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Militäreinsatz gegen den ISRussland fliegt erste Luftangriffe

Nach der Entscheidung für einen Militäreinsatz hat Russland die ersten Attacken geflogen. Syrischen Aktivisten zufolge trafen diese aber nicht den IS.

Im September verlegte Russland Kampfflugzeuge dieses Typs nach Syrien Foto: dpa

Moskau afp/dpa | Russland hat erstmals Luftangriffe in Syrien geflogen: Die Bombardierung fand in der Nähe der Stadt Homs im Zentrum des Landes statt, wie ein US-Regierungsvertreter mitteilte. Moskau bestätigte die Angriffe. Das russische Parlament hatte zuvor grünes Licht für einen solchen Militäreinsatz gegeben. Die französische Justiz leitete derweil Ermittlungen gegen den syrischen Machthaber Baschar al-Assad wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein.

Kampfjets hätten unter anderem Munitionsdepots und Treibstofflager der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) etwa 200 Kilometer von Damaskus bombardiert, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Mittwoch mit. Syrischen Aktivisten zufolge bombardierten die Jets mehrere Orte nördlich von Homs, die von gemäßigten Rebellen gehalten werden.

Präsident Wladimir Putin nannte Russlands Intervention den „einzigen Weg im Kampf gegen den internationalen Terrorismus“. Russland werde die syrische Armee so lange unterstützen, bis diese ihren Kampf beendet habe, kündigte er an.

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen bei den Luftangriffen mindestens 27 Menschen ums Leben. Aktivisten berichteten von mehr als 35 Toten, darunter Frauen und Kinder. Die bombardierte Region werde von gemäßigten Rebellengruppen kontrolliert, sagte Samir Naschar, führendes Mitglied des Oppositionsbündnisses Nationale Syrische Koalition. Dessen Vorsitzender Khaled Khudscha erklärte über Twitter, in dem Gebiet gebe es weder Kämpfer des IS noch des Terrornetzwerkes Al-Kaida.

Einsatz von Bodentruppen ausgeschlossen

Kreml-Verwaltungschef Sergej Iwanow hatte zuvor im Fernsehen gesagt, die Entscheidung für russische Luftangriffe in Syrien sei nach einem Hilfeersuchen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad gefallen. Einzelheiten wollte er nicht nennen, er sprach aber von einem zeitlich befristeten Einsatz. Den Einsatz von russischen Bodentruppen in Syrien schloss er aus.

Den Militäreinsatz in Syrien hatte zuvor das russische Parlament gebilligt. Nach Iwanows Worten stimmte das russische Oberhaus am Mittwoch einstimmig einem Antrag von Präsident Wladimir Putin für den Einsatz zu. In dem Antrag war lediglich vom Einsatz „eines Kontingents der russischen Streitkräfte außerhalb des russischen Territoriums“ die Rede. Iwanow fügte aber hinzu: „Es geht um Syrien.“ Unterstützung bekam der Kreml laut Nachrichtenagentur Interfax von der einflussreichen orthodoxen Kirche Russlands, die von einer „heiligen Schlacht“ sprach.

Putin hatte am Montag mit US-Präsident Barack Obama über ein Vorgehen gegen die Extremistenorganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien und über die Rolle Assads in einem politischen Übergangsprozess gesprochen. Vor allem der Umgang mit Assad, dessen Abtritt der Westen verlangt, blieb umstritten.

In Damaskus bestätigte Assads Büro, die syrische Regierung habe russische Militärunterstützung angefordert. In einem Brief des syrischen Präsidenten an Putin sei auch um Flugzeuge für den Kampf gegen den „Terrorismus“ gebeten worden.

Panzer, Kampfflugzeuge, Drohnen und Soldaten

Russland hatte in den vergangenen Wochen seine Militärpräsenz in Syrien massiv verstärkt. Neben Panzern, Kampfflugzeugen und Drohnen sollen auch mindestens 500 Soldaten dort stationiert worden sein.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte nach der Entscheidung des Parlaments in Moskau, das russische Vorgehen sei „innenpolitisch“ motiviert. Wichtiger sei, was Putin vor der UNO gesagt habe, hob sie in Berlin hervor. Dort habe er deutlich gemacht, dass Moskau einen „konstruktiven Beitrag“ zur Bekämpfung des IS leisten wolle. Russland hatte ein erweiterte Koalition gegen den IS vorgeschlagen, nachdem die US-geführte Koalition mit ihren Luftangriffen in Syrien und im Irak bisher keine durchschlagenden Erfolge erzielt hat.

Französische Justiz ermittelt gegen syrische Regierung

In Frankreich, das als besonders harter Gegner von Assad bekannt ist, leitete die Staatsanwaltschaft derweil Ermittlungen gegen die syrische Regierung und Assad wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. Grundlage sind Aussagen und Fotos eines früheren Fotografen der syrischen Militärpolizei, der im Juli 2013 aus Syrien geflüchtet war. Er hatte 55.000 Fotos mitgebracht, die zahllose Leichen mit Folterspuren zeigen sollen.

„Es ist unsere Verantwortung, gegen die Straflosigkeit vorzugehen“, sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius in New York. Staatschef François Hollande hatte dort zuvor klargemacht, dass er sich keinen Ausweg aus dem syrischen Bürgerkrieg mit Assad an der Macht vorstellen könne.

Frankreich fliegt seit Kurzem Luftangriffe gegen den IS in Syrien. Beim ersten Angriff am Sonntag auf ein IS-Ausbildungslager wurden laut syrischer Beobachtungsstelle für Menschenrechte 30 Dschihadisten getötet.

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6 Kommentare

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  • ehrlich gesagt, mich langweilen mittlerweilen die Berichte über Syrien, es ist einfach unglaublich, was wir für Führungskräfte haben,man fragt sich einfach, ob dieses Geschwätz irgend einen Sinn macht oder hat!

  • Eigentlich ist es die gleiche, für Putin unbekannte Geheimarmee, die auch schon die Krim besetzte.

    Diesmal haben sie sich allerdings als russische Armee verkleidet, damit keiner merkt, dass es sich um die russische Geheimarmee handelt.

    Ein weiterer pfiffiger Schachzug, Herr Putin!

    Wird es in Damaskus dann auch ein Stadion für die WM 2018 geben? Das in Donezk ist ja blöderweise kaputt gegangen.

  • Ach, Monsieur Hollande! Ihren Vorgänger sehe ich noch shakehands mit Muammar al Ghaddafi nach einem gelungenen Waffendeal. Dann, Jahre später, jagten sie Ghaddafi, richteten ihn bestialisch hin. Kein Freund Sakozy nirgends!

  • Das nennt man wohl eine russische Propaganda Bombardierung, was der in Syrien anzettelt. Eine Supermacht mit Aufmerksamkeitsdefizit Syndrom, das paßt in die UN. Mich würde nicht wundern, wenn die Linke heimlich an einem Archipel GULAG in Ostdeutschland baut. Immerhin, in diesem Artikel darf auch eine Gegendarstellung untergebracht werden. Soweit sind sie hier also noch nicht - noch nicht.

  • Nun gibt es also eine weitere Kriegspartei, die ihre Bomben über Syrien ablädt und dabei auch Unschuldige treffen wird (Im US-Jargon wird das „Kollateralschäden“ genannt, welche Bezeichnung werden die Kreml-Propagandisten finden?).

     

    Fest steht nur, dass dies den Flüchtlingsstrom aus Syrien vergrößern wird. Präsident Putin hält Russland selbstverständlich nicht für zuständig, den Flüchtlingen Asyl zu gewähren, er hat ja bereits dem „Westen“ die ganze Schuld an dem Flüchtlingselend zugeschoben.

     

    Außerdem habe ich noch nicht gehört, dass die Kriegsflüchtlinge ausgerechnet in Russland ihre „Endstation Sehnsucht“ sehen!

  • Noch mehr Blutvergießen in Syrien. Die Syrer können einem nur noch leid tun. Jetzt fallen auch noch russische Bomben und ohne Bodentruppen, wird wohl auch das nichts entscheidend an der Situation in Syrien ändern. Es produziert nur noch mehr Gewalt, mehr Tote und mehr Elend.