Missbrauchsgesetz verzögert sich: Nachlässigkeit und Ignoranz
Am Mittwoch sollte das Missbrauchsgesetz das Bundeskabinett passieren. Nun wurde der Termin verschoben.
Eine Hotline gibt es, aber immer noch kein Gesetz Foto:
Rolf Zoellner/epd/imago
Im Spätherbst vor drei Jahren hatten viele Betroffene die Hoffnung, dass sich für sie manches zum Positiven wendet, zumindest politisch. Denn die Ampelregierung hatte sich in ihren Koalitionsvertrag ein Gesetz geschrieben, das sexuelle Gewalt gegen Kinder stärker im Blick hat. Das sogenannte UBSKM-Gesetz, abgeleitet von der Stelle der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, sollte fest verankert und damit ein/e Missbrauchsbeauftragte/r dauerhaft installiert werden.
Doch nun scheint es, als sei die Hoffnung verfrüht gewesen. Seit der Referentenentwurf Anfang April 2024 die erste parlamentarische Hürde nahm, ist nichts mehr passiert. Bis vor einem Monat konnten sich Länder und Verbände zum Papier äußern, am Mittwoch sollte es zum Regierungsentwurf werden. Doch der Termin fiel aus – und wurde auf den 5. Juni verschoben.
Nun könnte man sagen: So ist es nun mal, wenn Kriege, Haushalt, Angriffe auf die Demokratie Abgeordnete stärker als gewöhnlich beschäftigen. Die Frage ist jedoch, welche Prioritäten man setzt. Klimaschutz, Bürgergeld, Mindestlohn, innere und äußere Sicherheit, Gesundheit – alles wichtige Themen, die die Ampel je nach Perspektive mehr oder weniger gut umgesetzt hat.
Sie hat aber auch monatelang über die Legalisierung von Cannabis gestritten, sich um ein Zentrum für Legistik (ja, was ist das überhaupt?) gekümmert sowie über Strategie für Videospielentwickler:innen nachgedacht. Sie hat sich mit Kryptowährungen beschäftigt und über eine erweiterte Definition von Wohlstand nachgedacht.
Alles sicher nicht komplett unwichtig. Das ist aber noch lange kein Grund, sich nicht um Betroffene sexueller Gewalt in der Kindheit zu kümmern, die auf besondere Hilfe auch des Staates angewiesen sind. Man muss hier mindestens Nachlässigkeit und Ignoranz vermuten. Denn finanzielle Gründe können es nicht sein, die Kosten sind – im Gegensatz zur Kindergrundsicherung – gegenfinanziert. Eine letzte Hoffnung liegt jetzt auf Anfang Juni.
Missbrauchsgesetz verzögert sich: Nachlässigkeit und Ignoranz
Am Mittwoch sollte das Missbrauchsgesetz das Bundeskabinett passieren. Nun wurde der Termin verschoben.
Eine Hotline gibt es, aber immer noch kein Gesetz Foto: Rolf Zoellner/epd/imago
Im Spätherbst vor drei Jahren hatten viele Betroffene die Hoffnung, dass sich für sie manches zum Positiven wendet, zumindest politisch. Denn die Ampelregierung hatte sich in ihren Koalitionsvertrag ein Gesetz geschrieben, das sexuelle Gewalt gegen Kinder stärker im Blick hat. Das sogenannte UBSKM-Gesetz, abgeleitet von der Stelle der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, sollte fest verankert und damit ein/e Missbrauchsbeauftragte/r dauerhaft installiert werden.
Doch nun scheint es, als sei die Hoffnung verfrüht gewesen. Seit der Referentenentwurf Anfang April 2024 die erste parlamentarische Hürde nahm, ist nichts mehr passiert. Bis vor einem Monat konnten sich Länder und Verbände zum Papier äußern, am Mittwoch sollte es zum Regierungsentwurf werden. Doch der Termin fiel aus – und wurde auf den 5. Juni verschoben.
Nun könnte man sagen: So ist es nun mal, wenn Kriege, Haushalt, Angriffe auf die Demokratie Abgeordnete stärker als gewöhnlich beschäftigen. Die Frage ist jedoch, welche Prioritäten man setzt. Klimaschutz, Bürgergeld, Mindestlohn, innere und äußere Sicherheit, Gesundheit – alles wichtige Themen, die die Ampel je nach Perspektive mehr oder weniger gut umgesetzt hat.
Sie hat aber auch monatelang über die Legalisierung von Cannabis gestritten, sich um ein Zentrum für Legistik (ja, was ist das überhaupt?) gekümmert sowie über Strategie für Videospielentwickler:innen nachgedacht. Sie hat sich mit Kryptowährungen beschäftigt und über eine erweiterte Definition von Wohlstand nachgedacht.
Alles sicher nicht komplett unwichtig. Das ist aber noch lange kein Grund, sich nicht um Betroffene sexueller Gewalt in der Kindheit zu kümmern, die auf besondere Hilfe auch des Staates angewiesen sind. Man muss hier mindestens Nachlässigkeit und Ignoranz vermuten. Denn finanzielle Gründe können es nicht sein, die Kosten sind – im Gegensatz zur Kindergrundsicherung – gegenfinanziert. Eine letzte Hoffnung liegt jetzt auf Anfang Juni.
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Kommentar von
Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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