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Migranten mit PfotenAusländische Tiere raus?

Die EU hat Angst vor Einwanderern – wie dem Waschbären und der Schwarzkopf-Ruderente. Dahinter scheint mehr als die Furcht vor Schäden zu liegen.

Och, ist der süß! Ja, aber auch: tot. Präparierter Waschbär im Museum. Bild: dpa

Er wütet in Vorgärten, klaut Singvögeln die Eier und scheint bei seinen Übergriffen Gesichtsmasken zu tragen. So sieht er wenigstens aus. Der Procyon Lotor zu deutsch Waschbär zählt zur Ordnung der Raubtiere. Er ernährt sich von Fischen, Fröschen, Krebsen, aber auch aus reich gefüllten Mülleimern der Großstädter, was dem reinlichen Waschbären den Ruf einbrachte, Krankheiten einzuschleppen.

Das Image des Räubers mit dem schwarzen Zorro-Streifen im Gesicht ist alles andere als gut. Nun soll einer in der Uckermark sogar einen Hund ertränkt haben – nach minutenlagem Kampf. Woraufhin der Landesjagdverband Brandenburg alarmiert reagierte. Die Tieren stellten eine Gefahr dar. Flora, die ertrunkene Hündin, sei nicht das einzige Opfer eines Waschbärenangriffs, wird in der Fachzeitung Welt berichtet. Im vergangenen Jahr hätte der Kleinbär in Brandenburg vier Jagdhunde tot gebissen.

Tierschützer relativieren dies allerdings und werfen dem Verein vor, nach einem Vorwand zu suchen, um das Tier zu jagen. Waschbären seien keine Mörder und würden niemals direkt angreifen, nur, wenn sie sich verteidigen müssten.

Außer Zweifel scheint tatsächlich zu stehen, dass Flora zuerst angriff. Sie haben den Waschbären gewürgt, berichtet ihr 74 Jahre alter Jäger in ebenjener Welt.

taz.am wochenende

Deutschland den Wölfen? Warum Waschbären sterben müssen und Menschen graue Eichhörnchen fürchten, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 7./8. Februar 2015. Außerdem: Ulrich Seidl hat Österreichern in die Keller geschaut. Ein Gespräch über Abgründe. Und: Wer „Promotion“ englisch ausspricht, macht aus dem Doktortitel eine Verkaufsaktion. Aus dem Leben einer arbeitslosen Akademikerin. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Unruhe in „befriedeten Gebieten“

Geschätzte 600.000 bis 800.000 Waschbären leben derzeit in Deutschland. Ökologen und Naturschützer sehen in dem Tier eine echte Bedrohung für das heimische Ökosystem. Der Waschbär ist, das nehmen sie ihm offenbar besonders übel: ein Einwanderer. Von Natur aus stammt der Kleinbär – indianisch Racoon, „der mit den Händen kratzt“ - aus Nordamerika. Er ist ein Migrant der Natur, eine sogenannte „invasive Art“, wie Biologen ihn nennen.

Nicht nur, dass er keinen angestammten Platz in Deutschland hat. Er verdränge heimische Arten und schade Landwirtschaft und Natur, so die Schützer. Außerdem bringt er mit seinen nächtlichen Beutezügen Unruhe in sogenannte „befriedete Gebiete“. So bezeichnet die Stadt Berlin Wohnsiedlungen und Grünanlagen in einer Anleitung zum Umgang mit Waschbären. Außerhalb dieses befriedeten Gebiets darf der Waschbär erschossen werden.

Unerwünscht, bisweilen sogar potentiell gefährlich

Wie dem Waschbären geht es vielen „invasiven Tierarten“, die die Grenzen zur Mehrheitsgesellschaft übertreten. Sie werden als Eindringlinge empfunden. Fremde, die das hiesige Ökosystem nicht hervorgebracht hat. Tiere mit familiärer Zuwanderungsgeschichte. Unerwünscht, bisweilen sogar potentiell gefährlich. Das EU-Parlament hat 2014 sogar eine eigene Verordnung gegen schädliche Tiere und Pflanzen beschlossen - zur Eindämmung und Bekämpfung invasiver Arten. Die EU-Kommission fertigt dafür gerade eine Liste solcher Fremdlinge. Warum differenziert sie aber nicht beispielsweise zwischen nützlich und schädlich, statt zwischen fremd und heimisch?

Auch wenn vielleicht noch nie jemand einen Waschbären gesehen hat, geht von ihm eine irrationale Angst aus. Der Einwanderer ist eine Last, mehr noch. Da er sich von dem ernährt, was er findet, gilt er landläufig als Schmarotzer. Ein Taugenichts. Keine Willkommenskultur bereitet ihn darauf vor, wie er sich nach deutschem Brauchtum einzugliedern hat. Er gehört einfach nicht hierher und ist dem Abschuss frei gegeben. Bei anderen Tierarten kommen ganz andere Sorgen hinzu: Was passiert, wenn sich Schwarzkopf-Ruderente mit Weißkopf-Ruderente paart?

Woher die Angst?

Warum das fremde Tier dem Menschen so viel Angst macht, fragt sich taz-Autorin Maria Rossbauer in der Titelgeschichte „Ausländer raus!“ der taz.am wochenende vom 7./8. Februar 2015. In ihrer Reportage begleitet sie einen Jäger auf die Waschbärenjagd, beschreibt das Verhalten der Artenschützer, spricht ihre Kritiker und zieht Verbindungen zur grundsätzlichen Angst mancher Menschen gegen Überfremdung.

Der Ökologe Josef Reichholf hält es für Unsinn, Tiere und Pflanzen nach den Kategorien heimisch und fremd einzuteilen. Viele heimische Arten sind schließlich ebenso schädlich für das Ökosystem wie zugezogene. Das Wildschwein etwa trampelt Wiesen platt, der Fuchs trägt den für den Menschen gefährlichen Bandwurm mit sich herum. „In der Natur gibt es keine festen, keine richtigen Zustände“, sagt Reichholf und warnt vor dem Jargon mancher Naturschützer, der mitunter in Fremdenfeindlichkeit abgleite. „Nur allzu leicht lässt sich die 'Ökologie' vorschieben und dazu missbrauchen, scheinbar natürliche Begründungen für die Ablehnung der Fremden zu liefern“, argumentiert Reichholf.

Woher kommt diese Angst vor dem Fremden? Was heißt heimisch – bei Tieren, Pflanzen und überhaupt?

Diskutieren Sie mit!

Die Titelgeschichte „Ausländer raus!“ lesen sich in der taz.am wochenende vom 7./8. Februar 2015.

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28 Kommentare

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  • Will man auf die Esoterik-Schiene aufspringen und es den rechten Deutsche-Eiche-Esoterikern nachmachen? Die esoterische Politisierung der Natur und Verdummbeutelung von Lesern von links betreiben?

  • @tazmanier

     

    Da haben Sie mich ja neugierig gemacht, deshalb habe ich mal flott nachgeschaut.

     

    Der Wiki Artikel zu Josef H. Reichholf liest sich zumindest ganz anregend.

    Ich finde neben vielen steilen Thesen (Bierbrauen als Grund zur Sesshaftigkeit des Menschen - hicks!) vertriet er auch Vieles welches man ernsthaft diskutieren kann.

     

    Sympathisch ist er schon wegen einem Standpunkt der mit dem Thema nicht direkt was zu tun hat den ich aber sehr gut finde:

    "(...)Reichholf kritisiert auch, dass die an der Natur Interessierten aus Naturschutzgebieten ausgesperrt würden, während Jäger und Angler freien Zutritt und Besitzansprüche geltend machen könnten. Die Allgemeinheit, der steuerzahlende Bürger, müsse sich einer Ideologie (Gesetzen) unterwerfen, an denen nur eine kleine Minderheit ein Interesse hat (Jagd).(...)"

     

    Überdenkenswert finde ich ebenfall seine drei evolutionären Prinzipien:

     

    "Aus dem Einen geht Vielfalt hervor.

    Leben ist steter Wandel.

    Es gibt keine besten oder einzig richtigen Zustände.

    Die Zukunft ist offen."

     

    Zum Schluss: zumindest aus dem Wiki Artikel geht nicht hervor, dass er ein notorischer "Klimaskeptiker" sei wie es sie z.B. Viele in der AfD und der amerikanischen Rechten gibt. Er stört sich vor allem an Dogmatismus und Kritikunfähigkeit etlicher Klimaforscher.

     

    Meine eigene Ansich:

    Eventuell ist es sinnvoll invasive Arten durch Bejagung "kurzzuhalten". Letztlich werden wir uns aber mit der Existenz von Waschbären und schwarzen Eichhörnchen abfinden müssen. Nigends lässt sich ein Rad gänzlich zurückdrehen, radikale Ausrottungsphantasien bis zur letzten konsequenz sind immer pervers.

     

    Ich empfehle dazu zum Gedankentraining das sehr gute Buch von TC Boyle (viel besser als sein letzter Roman "San Miguel") "Wenn das Schlachten vorbei ist".

    • @Waage69:

      nun, eine theorie bestimmt sich aber nicht danach, ob sie ihnen sympathisch ist, oder nicht. es geht darum, ob sie richtig ist oder nicht!

       

      reichholfs außenseiterthesen hinterlassen in der fachwelt fast nur kopfschütteln.

       

      ich fände es ja fast noch in ordnung, reichholf mit seinen phantastischen thesen zu erwähnen, aber so einen als einzige grundlage zu nehmen, wird der debatte nicht im mindesten gerecht! warum glauben sie, handelt die EU jetzt endlich? weil fast alle wissenschaftler und natur- und artenschützer seit jahrzehnten alarm schlagen...

       

      und zu letzt: die natur ist kein streichelzoo! wenn sie tiere sehen wollen, gehen sie in den zoo oder wildpark. dafür sind die da.

      • @tazmanier:

        Wenn ich Tiere sehen möchte gehe ich in den Wald oder durch die Felder. Als Waldbauer und Landwirt habe ich da kein Problem und muss auch Niemanden um Erlaubnis zu fragen.

         

        Meiner Ansicht nach gibt es aber auch ein demokratisches Jedermannsrecht sich als Mensch frei in der Natur zu bewegen - auch ohne Besitz.

         

        Doof finde ich es natürlich wenn die Menschen an den schönsten Stellen Müll (Einweggrills, Bierfässchen, zerdepperte Glasflaschen Chipstüten, Pizzapappen...) zurücklassen die ich dann wegräumen muss.

        • @Waage69:

          nun ja, dann bist du ohnehin öfters in deinen fichentenholzbretterplantagen unterwegs und siehst ohnehin viele tiere. wo ist dann dein problem?

           

          es gibt ein demokratisches jedermannsrecht sich in der natur zu bewegen? was für eine natur? wo gibt es denn noch natur in deutschland? und sich "frei" in der "natur" zu bewegen ist halt verboten. wirf mal ein blick in die verschiedenen naturschutzgesetze! man geht davon aus, dass waldbauern, jäger, förster halt mehr bedürfnis haben, als die sonntagsspaziergänger, die mit freilaufenden hunden durch den wald gehen.

           

          außerdem darf jeder ins naturschutzgebiet und sonstige gebiete (etwa ffh), nur nicht abseits der wege. und es gibt kein demokratisches recht, freilaufende tiere zu "besichtigen". die laufen nämlich in der regel weg! mach doch eine petition, die ein gesetz schafft, dass es tieren verbietet wegzulaufen, wenn sie von nicht- jägern und nicht- anglern beobachtet werden?!

          • @tazmanier:

            "fichentenholzbretterplantagen"

            Nein, Laubmischwald.

            Danke für die ausführlichen Antworten, begründete andere Meinungen, auch konträr zu meiner, finde ich immer spannend!

             

            Eventuell sollten Sie aber mit ihren "Spitzen" ("...gehen sie in den Zoo...") etwas mehr haushalten sonst kommt man, wie bei uns geschehen, sehr schnell vom eigentlichen Thema (invasive Arten) weg und kabbelt sich haarspaltenderweise auf Nebenkriegsschauplätzen.

            • @Waage69:

              ach ja, "laubmischwald" - sehr schön!

            • @Waage69:

              wir sind über reichholf darauf gekommen und seine "sonstigen" vorstellungen, die ebenfalls nichts mit invasiven arten zu tun haben, die sie aber "sympathisch" fanden. nun, dazu habe ich ebenfalls "konträre" ansichten.

               

              sie finden es ok, dass neben waldarbeitern, förstern, jägern auch trecker, jogger, mountainbiker, geocatcher, bushcrafter, endurofahrer, hundespaziergänger, pilzsammler, ornithologen und die örtliche neuheidnische gruppe in schutzgebieten rumläuft?

               

              na gut. welches naturschutzgebiet darf man eigentlich nicht betreten? wenn sie reichholfs ansichten so sympathisch finden?

              • @tazmanier:

                Sie haben ja schon angesprochen, dass wirklich "natürliche Natur" in Deutschland selten ist.

                 

                Grundsätzlich wäre es ein Ziel, der Natur z.B. über Flussrenaturisierungen, Biotopverbünde, neuerdings dem vorgeschriebenen "Greening" in der Landwirtschaft etc. nach und nach so viel Raum zurückzugewinnen, dass sich der Publikumsverkehr verteilt. Wichtig ist auf der anderen Seite eine Besucherkanalisierung z.B. durch Wege, die Wenigsten sind wirklich scharf darauf durch Gestrüpp, Dornen und Brombeeren zu klettern und halten sich daher freiwillig auf den Wegen und lassen das Hinterland unberührt. Die meisten "jogger, mountainbiker, geocatcher, hundespaziergänger, pilzsammler, ornithologen" wären dann schon mal gut verarztet.

                 

                Im Zuge der Lipperenaturisierung wurden z.B. in Stadtnähe von Lippstadt einige Badestrände extra aufgeschüttet. Die Leute kommen so meist nur bis zum Beginn der Renaturisierung da sie dort schon finden was sie suchen. Dadurch ist die Renaturisierung in der ansässigen Bevölkerung ungemein populär obwohl durch diesen Trick die Meisten nur die nahen Beaches mit ihren tollen Sandbänken kennen...

                ...geschickte Besucherkanalisierung eben!

                 

                Motorsportler haben in Naturschutzgebieten dagegen nichts zu suchen, neuheidnische Gruppen nur etwas wenn sie nachher ihren Müll wieder mitnehmen.

                 

                Es gibt sicher auch zu Begründbare Fälle in denen Gebiete ganz von Publikumsverkehr freigehalten werden sollten. Wenn man diese aber zu weit fasst provoziert man fundamentalistische Bürgerinitiativen z.B. gegen die Neueinrichtung von Nationalparks/Naturschutzgebieten wie z.B. zur Zeit im Eggegebirge.

                • @Waage69:

                  sie verstehen meine frage nicht! in welchen naturpark/naturschutzgebiet/vogelschutz oder ffh oder sonstwas, dürfen besucher nicht rein? überall. warum soll also reichholf gerade hier so sympathisch sein? er fordert etwas, was es ohnehin schon gibt. solche aussagen sollen nur stimmung machen!

                   

                  all diese leute gehen auch außerhalb der wege. was meinen sie, was ich schon so gesehen habe? was mit den tieren ist, ist da egal. und das ist scheinbar auch reichholf egal.

                • @Waage69:

                  Ich empfehle Ihnen noch mal das Buch von TC Boyle. Ist zwar ein Roman und kein Sachbuch aber es geht genau um das Thema:

                  Eine invasive Art, in diesem Fall von Siedlern zurückgelassene und verwilderte Hausschweine haben sich eine inzwischen menschenleere Insel unter den Nagel gerissen. Die Umweltbehörde möchte aber die Insel und ihre Flora&FAuna in den Zustand vor der Besiedlung zurückversetzen ergo die Schweine müssen nicht nur dezimiert sondern ganz weg - no mercy!

                   

                  Darüber entsteht ein erbitterter Kampf zwischen radikalen Naturschützern und der Umweltbehörde auf der einen und militanten TierschützerInnen auf der anderen Seite - ebenfalls no mercy!

                   

                  Würde Ihnen bestimmt prima gefallen!

                  • @Waage69:

                    tja, so ein buch ist die eine sache. die realität eine andere.

                     

                    wobei die taz hier wohl eher die radikale tierschützerseite einnimmt. kann man ja auch von halten was man will.

                     

                    ich halte mich da lieber an die wissenschaft. und wenn eine invasive art die artenvielfalt bedroht, muss man versuchen sie zu einzudämmen. diese "mir doch egal, ob irgendwas ausstirbt"-einstellung der tierrschützer, eigentlich ja tierrechtler, wie den taz-ökologieexperten jedenfalls, ist ein rückschritt in zeitein, die ich längst vergessen glaubte.

                    • @tazmanier:

                      In dem Buch wird das Dilemma zwischen radikalem Tier- und Naturschutz aufgedröselt, es ist aber nicht meine Bibel sondern nur ein Roman der mir gut gefallen hat. Die radikale Tierschutzseite kommt darin auch nicht besonders gut weg. Sie müssen es auch nicht lesen - ich dachte nur es passe halt gut...

                       

                      Ihre Einstellung zum radikal/militanten Teil der Veganer- und Tierrechtsbewegung teile ich.

                       

                      Das bei der Ausbreitung invasiver Arten auch jagdlich gegengesteuert werden könnte habe ich in meinem ersten Beitrag ganz oben schon angesprochen. Ich glaube aber das sich damit die "Invasion" nur verlangsamen lässt um Zeit zu gewinnen, was ja auch schon Sinn machen würde, sie aber letztlich nicht rückgängig zu machen ist.

                       

                      Über Menschen als Teil oder Nichtteil der Natur haben wir wohl sehr unterschiedliche Meinungen.

                      In Praxi sind die Naturschutzgebiete ja nicht hermetisch abgeschirmt, da rennt Reihholf wohl tatsächlich offene Türen ein oder versucht auch wohl Stimmung zu machen, da haben Sie wohl recht.

                      Ich persönlich würde es aber auch nicht als Ziel ansehen "normale" Menschen aus der "echten" Natur verbannen zu wollen auch wenn das in einem dicht besiedelten Land für die Natur belastend ist.

                       

                      Das haben wir eben unterschiedliche Ansichten und ich lass das jetzt einfach mal so stehen.

                       

                      MfG

                      • @Waage69:

                        was jagdlich möglich ist, hängt wohl von der art ab und von dem willen der regierung. wenn in nrw die fallenjagd verunmöglicht wird, wie umweltminister remmel das gefordert hat, dann gibt es keine möglichkeit, insbesondere waschbären zurückzudrängen.

                         

                        und verstehen sie mich nicht falsch. mir ist es lieber naturbegeisterte leute rennen quer durchs naturschutzgebiet, als dass sie vollkommen entfremdet von der natur in berliner redaktionen herumsitzen und fordern, doch die armen waschbärchen zu schonen, weil, wird schon nicht so schlimm werden und sind ja auch putzig.

                         

                        was aber unser reichholf fordert, ist pure stimmungsmache.

  • invasive arten sind eine menschgemachte bedrohung für die biodiversität.

     

    nach jahrhunderten, erkennen die menschen, dass diese einschleppung von neozoonen fatale auswirkungen haben kann und überlegt, viel zu spät, gegenmaßnahmen zu ergreifen und die artenvielfalt zu erhalten.

     

    und genau das wird jetzt aus, ich kann natürlich nur spekulieren, ideologischen gründen in frage gestellt?

     

    in welcher traumwelt lebt die taz eigentlich?

  • nun zu reichholf. es gibt in deutschland ca. 200 hervorragende wild und -populationsbiologen. warum wurde der am wenigsten anerkannt, offenbar als einziger, befragt? reichholf, seines zeichens klimaskeptiker und einziger anhänger der neolithischen-"bier"-revolution und noch anderer schräger fixen ideen, kann wohl kaum als maßstab für diese disziplin genommen werden.

     

    warum befragt die taz hier nicht ethablierte wissenschaftler? sondern ausschließlich reichholf?

  • Also noch mal: ich halte es für äußerst bedenklich, das schicksal von flüchtlingen mit der ausbreitung invasiver arten zu assoziiren. nicht nur, dass hierdurch die flüchtlinge entwürdigt werden, und fremdenhass verharmlost wird, so wirft man artenschützern indirekt auch fremdenfeindlichkeit vor.

     

    das ist nicht nur falsch, sondern auch eine absolute frechheit den artenschützern gegenüber. die entsprechende redakteurin mag das ja für einen lustigen vergleich halten, tatsächlich offenbart es eine gedankenlosigkeit, die mich an die gleichsetzung des holocaustes mit massentierhaltung durch tierrechtler erinnernt. geschehen etwa in dem film "eathlings". hier verneinen tierrechtler die singularität des holocaustes und verhöhnen die opfer, indem sie etwa juden mit schweinen gleichsetzen.

     

    ähnlich funktioniert dieser gedankengang invasive arten mit flüchtlingen und migranten zu vergleichen.

  • armselig, meinen kommentar zu löschen! ganz ehrlich!

  • Oh nein, Waschbären sind keine Einwanderer! Sie kamen jedenfalls nicht freiwillig. Man hat sie geholt, weil man sie brauchte und ausbeuten wollte – als Pelzlieferanten, eingesperrt in Gefängnissen, genannt Pelztierfarmen! Und weil sich das später nicht mehr lohnte, hat man sie laufen lassen – manche konnten auch vorher fliehen. Zuerst am hessischen Edersee. Da haben sich die Hobby-Jäger richtig gefreut, dass sie mal wieder was Exotisches zum Schießen hatte! Und jetzt? Jetzt werden die Waschbären, diese Exoten, die sich so flott „vermehren wie die Karnickel“, verleumdet. Aber man kennt das ja ...

  • Der Begriff "Ökosystem" ist allein schon ziemlich fragwürdig. Er suggeriert, dass die Natur etwas Statisches, gleich Bleibendes ist. Dabei war schon immer alles permanent im Wandel begriffen.

    Wozu gibt es Mutationen? Die Natur ist kein statisches "System". Es ist eben alles im Fluss.

  • Die Fremdenangst richtet sich sogar gegen Asteroiden. Dabei haben die das Wasser zur Erde gebracht.

    :-)

    • @RetterInDerNot:

      Nee, das waren die Kometen.... :-)

  • Wenn schon moralisch-menschliche Maßstäbe auf Tiere übertragen werden sollen, sollte man auch über diesen Vergleich nachdenken:

    Die Verbreitung von Tier- und Pflanzenarten in neue Gebiete fördert eine Globalisierung der Tier- und Pflanzenwelt. Wenige unspezialisierte Arten verbreiten sich und verdrängen dabei eine ganze Reihe von heimischen Arten, Globalisierung halt, Coca Cola in der Tierwelt.

    Übrigens führt das zu viel größeren Problem außerhalb Europas. Die Vogelwelt Neuseeland ist arg dezimiert durch eingeschleppt Ratten und Katzen.

    Die amerikanische Prärie besteht heutzutage zu großen Teilen aus Grasarten die aus Europa mitgebracht wurden. Rein äußerlich sieht man nichts, aber hinter den Kulissen findet ein massiver Artenschwund statt.

    Multikulti beim Menschen ist etwas anderes als in Flora und Fauna. Wir sind eins, alles Menschen. Aber ein Nerz und ein Mink sind zwei verschiedene Arten und nur einer wird überleben, wie es aussieht ist es der nordamerik. Nerz, das gleiche ist für das graue und das rote Eichhörnchen zu befürchten.

    Waschbären fressen die letzten heimischen Schildkröten in Brandenburg, ohne die neuen Arten hätten zumindest 2 der genannten heimischen Arten noch eine lange Zukunft vor sich gehabt. Für die Schildkröten ist es nur der Tropfen der das Fass zum Überlaufen bringt.

    Eine ganz andere Sache sind die Ressentiments, die bei dieser Diskussion am Stammtisch bedient werden. Denn machen wir uns nichts vor, da geht es nicht um die Natur sondern um Parolen.

  • Der Fasan ist ja auch nicht von hier.

    • @Waage69:

      Glück gehabt ...

  • 3G
    3618 (Profil gelöscht)

    War es eigentlich nicht schon immer so, dass Arten zuwanderten, auch im Laufe von Klimaveränderungen und andere ausstarben?

    Und wie soll das Gehen: Alle Waschbären abknallen. Bleibt nur ein Paar übrig, geht es von vorne los.

    Aber Tiere und Pflanzen genmanipulieren und in die Welt entlassen.

    Der Mensch sollte endlich aufhören überall einzugreifen, mal indem er freisetzt, dann wieder vernichtet.

    Zuallererst mal sollte er die Massentierhaltung beenden und die Agrarindustrie auf ein naturverträgliches Maß zurück führen.

    Dann hätten einheimische Arten wirklich eine Chance.

  • Eingeschleppte oder invasive Tier- und Pflanzenarten gehören zu den größten Gefährdungen der weltweiten Biodiversität. Hierüber ist sich die ökologiche Wissenschaft einig und daher ist auch wenig erstaunlich, dass auf allen Ebenen auch EU-weit dagegen vorgegangen wird. Diese Bestrebungen, existierende Ökosysteme mit ihren z.T. einzigartigen Tier- und Pflanzenarten zu schützen, mit Fremdenfeindlichkeit gleichsetzen zu wollen (und den entsprechenden Personen Fremdenfeindlichkeit zu unterstellen) ist - gelinde gesagt - absurd.

     

    Moralisch-ethische Maßstäbe an natürliche Prozesse anzulegen funktioniert einfach nicht. In der Natur gibt es kein "gut" oder "böse", es ist einfach wie es ist und idealerweise hält sich der Mensch einfach raus. Wenn allerdings - durch den Menschen - neue Tier- oder Pflanzenarten eingeschleppt werden, sollte eben auch der Mensch versuchen, diesen "Fehler" wieder gut zu machen und entsprechende invasive Arten zu bekämpfen.

     

    Wenn Sie schreiben, dass invasive Arten ja auch "nützlich" sein könnten, dann würde mich interessieren, wie Sie "nützlich" definieren. Nützlich für existierende Ökosysteme? Nur was ist "nützlich" für ein Okösystem, wenn es nicht einfach so weiter existieren und funktionieren kann wie bisher? Nützlich für den Menschen? Weil Waschbären so süß aussehen. Wie Sie sehen funktioniert weder eine moralisch-ethisch noch eine utilitaristische Sichtweise besonders gut in der Ökologie.

     

    PS: Der Verfasser ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Nederlands Institut voor Ecologie in Wageningen.