piwik no script img

Mikroplastik in KosmetikGrüne fordern Verbot

Deutschland dürfe nicht auf EU-Regeln warten, weil die Schäden für die Umwelt so groß sind. Das sehen auch BUND und Umweltbundesamt so.

So klein und so gefährlich: Mikroplastik Foto: Stephan Glinka/BUND

„Mikroplastik muss aus Kosmetik- und Pflegeprodukten verschwinden“, heißt es in einem Antrag der Grünen-Fraktion, der der taz vorliegt. Die Partei will erreichen, was in Schweden schon feststeht: ein Verkaufsverbot für kosmetische Produkte mit Mikroplastik.

Man dürfe nicht auf ein EU-weites Verbot warten, da der enorme Schaden für Umwelt, Tiere und Menschen bewiesen sei, fordert Renate Künast, Sprecherin für Ernährungspolitik und Tierschutz. Bereits letztes Jahr hatte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ein „ordnungsrechtliches Vorgehen“ gegen die fehlende Eigeninitiative der Hersteller von Kosmetikprodukten gefordert. Sie verwies damit auf die 2014 eingeführte „freiwillige Verzichterklärung“ auf Mikroplastik bei Kosmetik- und Pflegeprodukten.

Ulli Nissen (SPD) verweist auf Anfrage der taz darauf, dass „kosmetische Mikroplastikartikel zwischen 2012 und 2015 um 82 Prozent reduziert wurden“. Das Problem von Mikroplastik in Kosmetikartikeln werde sich „innerhalb der nächsten Jahre erledigen“.

Untersuchungen der Verbraucher-Plattform „Codecheck“ vom Oktober 2016 zeigen, dass von 130.000 Pflegeprodukten jedes dritte Gesichtspeeling und jedes vierte Duschgel Polyethylen aufweise. Dass es sich hierbei um Kunststoff handelt, wüssten viele Verbraucher nicht, kritisiert Künast und verweist auf „natürliche Stoffe wie Salze oder Cellulose“ als Ersatz.

Das Problem seien vor allem „Mikroplastikartikel aus Kleidung und Reifenabrieb, die mehr als 60 Prozent der im Meer gefundenen Mikroplastikpartikel“ ausmachten, gibt Nissen zu Bedenken. Eine weitere Unklarheit: Viele Hersteller haben unterschiedliche Definitionen von Mikroplastik. Kunststoffe wie Nylon-12, die in der Wissenschaft als Mikroplastik ausgewiesen sind, zählen die meisten Hersteller nicht dazu.

Der Umweltverband BUND und das Umweltbundesamt (Uba) fordern daher ein EU-weites Verbot von Mikroplastik ohne Untergrenze bei der Partikelgröße. Mikroplastik fungiert als eine Art Magnet für Giftstoffe im Wasser. Meereslebewesen nehmen mit dem Mikroplastik etliche Schadstoffe auf. An Mikroplastik konnten bis zu tausendfach höhere Schadstoffkonzentrationen gefunden werden als im Umgebungswasser. Ende letzten Jahres veröffentlichte das Bundesumweltministerium einen Bericht, der zeigte, dass am Meeresboden der südlichen Nordsee im Schnitt elf Kilogramm Müll pro Quadratkilometer gefunden wurden. Der Großteil bestand aus Kunststoff und Mikroplastik.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Um vielleicht das realitätsferne Öko-Selbstbild der Deutschen zurecht zu rücken:

    Auch in Sachen Plastik/Mikroplastik ist Deutschland weit weit hinten:

    Es gibt bereits Länder, die Mikroplastik gesetzlich verbieten: USA, UK, Neuseeland um einige zu nennen. Auch Ruanda tut sich beispielhaft hervor. Aufwachen!

  • Ein Verbot muß her:

    1) Weil es die Pflicht von Regierungen ist Schaden vom Volk abzuwenden.

    2) Unsere Volsvertreter sollten unsere Interessen vertreten und nicht die der Industrie

    3) Damit Beiersdorf & Co. für entstehende Schäden haftbar gemacht werden können.

    4) Weil nicht alle Menschen umweltbewußt einkaufen (können)

    5) Solange sich Politik & Industrie nur auf "freiwillige" Verpflichtungen einigen passiert aber nichts. Außer daß die Hersteller mit dieser freiwilligen Verpflichtung und ominösen Siegeln Ihre fragwürdigen Produkte noch besser verkaufen. https://www.greenpeace.de/themen/endlager-umwelt/plastik/umweltproblem-aus-der-tube

    6) Die NGOs gehen Ihrem job bereits nach, die Öffentlichkeit zu informieren und Alternativen zu zeigen, Greenpeace fährt z.B. die Kampagne #wellemachen.

    7) An anderer Stelle greift die Politik sehr wohl ein, wenn etwas für die Großkonzerne herausspringt. z.B. Steuerbegünstigung für Diesel, Subventionen für landwirtschaftliche Großbetriebe und und und...

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Es nervt. Politiker - insbesondere der Grünen - sind immer noch der Meinung, entstehene Probleme mit Verboten oder Gesetzen beizukommen. Dabei sind Dummheit, Unachtsamenkeit, Gleichgültigkeit oder schlicht Ignoranz nicht "verbietbar". Niemand benötigt Kunststoffpartikel in der Zahnpasta, keiner sollte Medikamente in's Klo kippen, es geht ohne in Folie eingeschweißte Biogurken und als Kind habe ich Milch in der Kanne geholt. Leider haben Grüne und Umweltverbände die Anforderungen an einen guten pragmatischen und nützlichen Umweltschutz so sehr institutionalisiert und funktionalisiert, dass bei Vielen der einfache Menschenverstand auf de Strecke geblieben ist. Sieht man beim wandern sehr schön: Geht eine Schulklasse voraus, ist der Weg mit Verpackungsmüll übersäht. Spricht man die Lehrer/-innen darauf an gibt's a) Achselzucken, b) "kümmern Sie sich um Ihre Sachen" oder c) wir zahlen ja für's wegräumen. Da nützt verbieten nix - da hilft Aufklärung und Erziehung - die ankommt.

  • Ich sehe das genauso. Keiner braucht das.

     

    Aber bestimmt wird es wieder irgendjemanden geben, der den Grünen nun wieder unterstellt, eine Verbotspartei zu sein...

     

    Anstatt Duschgel und Shampoo kann ich übrigens generall empfehlen, einfach mal Seife auszuprobieren. Verbraucht, soweit ich weiss, auch weniger Ressourcen.

    • @risikofaktor:

      Seife - ja!

       

      Z.B. die Seife aus dem Hamburger Seifenkontor - handgesiedete Seife aus der Provence, nur mit natürlichen Zutaten!

  • Es gibt überhaupt keinen Grund, das Zeug NICHT zu verbieten. Außer natürlich die Kosten für die Hersteller, denn dieses Plastikzeug ist spottbillig im Vergleich zu verarbeiteten Naturprodukten.

     

    Das ist auch der Grund, weshalb die sich mit allen Mitteln dagegen wehren, das geht direkt vom Gewinn ab bzw. verringert den Absatz entsprechend bei höheren Preisen. Deswegen muss man ihnen bei der Entscheidungsfindung unter die Arme greifen, eben indem man das schlicht verbietet.

    • @Mustardman:

      Verbieten?

       

      Da müssen erst neue Politiker geboren werden!

  • Was gibt's da eigentlich zu zögern?!

     

    Mikroplastik gehört in KEIN Produkt gemischt.

    Das ist doch ganz simpel durch Naturstoffe zu ersetzen.

    Ich denke da nur mal an die Mandelkleie/Mandelschalen in Kosmetik, Schalen und Naturstoffe können kleingerieben werden, usw.

    Da gibt's Fachleute, die das schnell und einfach ersetzen können, auch für die Industrie oder wo das Zeug sonst noch vorkommt.

     

    Wie lange wollen wir eigentlich noch an dem Ast sägen, auf dem wir sitzen?!

  • In den USA gibt es ein solches Verbot. Warum tut sich die deutsche Regierung hier so schwer? Was befürchten sie?

  • Es gibt schon Kosmetika ohne Mikroplastik. Könnte man kaufen. Steht meistens ganz groß drauf. Muss man mal lesen.