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Milchgipfel soll Milchbauern rettenMinister setzt auf direkte Hilfen

Ein bisschen Einigkeit gibt es schon vor dem Milchgipfel: Der Milchpreis sei zu niedrig, Schuld soll vor allem der Handel sein.

Mehr wäre fair – über einen höheren Milchpreis wird am Montag auf dem Milchgipfel entschieden Foto: ap

Berlin dpa/afp/taz | Schon Tage vor dem Milchgipfel am Montag laufen sich Lobbyist*innen, Umweltschützer*innen und Politiker*innen warm. Die Preise, die Landwirt*innen für Milch bekommen, sind zuletzt auf unter 20 Cent pro Liter gefallen. Kostendeckend wäre das Doppelte.

Nun stehen vor allem direkte Hilfen für die Milch Erzeugenden auf dem Plan. Dagegen fordern Umwelt- und Verbraucherschützer*innen „eine wirksame Begrenzung der Milchproduktion“.

Der starke Anstieg der produzierten Menge in Deutschland und Europa sei ausschlaggebend für das massive Überangebot auf den Weltmärkten, erklärten die Organisationen Germanwatch und Aktion Agrar. Die „Strategie der deutschen und europäischen Milchwirtschaft, in der Hoffnung auf steigende Exporte immer mehr Milch zu produzieren“, sei „krachend gescheitert“, sagte Jutta Sundermann von Aktion Agrar.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) setzt dagegen eher auf das Kurieren der Symptome: „Mir geht es um schnelle direkte Hilfen“, ließ er am Donnerstag verkünden und stellte Steuererleichterungen und Liquiditätshilfen in Aussicht. Anlässlich eines Treffens mit protestierenden Milchbäuer*innen sagte er, die Risiken des Milchmarktes müssten „fairer verteilt“ werden.

Beim Deutschen Bauernverband dürften die Äußerungen des Ministers auf offene Ohren gestoßen sein. Vizepräsident Udo Folgart forderte eine „konkrete, sofort wirksame Unterstützung für Betriebe“. Generalsekretär Bernhard Krüsken sieht jedoch auch, dass „die Mengensteuerung ganz generell verbessert werden“ müsse.

Der Umweltverband BUND gibt auch dem Handel eine Mitschuld. Dieser nutze die Überschusssituation aus. „Milch darf nicht länger unterhalb der Erzeugerkosten verramscht werden“, sagte der BUND-Vorsitzender Hubert Weigner. Auch Folgart vom Deutschen Bauernverband äußerte sich ähnlich. „Wir erwarten Unterstützung für die Milchbauern statt fortgesetzte Preisdrückerei im Einkauf“, forderte er. Supermärkte und Discounter müssten den Beweis erbringen, dass ihre Milchpreise nicht die Existenz der Bäuer*innen zerstören.

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7 Kommentare

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  • Die Lösung: Alle Milchbetriebe auf Bio umstellen, dann wird automatisch weniger Milch produziert und die Preise sinken. Die Umwelt und die Kühe wird es uns danken. Wo ist das Problem? So kann es eh nicht mehr weiter gehen

  • Bundeslandwirtschaftsminister stellt steuererleichterungen in Aussicht?

    Was soll denn ein Betrieb der im Minus steckt mit steuererleichterungen anfangen??

    Auch ist mir nicht so ganz klar, wieso die Milchproduktion schon so lange bezuschußt wird, anstatt einfach die "Produktion" zu verringern und im Laden einen angemessenen Preis für die Milch zu verlangen... (angemessen im Sinne von "Lebensmittel müssen auch Geld kosten" - angemessen am Tierleid ginge nicht, nur durch Verzicht).

  • Erst wird die Massentierhaltung subventioniert, jetzt gibt's noch mal Geld drauf, weil die Milch aufgrund Überproduktion zu billig wird. - Organisierter Schwachsinn!!

    Wer darf's ausbaden? Die Kühe und die Steuerzahler.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    "Schon Tage vor dem Milchgipfel am Montag laufen sich Lobbyisten, Umweltschützer und Politiker warm. Die Preise, die Landwirt*innen für Milch bekommen..."

     

    Darf man aus dem * schließen, dass es sich bei den Lobbyisten, Umweltschützern und Politikern ausschließlich um Männer handelt?

  • Das eigentliche Verbrechen, es wurden hohe Subventionen fûr den Bau grosser Kuhställe bezahlt. 30-50% der Baukosten kamen vomLand/Bund. Hier am Beispiel Baden-Württemberg: https://fragdenstaat.de/anfrage/nicht-ruckzahlbare-direkt-subventionen-zur-kapazitatserweiterung-in-der-landwirtschaft/

    Sehr wahrscheinlich ist das illegal da es sich um Kapazitätserweiterungen handelt. Speziell diese Kapazitätserweiterungen müssen sofort gestoppt werden.

  • 7G
    76328 (Profil gelöscht)

    Das derzeitige Milchdesaster könnte ein Beispiel dafür sein, dass ungezügeltes Wachstum einfach nicht funktionieren kann. Nirgendwo. Sonst hieße es wohl Krebs. Wie der leider häufig endet, sollte bekannt sein.

    Es sind einmal mehr die armen (zwei- und vierbeinigen) Rindviecher, die unter einer völlig fehlgeleiteten industriellen Lebensmittelproduktion zu leiden haben. Gestern reichten 20 Kühe für das Auskommen eines Milchbauern und seiner Familie, heute braucht es schon 50 und morgen sollen es gar 100 Tiere sein. Und das bei möglichst steigender Milchleistung der Kühe. Irgendwer hat die Geschichte offenbar nicht zu Ende gedacht.

    Die Verantwortung nun auf den Handel (der im Grunde genau das macht, was seine Aufgabe ist) abzuwälzen und einmal mehr nach schnellen (finanziellen) Hilfen zu rufen, geht völlig am Problem vorbei. Eine Problemlösung dürfte vom Bauernverband und dessen Schutzheiligem ohnehin nicht zu erwarten sein. Sie scheinen mir eher der eigentliche Teil des Problems zu sein. Angesichts der ganz erheblichen Subventionen, die schon immer in die Landwirtschaft fließen, bezweifle ich entschieden, dass die Verbraucher letztlich nur 49 Cent für den Liter Milch bezahlen. Frei nach Krüsken könnte ein erster Ansatz in einer generell verbesserten Steuerung der Mittel liegen. Mit der Priorisierung auf das Leben und nicht auf Markt und Menge.

    • @76328 (Profil gelöscht):

      Dieser Fall ist leider kein Beispiel für unmögliches Wachstum. Es limitiert schließlich nicht die Ressource sondern die Nachfrage. Selbst auf lange Sicht ist Milch wohl eines der Produkte, dass am meisten auf nachwachsenden Rohstoffen und damit Sonnenenergie basiert.

      Dieses hier ist ein Beispiel für das grandiose Markversagen von einer Gruppe Akteure in einem System das freien Markt will und möchte und ihn immer dann retten muss, wenn er mal anfangen würde sich selbst zu regulieren. Das ist jetzt mit den Bauern im Kleinen so und war mit den Banken im Großen so. Wenn der Markt so ist, dass 10% der Bauern pleite gehen müssten, dann sollten 10% der Bauern pleite gehen (oder auf Bio umstellen, da ist die Nachfrage da...).