Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal: Pell plädiert auf unschuldig
Der momentan beurlaubte Finanzchef des Vatikan, George Pell, steht wegen Missbrauchsvorwürfen vor Gericht. Er beteuert seine Unschuld.
Als Finanzchef des Vatikans war der Australier bislang die inoffizielle Nummer drei des Kirchenstaats. Wegen der Vorwürfe, sich als junger Pfarrer und später auch als Erzbischof in seiner Heimat an Jungen vergangen zu haben, hatte er sich Ende Juni jedoch beurlauben lassen. Durch die Ansetzung des neuen Termins am 6. Oktober muss der Papst auf die Dienste des Kurien-Kardinals nun weiterhin verzichten.
Pell ist der ranghöchste katholische Geistliche, der sich bislang wegen Missbrauchsvorwürfen vor Gericht verantworten muss. Der Termin vor dem Magistrates Court in Melbourne wurde vor einem riesigen Medienaufgebot begleitet. Der Kardinal musste sich mühsam einen Weg durch die Kameras bahnen, schwieg aber auch vor den Journalisten. Sein Anwalt Robert Richter sagte dann vor Gericht: „Kardinal Pell plädiert bezüglich aller Vorwürfe auf unschuldig.“
Die australischen Behörden haben sich bislang noch nicht näher dazu geäußert, was genau dem Kardinal vorgeworfen wird. Offiziell heißt es nur, es gehe um länger zurückliegende Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs. In der Vergangenheit hatte es in der Öffentlichkeit jedoch mehrfach Beschwerden gegeben, die in seine Zeit als Priester in der Gemeinde Ballarat (1976-1980) und Erzbischof von Melbourne (1996 – 2001) zurückreichen.
Im Juli vergangenen Jahres erhoben zwei Männer direkte Missbrauchsvorwürfe gegen Pell, wonach er sie in den 1970er Jahren in einem Schwimmbad unsittlich angefasst haben soll. Ein weiterer Mann berichtete, Pell habe sich in den 1980er Jahren vor Jungen in einem Umkleideraum am Strand entblößt. Der Papst-Vertraute bestreitet alles. Ende Juni sagte er: „Ich bin unschuldig. Diese Anschuldigungen sind falsch. Die ganze Vorstellung von sexuellem Missbrauch ist abscheulich für mich.“
Vor seiner Versetzung nach Rom Anfang 2014 war Pell Erzbischof von Melbourne und Sydney. Franziskus ernannte ihn dann zum Leiter einer neuen Aufsichtsbehörde für die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Vatikans. Zudem sitzt er in einem Neuner-Gremium, das den Papst in Fragen einer Reform der römisch-katholischen Kirche berät. Die Vorwürfe sind auch deshalb heikel, weil Pell eingeräumt hatte, dass Australiens Kirche Missbrauchsfälle lange Jahre herunterspielte.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Treffen in Riad
Russland und USA beschnuppern sich vorsichtig