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Milliarden für die BundeswehrMachttaktischer Eifer

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Der Konflikt um das Bundeswehr-Geld hat reine Macht-Gründe. Für die Ampel und Olaf Scholz steht mehr auf dem Spiel als für Friedrich Merz.

Im Streit um mehr Geld für die Bundeswehr: Scholz, Merz und Habeck Foto: Kay Nietfeld/dpa

B ündnisfähigkeit oder Bundeswehr? Ampel und Union streiten sich beim 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr um diese zwei Worte. Die Ampel will die „Bündnisfähigkeit“ stärken, die Union die „Bundeswehr“. Die Ampel will das Geld auch für Cybersicherheit und Konfliktprävention verwenden, die Union nur für die Bundeswehr. Dieser Streit wird mit einer Inbrunst geführt, die der Sache nicht so recht entspricht. Denn klar ist: Mehr als neun Zehntel bekommt die Bundeswehr, und Cybersicherheit ist kriegsrelevant.

Der Eifer hat machttaktische Gründe. Die Union will, wenn sie Scholz schon hilft, die Bedingungen diktieren. Die Ampel will ungern zulassen, dass die Opposition das Sagen hat und die Regierung folgt. Es geht um Macht – deshalb kann ein Deal scheitern. Der Einsatz von Scholz ist dabei größer. Er hat, wenn die Union kompromisslos bleibt, keinen Plan B.

Das Charmante an den zum Sondervermögen umgetauften Schulden ist: Die Ampel muss das Geld nicht aus dem Haushalt zahlen. Die magischen 2 Prozent für Verteidigung bedeuten rund 20 Milliarden Euro mehr fürs Militär – und damit 20 Milliarden weniger für Soziales, Rente oder Klimapolitik. Die SPD kann keine Sozialkürzungen ertragen, die FDP kein Ende der Schuldenbremse. Beides würde die Ampel in Stücke reißen. Der Ausweg, das Sondervermögen mit der Ampelmehrheit zu beschließen, scheitert an der FDP.

Die Union hat auch etwas zu verlieren. Identitätsstiftende Themen sind ihr in der Merkel Ära abhanden gekommen. Die Stärkung der Bundeswehr ist für die Union herzerwärmend. Deshalb wäre es für sie unschön, nein zu sagen. Doch Merz ist für das blame game im Falle des Scheiterns gut gerüstet, besser als Scholz, dessen Zeitenwende damit zu Asche würde.

Die Verlockung für Merz, die Ampel in eine vielleicht existenzielle Krise zu stürzen, ist groß. Wenn man seine beseelten Attacken auf den Kanzler hört, hat man nicht den Eindruck, dass er wider­stehen will.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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5 Kommentare

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  • Herr Reinicke, ich gebe ihnen Recht.

    Ich kann mir leider nicht vorstellen, dass die Ampel es "noch lange macht". Leider, weil ich Merz für eine sozialpolitische Katastrophe halte.

    Aber Scholz hat zu viel Gegenwind, in den eigenen Reihen und nun auch im Bundesrat. Er bleibt auch politisch und kommunikativ viel schuldig. Ja, er und seine Regierung gehen viele Kompromisse ein, stellen Konflikte durch Symbolpolitik und manchmal viel Geld still und bislang kommen sie durch, aber das Blatt ist denke ich fast aufgebraucht.

    Es bräuchte natürlich Königsmörder und neue Königsmacher und da kann ich mir nicht vorstellen, dass die Grünen die Seiten wechseln. Für eine neue große Koalition andererseits erscheinen die Befindlichkeiten des Spitzenpersonals und die Vorbehalte der Abgeordneten und Parteien unüberbrückbar. Das heißt, wenn die Koalition in die Handlungsunfähigkeit rutschen sollte, blieben nur Neuwahlen.

    Das ist für Deutschland etwas sehr Untypisches, doch mir schwant, dass es vielleicht noch dieses Jahr soweit kommen kann, dass diese ausgerufen werden.

  • Letztendlich können sich alle kein Scheitern leisten und es wird auch keines geben.

  • Herrlich : Sozialstaat abbauen, um uns vor Putin zu schützen...

    Besser hätte es keine Blackrock-Werbeschmiede auf den Punkt bringen können.

  • Für die armen Studenten in Deutschland nur Brotkrumen!



    Wann wird der Selbstbedienungsladen Deutscher Bundestag das 1000sten Mitglied begrüßen dürfen?



    Merkel völlig abgetaucht. Bizarr, oder?

    • 1G
      164 (Profil gelöscht)
      @cuba libre:

      Naja. Egal was man von Angela Merkel hält. Das ist wohl ihr wohlverdienter Ruhestand jetzt.