Migranten an der US-Südgrenze: Geflüchtete fürchten Abschiebung
An einem US-Grenzort zu Mexiko sitzen bis zu 14.000 Migranten fest, die meisten aus Haiti. US-Präsident Biden forciert die schnelle Abschiebung.
Die Situation an der Grenze wirft ein Schlaglicht auf die Einwanderungspolitik von US-Präsident Joe Biden – die Zahl aufgegriffener Migranten an der US-Südgrenze ist in den vergangenen Monaten rasant gestiegen.
Der Bürgermeister von Del Rio, Bruno Lozano, hatte zuletzt dringend Hilfe des Bundes angefordert. Lozano sagte, die Migranten stammten überwiegend aus Haiti, kämen illegal ins Land und warteten darauf, von der US-Grenzschutzbehörde aufgegriffen zu werden. Diese sei jedoch überfordert angesichts des großen Andrangs. US-Medien berichten von rund 14.000 Menschen, die in Del Rio unter menschenunwürdigen Bedingungen ausharrten.
Das Heimatschutzministerium will nun Migranten auf andere Orte in der Region umverteilen, um sie schneller abfertigen zu können. Dort soll sichergestellt werden, dass Menschen ausgewiesen würden, wenn sie sich unrechtmäßig in den USA aufhielten. Das Weiße Haus habe die zuständigen US-Behörden angewiesen, mit der haitianischen und anderen Regierungen in der Region zusammenzuarbeiten, um den Menschen nach ihrer Rückkehr Hilfe und Unterstützung zu bieten, hieß es weiter.
Kritik an Bidens Politik aus den eigenen Reihen
Der bitterarme Karibikstaat Haiti war Mitte August von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Mehr als 2.000 Menschen kamen ums Leben. Kurz zuvor war der Präsidenten Jovenel Moïse ermordet worden. Viele Menschen sind bereits nach dem verheerenden Erdbeben von 2010 aus dem Land nach Südamerika geflohen. Beobachter gehen davon aus, dass die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie sie erneut zur Flucht getrieben haben. Auf Bildern war zu sehen, wie die Menschen durch knietiefes Wasser wateten und im Schlamm unter der Brücke, die über den Fluss Rio Grande führt, provisorische Zelte errichteten.
Angesichts der Krise gibt es auch deutliche Kritik am demokratischen Präsidenten Biden. Lozano, der Bürgermeister der 36.000-Einwohner-Stadt Del Rio, ist ebenfalls ein Demokrat und kritisierte schon vor Monaten, es sei völlig unzureichend, wie die Bundesregierung mit der Situation an der Südgrenze der USA umgehe. Die demokratische Abgeordnete Ayanna Pressley forderte Bidens Regierung auf, die Abschiebeflüge nach Haiti sofort zu stoppen. Republikaner hingegen werfen Biden eine zu laxe Politik an US-Grenze zu Mexiko vor.
Zuletzt ist die Zahl aufgegriffener Migranten dort deutlich gestiegen. Im Juli hatte die Grenzpolizei CBP nach eigenen Angaben rund 213.000 Menschen beim Versuch der illegalen Einreise aus Mexiko aufgegriffen – so viele wie seit gut 20 Jahren nicht mehr in einem Monat. Im August waren es laut CBP mehr als 208.000 Menschen gewesen.
Das US-Heimatschutzministerium betonte, dass die Mehrheit der Migranten unter der sogenannten Titel-42-Regelung abgeschoben werde. Die Richtlinie wurde unter dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump aufgrund der Coronapandemie eingeführt und sieht eine schnelle Abschiebung vor. Begründet wird dies mit der Gefahr einer Einschleppung von Covid-19.
ACLU: „Die Regierung hat große Töne gespuckt!“
Unter Biden wurde die Regelung verlängert. Menschenrechtsorganisationen werfen der Regierung vor, die Pandemie nur als Vorwand zu nutzen, um Menschen ohne ausreichende Prüfung und Gerichtsanhörung pauschal abzuschieben.
„Irreguläre Migration stellt eine erhebliche Bedrohung für die Gesundheit und das Wohlergehen der Grenzgemeinden und für das Leben der Migranten selbst dar“, erklärte das Ministerium. Die Grenzen seien nicht offen, Menschen sollten sich nicht auf die „gefährliche Reise“ begeben.
„Diese Regierung hat große Töne gespuckt, als sie sagte, sie wolle ein humanes Asylsystem“, sagte hingegen Lee Gelernt, ein Anwalt der Bürgerrechtsorganisation ACLU, der New York Times. Es sei entsetzlich, dass die Regierung die pauschale Botschaft sende, dass die Grenze geschlossen sei. Sie erkenne nicht an, dass die Menschen keine andere Wahl hätten, als zu fliehen.
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