Ministerpräsidentenwahl in Thüringen: Keine CDU-Konkurrenz für Ramelow
Die Christdemokraten werden im ersten Wahlgang keinen Kandidaten gegen den Linken Bodo Ramelow aufstellen. Christine Lieberknecht hatte schon zuvor abgewunken.
ERFURT dpa | Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht tritt bei der Ministerpräsidentenwahl am Freitag nicht gegen Linksfraktionschef Bodo Ramelow an. Nach fünf Jahren macht sie auch den Platz an der CDU-Spitze frei. Das kündigte die 56-Jährige am Dienstag in Erfurt an. Die CDU wird im ersten Wahlgang auch keinen anderen Kandidaten gegen Ramelow aufstellen, wie Generalsekretär Mario Voigt am Abend nach einer Präsidiumssitzung in Erfurt sagte. Danach vielleicht schon: Sollte es zu mehreren Durchgängen kommen, werde die Fraktion entscheiden, wie sie sich verhalte, hieß es.
„Ramelow soll zeigen, dass er eine Mehrheit zusammenbekommt“, begründete Voigt die Entscheidung. Als möglicher CDU-Kandidat an Lieberknechts Stelle galt bisher Fraktionschef Mike Mohring, der auch den Parteivorsitz anstrebt.
Rot-Rot-Grün hat im Erfurter Landtag 46 Sitze und damit eine Mehrheit von nur einer Stimme. Die CDU und die rechtskonservative AfD kommen zusammen auf 45 Stimmen. Nach wie vor ist unklar, wie viele Stimmen Ramelow in einem dritten Wahlgang ohne Gegenkandidaten benötigt, falls es im ersten oder zweiten Wahlgang nicht zur Mehrheit reicht.
Erstmal seit 24 Jahren in die Opposition
Das Regierungsprogramm des Dreierbündnisses wurde durch Urabstimmungen der Linken und der Grünen mit großer Mehrheit gebilligt. Die SPD hat bereits zugestimmt. Der Koalitionsvertrag soll nach Angaben der Linken nun am Donnerstag unterschrieben werden.
Lieberknecht hatte Thüringen fünf Jahre lang regiert. Als Grund für ihren Verzicht auf eine Gegenkandidatur nannte sie ihr Versprechen im Wahlkampf, nicht mit der rechtspopulistischen AfD zu kooperieren. Daran fühle sie sich gebunden. „Ich möchte nicht den Anschein erwecken, bei der Ministerpräsidentwahl auf Stimmen der AfD zu setzen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt.
Die CDU, die bei der Landtagswahl im September mit 33,5 Prozent stärkste Partei wurde, muss bei einem Erfolg von Rot-Rot-Grün am Freitag erstmals seit 24 Jahren in die Opposition. Die Thüringer CDU will am 13. Dezember einen neuen Vorstand wählen.
Merkels Rat wird befolgt
Ihre Entscheidung, am Freitag „nicht in die Arena des Löwen“ als Ramelow-Herausfordererin zu gehen, sei keine Reaktion auf Äußerungen von Kanzlerin Merkel, sagte Lieberknecht. „Meine Entscheidung stand vorher fest.“ Nach einem SPIEGEL-Bericht soll Merkel der Thüringer CDU abgeraten haben, einen eigenen Kandidaten aufzustellen. „Das schweißt die anderen nur zusammen“, soll Merkel in einer Runde der Unions-Ministerpräsidenten in Berlin gesagt haben.
Nach einem neuen Gutachten im Auftrag von Landtagspräsident Christian Carius (CDU) braucht Ramelow im dritten Wahlgang ohne Gegenkandidat mehr Ja- als Nein-Stimmen. Ein im Auftrag von Justizminister Holger Poppenhäger (SPD) erstelltes Gutachten war in der vergangenen Woche zu dem gegenteiligen Schluss gekommen, dass Ramelow auch mit nur einer einzigen Ja-Stimme gewählt wäre. Carius will nun den Landtag vor einem möglichen dritten Wahlgang über die Auslegung der Thüringer Verfassung entscheiden lassen.
Die Parteimitglieder der Thüringer Linken sprachen sich in der Urabstimmung mit 94,0 Prozent für den Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün aus. Die Grünen-Basis segnete ihn mit 84,3 Prozent ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind