Missglückter Einkauf vor der WM: Oben ohne
Trikots von Weltstars der Fußball-WM, wie das von Marta, sind in Deutschland fast nur digital und nicht für Männer erhältlich. Schade eigentlich!
E in kleiner WM-Stimmungstest in Berlin kurz vor Turnierbeginn in Australien und Neuseeland: Das Trikot von Marta soll es sein. Vor der letzten Männer-WM machten die Sportartikelhersteller den großen Reibach. Das argentinische und das portugiesische Hemd wurden besonders häufig über die Ladentheke gereicht. Meist mit einem Namen versehen. Es gab das Team Ronaldo und das Team Messi, ich will jetzt Team Marta sein.
Die Beste der Besten soll es natürlich sein. Das brasilianische Hemd mit den Buchstaben dieser lebenden Legende. Im Männerschnitt, bitte schön! Sechsmal ist sie zur Weltfußballerin gewählt worden, so oft wie keine andere. Kein Wunder, ihre Ballbehandlung und Spielübersicht ist einzigartig. Und die 37-Jährige bestreitet ihre sechste und wohl letzte Weltmeisterschaft. Just do it, denke ich, und frage im Berliner Vorzeigeladen von Nike einen jungen freundlichen Verkäufer mit Lockenkopf um Hilfe. „Marta? Die Trikots vom deutschen Team führen wir leider nicht“, bedauert er.
Eine Brasilianerin namens Marta kennt er nicht. Namenlose Trikots vom Frauenteam aus Südamerika hat der Laden auch nicht im Sortiment – schon gar nicht im Männerschnitt. Der Nike-Mitarbeiter rät zum Internet. Aber immerhin künden große Fotos im Erdgeschoss von englischen, französischen und niederländischen Fußballerinnen vom anstehenden Event. Von diesen drei Teams können sich Frauen mit namenlosen Trikots in allen Größen eindecken.
Was mache ich nun? Ich überlege, spontan ins Team Popp zu wechseln. „Poppi“, wie Deutschlands erfolgreichste Stürmerin gern genannt wird, ist mir zwar etwas zu sehr Mainstream, doch mit individuellen Vorlieben scheint man nicht weit zu kommen. Das DFB-Trikot, erinnere ich mich, soll es in einer Männerausführung geben. Ich gehe zur nahe gelegenen Konkurrenz in den Flagship-Store von Adidas. Hier schmücken deutsche Fußballerinnen im schwarz-weißen Trikot sogar die Glasfront des Ladens mit der Aufschrift „play until they can’t look away“. Ein Laden, der Haltung demonstriert.
Zu wenig Platz für Frauentrikots
Ich gehe schnurstracks hoch in den ersten Stock zur Männerabteilung. Von diesem männlichen Frauentrikotmodell habe sie auch schon gehört, sagt die Mitarbeiterin dort. Die Nachfrage sei wohl auch kurz vor der Weltmeisterschaft zu gering und die Ausstellungsfläche (1.400 Quadratmeter) begrenzt.
Für Frauen, heißt es einen Stock tiefer, gebe es auch keine Trikots mehr. Die Nachfrage sei in den letzten Tagen so kurz vor dem Turnier einfach zu groß gewesen. Vielleicht war auch der Vorrat zu klein. Denn Spielkleidung von anderen WM-Nationen, die Adidas ebenfalls ausstattet, liegt genauso wenig aus. Ein Wechsel ins Team Putellas, der aktuellen Weltfußballerin aus Spanien, hätte ich mir ja auch noch vorstellen können.
Einkalkuliert wurde der erhöhte Bedarf offenbar nicht. Gut eine Woche könne es dauern, wird mir erklärt, bis wieder deutsche oder andere Trikots erhältlich wären. In der Kinderabteilung dasselbe Bild. Lediglich Hemden von Männerfußballteams liegen aus. Wieder wird mir das Internet empfohlen.
Die schwarz-weiße Variante im Männerschnitt finde ich auch in der digitalen Welt nicht. Das ist vermutlich nur etwas für Profis, denke ich. Und das grüne Ausweichtrikot ist ohnehin nur im taillierten Frauenschnitt oder in Kindergrößen zu haben.
Dann kommt doch noch eine Antwort vom DFB-Fanshop. „Bedauerlicherweise bieten wir dieses DFB-Trikot im Männerschnitt nicht.“ Einst wurde dessen Einführung auf der Verbandsseite groß angekündigt und scheint schon wieder aus dem Programm gefallen zu sein.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören