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Mikroplastik aus der WaschmaschineAlte Kleidung fusselt weniger

Neue Klamotten setzen die meisten Mikroplastikfasern frei. Je länger sie getragen werden, desto weniger fusseln sie. Das ist gut für die Umwelt.

Auch durch das Abwasser aus der Waschmaschine gelangt Mikroplastik in die Umwelt Foto: Panthermedia/imago

Berlin taz | Die Waschmaschine immer ganz voll machen, möglichst nicht im Schnellprogramm waschen und vor allem Kleidung möglichst lange tragen – das sind die Tipps des Textilforschers Jens Meyer an Verbraucher:innen, die dafür sorgen wollen, dass weniger Mikroplastik die Umwelt verschmutzt. Sein Forschungsinstitut für Textil und Bekleidung der Hochschule Niederrhein war einer von neun Projektpartnern, die in den vergangenen drei Jahren diesem Problem nachgegangen sind. Am Mittwoch wurden die Ergebnisse präsentiert.

Klärschlamm ist, neben Reifenabrieb, einer der vermuteten Hauptträger, die Mikroplastik in die Umwelt bringen – und damit auch das Abwasser aus der Waschmaschine. „Die mit Abstand höchsten Emissionen treten in den ersten drei Wäschen auf“, sagt Meyer. Wird ein Kleidungsstück also nach wenigen Waschzyklen entsorgt und durch ein neues ersetzt, wird daher mehr Mikroplastik freigesetzt, als wenn das Kleidungsstück länger verwendet worden wäre. Darum solle man „Qualität statt Quantität“ kaufen.

Zu erkennen, welches Kleidungsstück sich zur „Partikelschleuder“ entwickeln wird, ist nicht einfach. Die Arbeit sei „intensiv und interdisziplinär“ gewesen, doch es gebe nach drei Jahren Forschungsprojekt „mehr Fragen als Antworten“, sagt Robert Klauer, Projektmanager Textile Innovation und Mikroplastik bei der Sportmarke Vaude, die an der Nachhaltigkeit ihrer Lieferketten arbeitet.

Weil die Textilproduktion so „unglaublich kompliziert und schwer zu überblicken“ sei, sei auch das Thema Mikroplastik so schwierig, sagt Caroline Kraas, die als Mikroplastikexpertin der Naturschutzorganisation WWF an dem Projekt beteiligt war. Eine wichtige Erkenntnis sei: Die Nutzungsphase von Textilien sei zwar wichtig. Vermutlich entstünden aber ebenso große Einträge von Mikroplastik in die Umwelt in der Produktion und auch nach Nutzungsende, so Kraas.

Ende mit Schrecken

Bei der Sammlung von Alttextilien wird nicht nach Materialien unterschieden. Wird die Kleidung anschließend deponiert oder gelangt als Second-Hand-Ware in den Globalen Süden, dann laufen synthetische Textilien Gefahr, in der Landschaft zu landen und dort am Ende zu Mikroplastik zu zerfallen. „Wir müssen daher auch den Anfang und das Ende der Kleidung in den Fokus stellen“, sagt Kraas.

„Ein wichtiger erster Schritt für die Produktion ist die Methodik“, sagt Vaude-Manager Klauer. „Mit einem standardisierten Testverfahren können wir prüfen, wie viel Mikroplastik ein Stoff oder ein Kleidungsstück absondert.“

Man sieht es dem Stoff nicht an, wie viele Fasern er freisetzt. Ein rauer, flauschiger Fleecestoff etwa sondere nicht unbedingt mehr Mikroplastik ab als ein glatter. „Das haben wir so nicht erwartet“, sagt Klauer. Lediglich Indizien habe man sammeln können, warum der eine Stoff mehr fussele als der andere – etwa der Zeitpunkt und die Art der Färbung, oder die Art der Fasern. Vaude werde diesen Indizien nachgehen – es gebe noch viel Stoff für weitere Forschung, sagt Klauer.

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13 Kommentare

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  • ? Wie wäre es auf Kunststoffkleidung zu verzichten? In Tests zeigt sich oft, dass klassische Naturfaserstoffe sehr gut funktionieren.



    Schafwolle ist zur Zeit unverkäuflich, da niemand sie will. Also sehr günstig.



    Baumwolle gibt's auch noch.



    Es ist leider sehr schwer Kleidung zu finden, die keine synthetische Beimischung enthält.



    Aber Trinkhalme verbieten, willkommen in Schildbürgen.

    • @Thomas Fluhr:

      "Wie wäre es auf Kunststoffkleidung zu verzichten? In Tests zeigt sich oft, dass klassische Naturfaserstoffe sehr gut funktionieren."



      Im Bereich Alltagskleidung gebe ich Ihnen recht, bei Sportklamotten sieht das anders aus. Fahren Sie mal bei 0 Grad mit dem Mountainbike stramm eine Stunde einen Berg hoch und danach wieder runter. Erst lange schwitzen, dann Auskühlung. Das ist mit Baumwolle unmöglich, da funktionieren nur sehr spezielle Kunstfasern, die die Feuchtigkeit rauslassen aber die Kälte nicht rein. Beim Langstreckenlauf ist das auch nicht anders. Da bin ich echt froh über die heutigen HighTech-Sportklamotten, die kaum was wiegen und mit denen man auch bei Minusgraden stundenlang Sport treiben kann. Diese Klamotten werden aber nur einen kleinen Teil der Mikroplastik-Problematik ausmachen. Kunstfasern in T-Shirts und Jeans hingegen sind absoluter Unsinn.

      • @Stefan L.:

        ach was, es gibt doch mittlerweile schon länger sog funktionswäsche aus merinowolle. die macht nicht nur keinen plastikmüll, die stinkt auch nicht so nach dem sport...

        • @susonne:

          Moin, also auch Merinoprodukte von zB Woolpower haben Elastananteile..

        • @susonne:

          "..es gibt doch mittlerweile schon länger sog funktionswäsche aus merinowolle.."



          Unterwäsche vielleicht. Aber bestimmt keine atmungsaktiven aber wind- und wasserdichte Jacken. Die ganzen Oberbekleidungen für den Outdoorbereich funktionieren wohl kaum, wenn sie aus Merinowolle wären.

          • @Stefan L.:

            Moin Stefan, ich habe einen Rucksack von Tatonka, der auschließlich aus Plastik ist, bis auf der Füllstoff an den Schulterriemen. Es gibt ein Problem, wenn ich mir den immer wieder neu kaufe, weil ich mich durch die Versprechen der Marketing-Agenturen auch sonst gerne verarschen lasse, aber ein weniger großes Problem, wenn ich den Nutzungszeitraum maximiere. Ich werde das Teil behalten (es geht auch einfach nicht kaputt), bis ich sterben werde, erst dann muss wieder ein neuer Nutzungszeitraum beginnen, durch jemanden anders.

            Ich bin mir allerdings sicher, dass es der Industrie auch möglich wäre, sehr sehr robuste und Abriebfeste Materialien herzustellen, die aus Naturfasern sind und C2C. Beispielsweise können diese hochfesten Webfasern von einigen Raupen mit bessern Eigenschaften erzeugt werden, als es Plastik hinsichtlich Elastizität und Reißfestigkeit jemals könnte.

            Aber nichts da, der Rucksack aus Plastik ist hergestellt und in der Welt und ich nutze ihn, bis ich ihn heile machen muss oder nicht mehr kann. :)

  • Ich kaufe seit Jahren nur gebrauchte und somit schon mehrfach gewaschene Klamotten. eBay und Kleiderkreisel sind voll davon und es ist deutlich günstiger. Meine ältesten Klamotten sind eine Fliegerlederjacke von 1988 und lange Fahrrad-Funktionsunterwäsche für den Winter von 1990. :)



    Da muss ich meinem Vorredner zustimmen, Gute Schuhe sind echt ein Problem. Ich habe noch ein Paar Timberland-Boots, die jenseits von 10 Jahren sind aber der Rest ist neuer. Ein Freund von mir hat noch handgemachte englische Halbschuhe von 1985, die er immer noch trägt. Die haben aber damals auch 2000.- DM gekostet. In der Summe aber günstiger und nachhaltiger als alle drei Jahre neue Billighalbschuhe von Deichmann.

  • "Je länger sie getragen werden, desto weniger fusseln sie. Das ist gut für die Umwelt." - Es läuft schonmal generell scheiße bei der Herstellung von Plastik-Kleidung. In Bremerhaven gibt es einen Recyclinghof, der seine Primarkabfälle nun als Sondermüll deklarieren muss, weil da so viel Mist in dem Material ist. Nutzungszeiträume verlängern ist super, aber wie wäre es mit Substitution? Vermeidung von neuem Plastik? Insgesamt liegen 85% des weltweit jemals produzierten Plastiks noch in der Umwelt (!!!), nur für den Fall, dass sich jemand denkt, das wäre die einzige Baustelle, Beutel in die Maschine zu legen, die wiederum aus Plastik sind, die wiederum aus Plastik sind, die wiederum und um... In diesem Zusammenhang sehr zu empfehlen, die Diskussion mit Nobelpreisträgerin Dr. Vandana Shiva im Berliner C2C Lab c2c-lab.org/2021/0...eraendern-koennen/

  • Was Wunder? Die haben halt die Jahre vorher schon abgefusselt.



    Wie wär es denn, auf synthetische Textilien zu verzichten? Den größten Teil meines Lebens gab es gar keine Fleecepullis. Die aus Wolle trage ich noch heute.

  • Breaking News:



    Es gibt jetzt es auch Wäsche nur aus Naturfasern wie Baumwolle, Wolle, Leinen, Hanf, die in der Natur zerfallen, zersetzt werden und gar eine Art Dünger bilden. Keine Notwendigkeit mehr, überall noch 2 % Elasthan hineinzumischen.

  • Ich verstehe nicht warum die Beimischung von Kunststoffen in Kleidung überhaupt als Option eingeordnet wird. Da fehlt im Artikel die Begründung.

    Ich trage fast ausschließlich Baumwollkleidung aus zweiter Hand. Mein Hoodie ist 25 Jahre alt und ich habe noch ein T-Shirt das über 30 Jahre alt ist und von der Form her noch einigermaßen tragbar ist. Absurderweise werden uns abgewetzte Klamotten heutzutage sogar als modisch verkauft. Grund ist die immer schlechter werdende Qualität der Stoffe auf dem Massenmarkt, die selbst neu nicht als einwandfreie Kleidung verkauft werden kann - das diese bald reißen und abgewetzt sind, ist also Programm. Und so falle ich mit meinem alten Outfit gar nicht auf.

    Ein Problem sind gute Lederschuhe. Die gibt es so gut wie gar nicht mehr. Das Thema "Veganismus" ist bei mir übrigens durch. Im Prinzip ein schöner Vorsatz, aber in der Welt, die ich künftig haben will einfach nicht umsetzbar.

    • @Anarc:

      Da muss ich jetzt leider anmerken, dass gerade bei Wollsocken eine Kunststoffbeimischung die Lebensdauer drastisch verlängert.



      Womöglich ließe sich das aber auch mit Hanf o.ä. erreichen.

    • @Anarc:

      Es gibt doch gute Lederschuhe bei den Bios. zB Schuhwerk oder El Naturalista