Mietenprotest in Berlin: Blockade weggeschoben
Der Widerstand gegen Zwangsräumungen geht weiter: Am Freitag haben Linke in Neukölln eine Haustür blockiert - diesmal erfolglos.
Diesmal half auch der Protest nicht: Am Freitagvormittag wurde trotz eines Blockadeversuchs eine Zwangsräumung in Neukölln durchgesetzt. Gut 30 Menschen hatten sich vor der Haustür in der Boddinstraße versammelt, als der Vermieter und die Gerichtsvollzieherin am Morgen zur Räumung auftauchten. „Ist uns auch noch nicht passiert“, zeigten die sich überrascht – und riefen die Polizei. Die Blockierer riefen ihrerseits: „Wir bleiben alle“, entrollten ein Transparent: „Miete verweigern, Kündigung ins Klo, Räumung verhindern sowieso“.
Die gut 30 angerückten Beamten schoben die Menge schließlich zur Seite, die Gerichtsvollzieherin erreichte mit einstündiger Verspätung die Wohnung, ließ das Türschloss austauschen. Sechs Männer und drei Frauen nahm die Polizei wegen Widerstand oder Landfriedensbruch kurzzeitig in Gewahrsam.
Bereits Ende Oktober hatten Protestler in Kreuzberg mit Sitzblockaden eine Zwangsräumung der Familie Gülbol verhindert. Ein zweiter Termin wurde von der Gerichtsvollzieherin aufgehoben, aus „formellen Gründen“, wohl aber auch, weil das Bündnis „Zwangsräumungen verhindern“ erneut Proteste organisierte. Nach Neukölln mobilisierte eine linke Unterstützergruppe des Geräumten Sascha K., allerdings recht spontan und intern.
10.000 Euro Schulden
Vermieter Michael Sumin klagt, seit Februar habe K.s Zweier-WG keine Miete gezahlt und rund 10.000 Euro Schulden angehäuft. Zu Prozessen sei er nicht erschienen. „Die Leute setzen sich hier für die Falschen ein.“
Sascha K. widerspricht: Im vergangenen Jahr seien seine Nebenkosten „deutlich erhöht“ worden. Das Schreiben dazu habe er aber nicht erhalten, deshalb auch nicht gezahlt – und sei darauf gekündigt worden. Alle Schlichtungsversuche habe der Vermieter ausgeschlagen. „Der will die Altmieter raushaben, damit er hier teurer vermieten kann“, sagt K., der fünf Jahre in seiner Wohnung wohnte. Anderen Mietern im Haus seien Auszugsprämien geboten oder sei wegen eines Hundes gekündigt worden.
Der Widerstand gegen Zwangsräumungen ebbt also nicht ab. Bereits an diesem Samstag, 14 Uhr, rufen Anwohner, die am Kottbusser Tor seit Mai gegen überhöhte Mieten protestieren, zu ihrer 13. Demonstration. Motto: "gegen Zwangsräumungen". Zudem formiert sich auch Protest gegen die angekündigte Räumung eines älteren türkischen Ehepaars im Wrangelkiez.
Die Kreuzberger Familie Gülbol kann darauf vorerst verzichten. Ein neuer Räumungstermin sei ihr noch nicht mitgeteilt worden, sagt Vater Ali Gülbol. Allerdings verweigere der Eigentümer weiter alle Gespräche. "Wir hoffen weiter, in der Wohnung bleiben zu können", sagt Gülbol dennoch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden