Mietenspiegel 2011 veröffentlicht: Wohnen kostet richtig Geld
Fast sechs Prozent Steigerung der Mieten in zwei Jahren. Senat räumt eine dramatische Situation ein.
Die Mieten in Hamburg sind in den vergangenen zwei Jahren explodiert. Einen Anstieg um durchschnittlich 5,8 Prozent seit 2009 weist der aktuelle Mietenspiegel aus, den Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) am Mittwoch vorstellte. Zum Vergleich: Die allgemeine Inflationsrate beträgt im selben Zeitraum lediglich 3,7 Prozent, der Mietenspiegel vor zwei Jahren hatte eine Steigerung um nur 3,6 Prozent aufgewiesen.
Dabei handele es sich, so Blankau, "um die Schlussbilanz von zehn Jahren CDU-geführter Wohnungsbaupolitik". Der Stichtag für den Mietenspiegel ist der 1. 4., "und da war der SPD-Senat erst acht Tage im Amt", betonte die Senatorin. Die Lage sei "sicher für viele Betroffene dramatisch", räumte Blankau ein, jedoch sei die "von manchen befürchtete exorbitante Steigerung ausgeblieben".
Nach dem Mietenspiegel beträgt die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter bei 7,15 Euro, das ist ein Anstieg um 39 Cent gegenüber 2009. Besonders drastisch sind die Mieten für kleine Wohnungen unter 40 Quadratmeter in allen Baualtersklassen gestiegen - der Extremfall sind die 60er-Jahre-Bauten in guten Wohnanlagen mit einem Anstieg um 37 Prozent auf Höchstwerte von mehr als zwölf Euro pro Quadratmeter.
Der Hamburger Mietenspiegel wird seit 1979 alle zwei Jahre im Auftrag der Stadt erhoben.
Die Übersicht zeigt die am Stichtag 1. April gezahlten "ortsüblichen Vergleichsmieten" auf dem freifinanzierten Wohnungsmarkt.
Die Kategorien sind Wohnlage, Baualter, Größe und Ausstattung.
Vor den Gerichten gilt der Mietenspiegel bei Streitigkeiten als Entscheidungsgrundlage.
Den Mietenspiegel plus Erläuterungen gibt es unter: www.mietenspiegel.hamburg.de.
Checklisten der Mietervereine gegen ungerechtfertigte Mieterhöhungen gibt es unter: www.mhmhamburg.de und www.mieterverein-hamburg.de.
Auch bis zu 66 Quadratmeter große Wohnungen wurden um bis zu acht Prozent teurer. Altbau-Mieten stiegen generell um mehr als zehn Prozent. Schlechter ausgestattete Altbauten, die entweder Bad oder Sammelheizung haben, blieben stabil.
Deutliche Kritik üben die beiden Hamburger Mietervereine. "Es muss radikal umgesteuert werden", verlangt Eckhard Pahlke, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. Mindestens 2.000 Sozialwohnungen müssten pro Jahr neu gebaut und die Zweckentfremdung von Wohnraum für Gewerbe bekämpft werden. Sylvia Sonnemann, Geschäftsführerin von Mieter helfen Mietern, kritisierte die Erhebung. Sie enthalte mehr als 40 Prozent Neuvermietungspreise. Das werde zu weiteren Verteuerungen führen, da sich Vermieter am Mietenspiegel orientierten.
Das "Netzwerk Recht auf Stadt" will heute um 17 Uhr vor der Saga-Zentrale am Bahnhof Barmbek demonstrieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!