuten das unterstellen möchte. Es ist ein Knochenjob dort, der eigentlich eine Spezialausbildung erfordert, und trotz aller berechtigter Empörung sollten die allzu Selbstgerechten das mitbedenken.

    • @D.J.:

      Knochenjob? Die Leute arbeiten vielleicht mehr als 200 Stunden im Monat, schieben viele Nachtschichten, um überhaupt ein ausreichendes Gehalt zu kriegen, weil der Job so mies bezahlt wird. Aber Knochenjob? Eigentlich dürfen die ja nichts anderes tun als ihre Runde drehn und aufpassen, das frustriert viele. Diese Ausfälle sind wohl eher Frustration, Langeweile und einer gewissen Freude an Erniedrigung Schwächerer zuzuschreiben.

    • @D.J.:

      Wenn also demnächst eine Altenpflegerin, die nun wirklich einen wesentlich härteren Job ausübt als alle paar Stunden mal eine Runde zu drehen, sich auf den Kopf Ihrer gefesselten Mutter stellen würde, würden Sie die Schwere des Jobs sofort mitberücksichtigen???

      • D
        D.J.
        @Age Krüger:

        "alle paar Stunden mal eineRunde zu drehen"

         

        Das meine ich mit Selbstgerechtigkeit.

        • @D.J.:

          Lesen Sie mal die Beschreibungen dieser Arbeit im Spiegel-Artikel ( http://www.spiegel.de/panorama/justiz/fluechtlingsheim-burbach-wachmann-spricht-ueber-misshandlungen-a-994662.html#ref=plista )

           

          Diese Menschen da sind überfordert mit einer Arbeit, die sie in jedem Wohnheim mit verhaltensauffälligen Jugendlichen haben und dabei müssen die Wachleute nur die Auswirkungen in den Griff bekommen, nicht mal die pädagogische Arbeit leisten, diese Verhaltensauffälligkeiten in den Griff zu bekommen.

           

          Ist ja auch klar. Für 9 € die Stunde mache ich das auch nicht. Aber es ist nun mal billiger schlecht ausgebildete Menschen mit der Symptombekämpfung zu beauftragen als sich pädagogisch um Menschen zu kümmern, die man eh bald wieder los werden will.

          • D
            D.J.
            @Age Krüger:

            Aber dann sind wir uns doch im Großen und Ganzen einig, @Ake. Wobei Sie nach wie vor die Arbeit unterschätzen. Siehe auch da:

             

            http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/fluechtlinge-mitarbeiter-von-fluechtlingsheim-berichtet-a-994753.html

             

            Ich denke, wir würden nicht tauschen wollen. Auch bei 15 Euro nicht.

            • @D.J.:

              Sie haben wohl noch nie in ihrem Leben mit psychisch oder geistig behinderten Menschen gearbeitet.

               

              Da hilft kein Fernseher mehr. Da muss man neben dem Krafteinsatz auch noch denken können, wenn man den Menschen eine Perspektive anbieten will.

              Und wird dennoch dauernd körperlich angegriffen.

              Kommen Sie aus dem Osten oder welche Vorstellungen haben Sie von Arbeit?

              • D
                D.J.
                @Age Krüger:

                "Kommen Sie aus dem Osten oder welche Vorstellungen haben Sie von Arbeit?"

                 

                Ja, tue ich. Ein Glück, dass ich mein Verdikt der Selbstgerechtigkeit doch nicht zurücknehmen muss.

                • @D.J.:

                  Egal, ob selbstgerecht oder unselbstständig gerecht::

                   

                  Hauptsache: Gerecht!

  • 3G
    3618 (Profil gelöscht)

    Im übrigen, wie viele Flüchtlingsunterkünfte gibt es in bürgerlichen Wohngegenden?

    In Berlin werden die auch nicht in Dahlem, Zehlendorf, Nikolassee oder Schlachtensee eingerichtet, sondern immer in Gegenden, in denen die weniger Betuchten bis ganz Armen leben. Und in Hamburg und ähnlichen Städten ist es ebenso.

    Wenn sich da nur ein Kindergarten oder ein Hospiz ansiedeln möchte, fürchten die Herrschaften ja schon um ihre Grundstückspreise.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    So ist es.