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Ministerin über Schweinegrippe"Wir setzen auf ein Entgegenkommen"

Pandemie-Vorsorge ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sagt Mechthild Ross-Luttmann von der Gesundheitsministerkonferenz. Bund, Länder, Kassen und Pharmaindustrie müssten ihren Teil tragen.

Frau Ross-Luttmann lässt sich gegen die Schweinegrippe impfen: "Wir konnten damals nicht voraussagen, wie sich die Grippewelle entwickelt." Bild: dpa
Interview von Katja Schmidt

taz: Frau Ross-Luttmann, als Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz wollen Sie erreichen, dass die Länder weniger als die bestellten 50 Millionen Dosen Schweinegrippe-Impfstoff von GlaxoSmithKline (GSK) kaufen müssen. Welche Chancen sehen Sie dafür?

Mechthild Ross-Luttmann: Wir beginnen die Gespräche erst. Ich denke, alle Beteiligten müssen sich dabei ihrer Verantwortung bewusst sein. Wenn wir wollen, dass die Bevölkerung Vorsorgemaßnahmen gegen mögliche weitere Pandemien akzeptiert, gehört dazu eine bedarfsgerechte Impfstoffversorgung. Wir müssen mit GSK verhandeln - auch auf dem Wege der Kulanz -, dass überflüssige Dosen storniert werden.

Was sollte GSK bewegen, sich kulant zu zeigen? So weit bekannt, enthalten die Verträge keine Klauseln, die den Abbestellungswunsch decken.

Wir wollten ursprünglich für 30 Prozent der Bevölkerung Impfstoff bestellen. Da damals sowohl die Besteller als auch die Lieferer davon ausgingen, dass eine zweimalige Impfung nötig ist, wurden 50 Millionen Dosen geordert. Jetzt, im Nachhinein, haben wir die klare Aussage, dass eine einmalige Impfung ausreicht. Insgesamt ist der Vertrag darauf ausgerichtet, uns mit Impfstoff für maximal 50 Prozent der Bevölkerung zu bevorraten. Wir haben nun aber 60 Prozent. Da ergeben sich Verhandlungsspielräume. Ich sage ganz deutlich: Wir setzen auch auf ein Entgegenkommen von GSK.

Sie sagen, der Bund habe die Länder gedrängt, mehr Impfstoff zu bestellen. Wie muss man sich das vorstellen?

Die WHO hatte den höchsten Pandemie-Alarm ausgelöst. Wir konnten damals nicht voraussagen, wie sich die Grippewelle entwickelt. Wir als Länder haben dann zunächst darauf gesetzt, das medizinische und pflegerische Personal und Risikogruppen komplett impfen zu können.

Warum wollte der Bund mehr?

Die europäischen Länder insgesamt haben deutlich mehr Impfstoff bestellt. Es war ein hohes Anliegen des Bundes, einen umfassenden Schutz der Bevölkerung zu sichern. Er wollte, dass wir für 50 bis 80 Prozent der Bevölkerung bestellen. Wir wollten aber erst die Zulassung abwarten, die ersten Impfungen - und den Verlauf der Grippewelle. Hätten wir dem Drängen nachgegeben, hätten wir heute Impfstoff für mehr Einwohner, als Deutschland hat.

Gibt es Signale, dass der Bund sich doch noch an der Finanzierung nicht verimpfter Dosen beteiligen wird?

Leider noch nicht. Aber wir geben nicht auf. Pandemie-Vorsorge ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Die Abmachungen mit GSK stammen ja noch aus der Vogelgrippe-Zeit. Gelten sie auch für die nächste Pandemie?

Nein. Wir haben den Vertrag aufgelöst. Wir müssen nun diskutieren, wie Bund und Länder bei künftigen Pandemien reagieren. Zwei Punkte sind sehr wichtig: Derzeit hängt der WHO-Pandemie-Alarm von der geografischen Ausbreitung ab. Man wird sich zusätzlich mit der Gefährlichkeit des Erregers auseinandersetzen müssen. Und wir müssen uns über die Impfstoffbevorratung unterhalten - auch darüber, was die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) leisten kann.

Sollen die Krankenkassen schon für die Bevorratung zahlen?

Prävention gehört zu den Aufgaben des GKV-Systems. Es geht aber auch um Stufenpläne. Auf keinen Fall kann man die Finanzierung allein den Ländern aufbürden - und den Bund und die Pharmakonzerne aus den Risiken entlassen. Bund, Länder, GKV und Pharmaindustrie müssen ihren Teil tragen.

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