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Militärtechnik und MoralGesucht: Rubikon für eine Drohne

Wie böse und wie neu sind unbemannte Flugobjekte – insbesondere wenn sie schießen? Eine Tagung mit Friedens- und Militärbewegten fahndet nach Antworten.

Friedensbewegte mit unmissverständlicher Meinung zu Drohnen. Bild: dpa

BERLIN taz | Heimtücke? Nein, das kann man der Drohne nicht unterstellen. Kriegslist? Schon eher, aber die ist zulässig. In jedem Fall darf von einer „bewaffneten Schädigungshandlung“ gesprochen werden, wenn eine Drohne schießt.

So weit mochte der Saal dem Bochumer Völkerrechtler Hans-Joachim Heintze gern folgen. Heintze sprach am Dienstag bei der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler in Berlin zu etwa 40 Friedens- und Militärbewegten. Die kleine Tagung sollte klären helfen, ob Drohnen gut oder böse – und ob sie noch zu verhindern sind.

Kampfdrohnen seien juristisch mindestens deshalb ein Problem, erklärte Heintze, dass sie die ganze Welt zum Schlachtfeld machten: Denn der Drohnenpilot in Nevada sei Kombattant, auch wenn seine Drohne in Afghanistan töte. Darin jedoch widersprach ihm Olaf von Roeder aus dem Verteidigungsministerium: Auch jetzt seien die Basen der Kampfjets, etwa in Deutschland, Teil von Schlachtfeld und Krieg, selbst wenn dieser ansonsten im Irak stattfinde.

Welche Folgen der Einsatz bewaffneter Drohnen für Krieg und Frieden hat, ist hierzulande noch nicht so häufig öffentlich erörtert worden. Am Dienstag zeigte sich bei Butterkeks und Multivitaminsaft in den Räumen des Wissenschaftlerverbands, dass selbst der Neuigkeitswert der Drohne noch strittig ist. „Ist doch jetzt schon so“, lautet das stärkste Argument der Drohnen-Fans bei der Bundeswehr. Große Distanz zum Objekt? Hat auch der Kampfpilot. Unheimliche Technik? Kinder, wo lebt ihr?

Zunächst zurückgepfiffen

„Drohnen sind kein einfacher Fall für die Friedensforschung“, formulierte daher Niklas Schörnig von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Zwar fliegen die USA seit Jahren Drohnenangriffe in Afghanistan (völkerrechtlich okay), und anderswo (nicht okay). Doch in Deutschland wurden die fensterlosen Flieger erst wirklich interessant, seitdem Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) der Bundeswehr bewaffnete Drohnen kaufen will.

Nun hat ihn seine Partei zunächst zurückgepfiffen: kein gutes Wahlkampfthema. Doch erläuterte de Maizières Ministerialer von Roeder freimütig, wie man nach dem Wahltag vorzugehen gedenke. Die Killerdrohnen heißen im Hause de Maizière „Zwischenlösung“, „Überbrückungslösung“ und am Ende, etwa im Jahr 2025, „Entwicklungslösung oder Kauflösung“. Bis 2016 soll die schon für die Bundeswehr fliegende israelische Drohne „Heron“ wohl mit Raketen behängt werden.

Um dies zu verhindern, hat die organisierte Friedensbewegung bereits eine Kampagne gestartet, erklärte Reiner Braun von der „Kooperation für den Frieden“. Ob ein Drohnenverbot durchzusetzen ist, bezweifelten freilich beinahe alle am Tisch. „Der Zug ist abgefahren“, sagte Schörnig.

Der Rüstungsforscher Hilmar Linnenkamp erinnerte Braun zart daran, dass nicht nur die Friedensbewegung Krieg furchtbar finde. Um aber den Drohneneinsatz zu kontrollieren, müsse man sich womöglich noch mehr mit deren Praxis befassen. „Moral im Sinne von rosa Soße nützt nichts“, sagte Hillenkamp.

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10 Kommentare

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  • H
    horst

    lieber arald,

     

    es ist also gut, wenn wir künftig mit den terroristen auf augenhöhe operieren sollen????

     

    soweit hat uns der "krieg gegen den terror" also schon gebracht????

     

    pfui!

  • S
    Störtebekker

    Man muß wissen was man will. Ungenauen Raketenbeschuß mit hohen zivilen Opferzahlen oder geziehlten Drohneneinsatz mit extrem hoher Trefferquote.

    Krieg ist immer inhuman, aber die Drohne tötet auf jeden Fall weniger Unschuldige.

    Ein klares Ja zur Drohne!

    Ich will auf keinen Fall, dass Terrorpaten ungeschoren davonkommen. Kuscheln mit Terror ist geisteskrank.

  • JM
    Joseph Marie

    Jede Zeitung bekommt das Publikum, das sie verdient...

    Interessant, dass sich alle einig waren, dass ein Drohnenverbot nicht durchsetzbar wäre. Wo doch die allermeisten Drohneneinsätze klar völkerrechtswidrig sind, wie das IKRK festgestellt hat. Die Entwicklung an ABC-Waffen und Streumunition ist doch schon wesentlich weiter vorangeschritten und da setzen sich doch dieselben Akteure dafür ein, das zu ächten und zu verbieten. Oder hat das damit zu tun, dass jetzt halt auch Schwellen- und Entwicklungsländer solche Waffen herstellen können. Rüstungskontrolle ist immer die Rüstungskontrolle der anderen, oder so?

    Dass "Flächenbombardements zum Glück für die Zivilbevölkerung der Vergangenheit an[gehören]" nur weil sich die Luftabwehrwaffen verbessert hätten, ist auch eine steile These. Ich hab ja gehört, es hätte u.a. damit zu tun, dass der zweite Weltkrieg vorbei ist. Wenn mal wieder "Totaler Krieg" sein sollte, werden wir ja sehen, wie's mit Flächenbombardements einerseits und der chirurgischen Präzision der Kampfdrohnen andererseits aussieht...

  • A
    "Restmüll"

    "Drohnen-Thomas"! Welch treffender und jetzt offizieller Spitzname für diesen Bundesminister. Drohnen-Thomas wurde in der Berliner Humboldt-Universität empört und kräftig ausgepfiffen. Gut so!

     

    Das Werben der Bundeswehr und das Verteilen von Arbeitsmaterialien aus dem Bundesverteidigungsministerium an Schulen, Fachschulen und Universitäten muß wieder untersagt werden!

     

    Von der internationalen "Cebit" in Hannover wird stets ausführlich berichtet, aber nicht von der jährlich stattfindenden internationalen "Militärmesse" mit den neuesten technologischen, elektronischen oder mechanischen sowie logistischen Entwicklungen für die internationale Kriegsführung und das jeweilige Militär. Eben auch über die Drohnen-Weiterentwicklung, für die sich Drohnen-Thomas so wortreich einsetzt und begeistert Werbung zwecks Zustimmung und schnellem Einsatz macht.

     

    Kleinste Drohnen schwirren doch auch schon "zivilrechtlich" bzw. "polizeirechtlich" über unseren Köpfen - bei Demonstrationen, Blockaden, Streiks und sonstigen mißliebigen Volksansammlungen!

     

     

    P. S.

     

    Bei den ersten James-Bond-Filmen haben "wir uns" über die eingesetzte, unglaublich phantasievolle Technologie und Logistik noch köstlich amüsiert. Heute ist sie mit allen Varianten bitterernste und höchst gefährliche Gegenwart! Und "Star Trek" ist auch nicht mehr ferne Zukunft!

  • L
    lowandorder

    " Heimtücke - Kriegslist"

     

    Was für ein Einstieg!

    PERVERS - da liegt post Norman Mailer die Latte.

     

    Klar - ein Völkerrechtler is Fuchs

    und wählt gleich die Aufspaltung in

    juristische Begriffe 2.Ebene!!

    Heimtücke? - nein, das wäre ja?

    Genau : SOLDATEN SIND MÖRDER

    ( Mord - 1.Ebene)

     

    Und das - gilt es zu scheuen wie der Teufel

    das Weihwasser - und Mailers

    Pervers-Resümee PERVERS

    bereits über die Bomberpiloten

    über Jugoslavia außer Reichweite jeglicher " gegnerischer"

    Waffen.

     

    Mit diesem jedem Juristen bekannten Taschenspielertrick

    ist die eigentliche Fragestellung eskamotiert, hinter dem Rücken

    versteckt, hinter die Kulissen geschoben …usw.

     

    Die eigentliche Fragestellung ist nämlich:

     

    - soll es von den Bürgern dieses Staates getragene

    Staatsraison -konsens sein, mittels Drohnen ZU MORDEN.

     

    Lassen wir uns also nicht - studiert hin oder her - wie auch von

    Drohnen-Thomas - hin oder her - nicht hinters Licht führen

    verschaukeln, für blöd verkaufen::

     

    DAS - ist die allein valide Fragestellung!

    UND - die Antwort liegt auf der Hand:

    perverse Handlungen verstoßen gegen die Grundnorm

    des Grundgesetzes, unserer Verfassung,

    und die ist in Art. 1 GG als unteilbar festgelegt:

    DIE MENSCHENWÜRDE

  • JW
    Jutta Weber

    Oberflächliche und parteiliche Berichterstattung.

    Jutta Weber

  • R
    radikal

    Verplappert:

     

    "…. Darin jedoch widersprach ihm Olaf von Roeder aus dem Verteidigungsministerium: Auch jetzt seien die Basen der Kampfjets, etwa in Deutschland, Teil von Schlachtfeld und Krieg, selbst wenn dieser ansonsten im Irak stattfinde.…"

     

    Schön - daß das Kriegsministerium die eindeutig grundgesetz- und völkerrechtswidrige

    (logistische) Teilnahme der Bundesrepublik Deutschland am Irakkrieg

    - entgegen den wahlkampftaktischen Bekundungen Schröders/Fischers

    jetzt ausdrücklich als Teilnahme bezeichnet.

    Anders damals, als ein Major, der sich weigerte das erforderliche Software-Programm zu

    bedienen, degradiert wurde.

    Was der Dienstrechtssenat des Bundesverwaltungsgerichts

    mit genau dieser Begründung ersatzlos aufhob!

  • M
    menschenfreund

    Hat jemand schon darüber nachgedacht, was der "Gegensatz" von "Friedensbewegten"/Pazifisten und Soldaten begründet?

    Die "Friedensbewegten" sind dann also die Feiglinge, die groß von Frieden schwafeln und gelegntlich so etwas wie eine "Demonstration" vom Zaun brechen. Das ist es, was sie für den Frieden tun?

    Da ist auf der anderen Seite die Soldatin/der Soldat, die im Fall einer von den Politikern erkannten Gefahr oder Bedrohung ihre Köpfe - auch für die "Friedensbewegten - hinhalten müssen, u.a. damit die weiterhin ungefährdet ihren Sermon loswerden können. Sie müssen sich von einem Teil dieser Leute noch als "Mörder" beschimpfen lassen.

    Wer also, wer ist wohl am ehesten ernsthaft und mit höchstem Einsatz am Frieden interessiert und wer schreckt allein durch seine Anwesenheit jene ab, die den Frieden bedrohen?

    So gesehen freue ich mich über die Anschaffung auch bewaffneter Drohnen, um das Leben unserer Soldaten/innen zu schonen.

    Ich würde mir schon wünschen, wenn Armeen überflüssig würden. Dieser Zustand ist u.a. mangels Vernunft leider für einen überschaubaren Zeitraum nicht erkennbar.

  • H
    Harald

    Kompliment. Guter Beitrag, in dem die Positionen verständlich dargelegt sind.

     

    Selber gehöre ich zu den Drohnenfans. Warum? Ganz einfach: Weil damit eine Augenhöhe zwischen den Terrorfürsten und ihren Opfern hergestellt wird.

     

    Vielleicht ist in dem Zusammenhang der einen oder der einen aufgefallen, daß es in Europa und den USA zu keinen Bombenanschlägen mehr kam. Gerade der Gestrige macht das noch mal überdeutlich.

     

    Schon jetzt prägen Drohnen die heutige Kriegsführung des Westens. War man nach dem Zweiten Weltkrieg z.B. noch vom künftigen Einsatz großer Bomberverbände überzeugt, war diese Annahme schnell obsolet. Die in der 50-er und 60-er Jahren entwickelte Boden-Luft Abwehrtechnologie war zwingender. So gehören Flächenbombardements zum Glück für die Zivilbevölkerung der Vergangenheit an.

     

    Die Zivilbevölkerung im Angriffsland und die eigenen Soldaten zu schonen, in dem die Kommandeure des Terrors lernen mussten, was es heißt, zu jeder Minute mit dem eigenen Ableben rechnen zu müssen, rettet viele, viele Leben.

     

    Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß sich die Terrorkommandeure stets unmittelbar mit einer großen Zahl von Frauen und Kindern umgeben, um wenigstens den Propaganda Krieg zu gewinnen.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Drohnen sind Hundepfui und böse. Gut sind ungezielte Luftschläge ohne vorherige permanente Aufklärung durch Drohnen wie in Kundus.