Minister Pistorius auf dem Westbalkan: Harte Hand für weiche Flanke

Verteidigungsminister Pistorius ist auf diplomatischer Mission auf dem Balkan. Die Region ist ein Pulverfass – und Trump könnte es als US-Präsident entzünden.

Zwei Männer schreiten eine Militärparade ab.

Boris Pistorius wird von Milos Vucevic (r), Verteidigungsminister von Serbien, mit militärischen Ehren empfangen Foto: Soeren Stache,dpa

Nicht nur über der Ukraine hängt die bange Frage, wie es nach den Wahlen in den USA weitergehen soll. Denn eins ist sicher: Sollte Donald Trump gewinnen, wird die Kriegsgefahr auch an der „weichen Flanke“ Europas, auf dem Balkan, dramatisch steigen.

Die serbischen Nationalisten werden dann mithilfe Belgrads in Bosnien und Herzegowina, im Kosovo und in Montenegro losschlagen können, wie sie es jetzt schon offen diskutieren. Ohne Biden dürfen sie sich dabei sicher fühlen. Russland wird ihnen Rückendeckung geben und die Verteidigung Zentraleuropas ins Wanken bringen. Wer will dann für Kosovo und Bosnien und Herzegowina geradestehen und wer jene Bevölkerungsgruppen verteidigen, die schon einmal, vor gerade einmal 30 Jahren, einem Genozid ausgesetzt waren?

Dieses dunkles Szenario ist keineswegs Schwarzmalerei und wird nun immerhin im deutschen Verteidigungsministerium diskutiert. Donald Trump war schon während seiner letzten Amtszeit drauf und dran, die Sicherheitsgarantien für Kosovo aufzuweichen und die Grenzen zugunsten Serbiens zu verändern. Auch das Friedensabkommen von Dayton von 1995, das bisher immerhin die militärische Stabilität in Bosnien und Herzegowina garantiert hat, ist für ihn nicht wichtig, weil von den Demokraten gemacht.

Dass Boris Pistorius jetzt zu einem Besuch in die Region kam, darf durchaus als Versuch verstanden werden, sich ein realistisches Bild von der Lage zu machen. Seine Äußerungen waren ernsthaft und keineswegs naiv. Die auch von Pistorius ausgedrückte Hoffnung allerdings, die unter ungarischem Befehl stehenden Eufor-Truppen wären ein Stabilitätsanker in der Region, ist wohl eine Nebelkerze.

Dabei liegt auf der Hand, dass die liberalen Demokratien sich auf dem Balkan nur durch die dauerhafte Stationierung von Nato-Truppen Respekt verschaffen können. Dass Deutschland militärisch nicht einmal mehr Mittelmacht ist und so schnell wie möglich nachrüsten muss, weiß allerdings auch Pistorius. Auf dem Land ruhen gerade die Hoffnungen all jener, die auf dem Balkan für Frieden und Demokratie eintreten.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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