Minderheiten in Litauen: Parlament stoppt homophobes Gesetz

Nach massiver Kritik der EU wird Reklame, die Homosexualität "fördern" könnte, doch nicht verboten. Stattdessen wird künftig jede Art diskriminierender Werbung bestraft.

Ebenfalls eine erklärte Gegnerin des Gesetzes, das Werbung für Homosexualität verbieten wollte: Litauens Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite. Bild: ap

STOCKHOLM taz | Werbung, die Homosexualität "fördern" könnte, sollte in Litauen verboten werden, bei Zuwiderhandlungen sollten Geldbußen von bis zu 2.800 Euro fällig werden können. Das sah ein Gesetz vor, das im November 2010 in erster Lesung im litauischen Parlament (Seimas) mit 31 gegen 7 Stimmen gutgeheißen worden war.

Der Druck, den daraufhin Menschenrechtsorganisationen, die EU-Kommission und das EU-Parlament auf Vilnius ausübten, hatte Erfolg: Im Seimas wurde das Gesetz jetzt so geändert und verabschiedet, dass es, statt "Werbung" für Homosexualität unter Strafe zu stellen, jede Diskriminierung verbietet - und damit auch die Homosexueller.

"Vom Bann zum Schutz" freut sich die Lithuanian Gay League (LGL), und Michael Cashman, Abgeordneter der britischen Labour Party im EU-Parlament, begrüßt, dass sich "unsere Kollegen im Seimas gegen Engstirnigkeit und Angst" entschieden hätten: "Litauen kann stolz sein, dass es nun moderne Werte bestätigt hat, die in der EU und in der ganzen Welt geteilt werden."

Zwar gibt es in Litauen seit 1993 ein Gesetz, das die Diskriminierung sexueller Minderheiten verbietet, die Wirklichkeit für Schwule und Lesben sieht aber anders aus. Erst im vergangenen Jahr konnte in Vilnius eine erste Gay Pride stattfinden, nachdem solche Veranstaltungen 2006 und 2007 u. a. mit der Begründung verboten wurden, vier von fünf LitauerInnen würden Homosexualität als eine Krankheit ansehen.

Ein 2009 verabschiedetes "Moralgesetz" verbietet die Debatte über ein Thema wie Homosexualität an Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen, die für Kinder und Jugendliche zugänglich sind. Solche Informationen könnten "Angst und Schrecken wecken" und damit "zu eigenem Missbrauch und Selbstmord" führen.

Verstoß gegen grundlegende Menschenrechte

Eine ursprüngliche Weigerung der Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite, dieses Gesetz mit ihrer Unterschrift in Kraft zu setzen, hatte die Seimas 2009 mit qualifizierter Mehrheit ausgehebelt. Gegen das jetzige "Werbeverbotsgesetz" hatte sich die Staatschefin ebenfalls wieder engagiert. Sie bezeichnete es als einen Verstoß gegen grundlegende Menschenrechte und als ein homophobes Gesetz, das in den Augen der internationalen Öffentlichkeit einen dunklen Schatten auf Litauen werfen werde. "Wollen wir wirklich ein solches Markenzeichen haben", fragte die Präsidentin.

LGL hatte befürchtet, dass eine Verabschiedung des "Werbeverbots" zur Schließung der eigenen und anderer Websites mit Informationen über Aktivitäten der Schwulen- und Lesbenbewegung und zu einem Verbot von deren Veranstaltungen führen könnte. Der litauische Justizminister hatte sich der Kritik angeschlossen und kam zu der Einschätzung, dass das Gesetz gegen internationales und EU-Recht verstoße.

Das EU-Parlament erklärte in einer Entschließung, dass Anschauungen, wie sie in dem litauischen Gesetzentwurf zum Ausdruck kämen "keinen Platz in der EU haben". Die geballte Reaktion beeindruckte offenbar genug Seimas-Abgeordnete so sehr, dass sie ihre Meinung änderten. Das "Moralgesetz" gilt weiter.

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