Militärregierung in Burkina Faso: Krieg gegen die Presse
Die Junta will keine Berichte über Kriegsgreuel im Kampf gegen Terroristen. Zwei französische Journalistinnen mussten das Land verlassen.
Berlin taz | Unabhängige Presse ist in Burkina Faso unerwünscht. Die Militärregierung des westafrikanischen Landes hat die Korrespondentinnen der französischen Tageszeitungen Le Monde und Libération ausgewiesen. Sophie Douce und Agnès Faivre landeten am Sonntagmorgen nach einem Nachtflug in Paris, nachdem sie am Freitag von der Staatssicherheit in Ouagadougou die Order erhalten hatten, innerhalb von 24 Stunden das Land zu verlassen.
Erst am vergangenen Montag hatten die burkinischen Behörden den französischen TV-Sender France24 abgeschaltet, im Dezember 2022 den Rundfunk RFI. Beide hatten Anführer islamistischer Terrorgruppen interviewt.
Burkina Faso ist Hauptangriffsgebiet der islamistischen Untergrundarmeen, die auch in Mali und Niger aktiv sind. Ihre zunehmende Stärke in Burkina Faso führte 2021 und 2022 zu zwei Militärputschen. Der aktuelle Militärherrscher Ibrahim Traoré betreibt den Bruch mit der alten Kolonialmacht Frankreich.
„Der Kampf für die totale Unabhängigkeit hat begonnen“, rief Traoré in seiner Rede zum Unabhängigkeitstag am 11. Dezember. Er warf die Koordinatorin der Vereinten Nationen, Barbara Manzi, aus dem Land und beendete im Januar 2023 die 400 Soldaten starke französische Militäroperation Sabre (Säbel), ein im Jahr 2018 vereinbarter Einsatz von Spezialkräften.
Am 28. Februar kündigte Burkina Faso auch das Verteidigungsabkommen mit Frankreich von 1961 auf, woraufhin alle französischen Militärangehörigen – etwa Berater in Ministerien – innerhalb eines Monats das Land verlassen mussten.
„Der atmet noch“
Pünktlich zum Auslaufen dieser Frist veröffentlichte die französische Tageszeitung Libération eine Recherche, der zufolge Soldaten in der Militärkaserne Ouahigouya Kinder hingerichtet haben. Analysiert wird ein Video, das die Zeitung am 14. Februar erreicht haben soll und das zeigt, wie Männer in Armee-Uniform vor im Sand liegenden Kindern stehen und Dinge sagen wie „Wer sich bewegt, stirbt“. Einer lässt einen Stein auf den Kopf eines Kindes fallen. „Der atmet noch“, sagt ein anderer.
Die Behörden bezeichneten den Artikel in einer wütenden Reaktion als „subversiv“ und „unprofessionell“ und sprachen von „als Journalismus verkleideter Manipulation“. Die Journalisten hätten „keine Ahnung von der Realität vor Ort“. Für sie waren die Täter Terroristen, keine Soldaten.
Die nun hinausgeworfene Libération-Korrespondentin Agnés Faivre war nicht als Koautorin des Artikels genannt worden, doch zahlt sie nun dafür den Preis ebenso wie ihre Monde-Kollegin Cécile Douce, die zeitgleich in einem Artikel geschrieben hatte: „Bei Journalisten und Menschenrechtsverteidigern in Burkina Faso geht die Angst um.“ Lokale Journalisten würden offen bedroht und Präsident Traoré habe am 23. März gesagt: „Wer zugunsten des Feindes kommuniziert, wird bezahlen.“
Traorés Militärregierung setzt auf einen langen Krieg. Der von Sicherheitskräften kontrollierte Teil des Staatsgebiets soll laut einem Aktionsplan von 69 Prozent im Jahr 2020 auf 77 Prozent im Jahr 2025 steigen.
Zur Unterstützung der Armee wurden Anti-Terror-Milizen als „Freiwillige zur Verteidigung des Vaterlandes“ (VDP) zusammengeführt, ein VDP-Rekrutierungsappell hat mit 90.000 Freiwilligen großen Zulauf bekommen. Den VDP wird nun selber Gewalt vorgeworfen und immer wieder gibt es Racheangriffe mit vielen Toten.
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