piwik no script img

Michelle Shocked gegen die Homo-EheIns Abseits christianisiert

Die linke US-Protestsängerin Michelle Shocked predigt von der Bühne gegen die Homo-Ehe. Nach Protesten sprcht sie von einem Missverständnis.

Protestierte am Donnerstag gegen ihren abgesagten Auftritt: Michelle Shocked. Bild: ap

Einst war sie eine Ikone der Linken, eine Protestsängerin, eine Aktivistin, Hausbesetzerin, Friedensmarschiererin. Seither ist es still geworden um Michelle Shocked, und populärmusikalisch konnte sie an den Erfolg ihres „Anchorage“-Hits nie mehr anknüpfen. Aber immerhin: Sie schlug Schlachten gegen die Musikindustrie und gewann, überwand ihre Alkoholsucht, wurde, wie George W. Bush, „wiedergeborene Christin“, schrieb weiter Lieder. Aber die Bühnen wurden kleiner, das Publikum alterte mit der heute 51-Jährigen. Jetzt könnte es ganz wegbleiben.

Eine Woche, bevor vor dem obersten Gerichtshof in Washington die Verhandlungen über die Homo-Ehe begannen, erzählte Shocked Anfang vergangener Woche bei einem Auftritt in San Francisco ihrem Publikum, sie sei am Vorabend bei einem Gebet gewesen. Man müsse wissen, wie angsterfüllt die Leute seien.

„Von ihrem Standpunkt aus – und ich sollte gar nicht ’ihrem‘ sagen, denn es ist auch meiner – sind wir dem Ende der Welt nahe.“ Wenn das Homo-Ehe-Verbot in Kalifornien aufgehoben werde, „und Pastoren mit der Pistole auf der Brust gezwungen werden, Homosexuelle zu trauen, dann wird das ein Signal für Jesus sein, zurückzukehren.“ Das Publikum murrte hörbar. „Kann jemand bitte auf Twitter schreiben, dass Michelle Shocked gerade gesagt hat, dass sie Schwuchteln hasst“, rief Shocked von der Bühne.

Viele gingen, es gab Diskussionen, die Show wurde abgebrochen. Rund ein Dutzend Veranstalter stornierten Auftritte der Sängerin, unter anderem in Santa Cruz, Kalifornien. Dort setzte sich Shocked am Donnerstag in einem weißen Schutzanzug vor den Eingang des Clubs. „Durch Angst zum Schweigen gebracht“ stand auf dem Klebeband über ihrem Mund.

Per Erklärung hatte Shocked wissen lassen, ihre Äußerungen seien missverstanden worden. Sie habe nur darauf hinweisen wollen, wie sich manche Christen angesichts der derzeitigen Debatte über die gleichgeschlechtliche Ehe fühlen, sie selbst aber teile diese Einschätzung nicht. Das war allerdings nicht das, was sie gesagt hatte, und auch die Mitschnitte vom Konzert, die inzwischen auf YouTube zu hören sind, sprechen eine andere Sprache.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • H
    Hans

    Soll Sie reden, woran sie glaubt, wenn es sie glücklich macht. Aber dann soll sie auch nicht lamentieren, wenn ihr die Fans weglaufen.

     

    @Immer diese Christen!

    ?

    Es wird auch alle fünf Minuten ein Muslim oder ein Buddhist ermordet.

    Konfessionellen Mord gibt es überall. Ob es Christen oder wen auch immer trifft ist Mord. Christen sind nicht die besseren Toten/Märtyrer.

    Es stimmt, das die taz über dieses Thema weniger als andere Medien berichtet, doch sie tut es auch, z.B. http://www.taz.de/!8079/

     

    Und dann erlauben Sie die Frage, was ihr Kommentar mit dem Thema zu tun hat?

  • J
    JustCheck

    @von Immernoch diese Christen

     

    sehr schön!!

     

    ...ach, es fehlt mir noch eine leckere Anregung für mein Pasta-Gericht. Wie komme ich jetzt zu dem Link?

  • DM
    Der Messias wird kommen

    Amis Raus aus USA, Winnietou ist wieder da.

  • SC
    Sky Coltrane

    Less or no tolerance of ambiguity markiert die Spiesser und Konservativen und wo die grad stehen kommt gut raus. Michelle Shocked beruft sich auf die Bibel und nicht auf eine eigene Meinung in den Fragen, sie ist also guided oder gefuehrt und sagte tatsaechlich god hates f.....s. Clips im web. Michelle Shocked laesst sich durch die Bibel fuehren und steht so gar nicht im ambiguity conflict.

     

    Homosexuelle kamen vor ueber 2000 Jahren nicht darauf zu heiraten. Es gab die Konfrontation nicht, die in der Bibel haette auftauchen koennen. Michelle Shocked haelt sich an die Regeln und gibt das Wort dabei ab. Reagiert wird darauf, indem man ihr das Wort verbietet, aber das faellt unter no tolerance of ambiguity. Die Demokratie ist mehr als duenn und in solchen Reaktionen nicht mehr vorhanden.

     

    Stuende Michelle Shocked selbst hinter ihren Worten und nicht die Bibel waere das, was sie sagte absolut punk, aber die Reaktionen waeren genauso gewesen-das zeigt, in welchem mainstream andere ankommen. In den 80ern war Heirat unter Homosexuellen kein Thema und damit auch nicht in Konfliktsituation mit Michelle Shoecked s in den 90ern uebernommenen Glauben. Es sind veraenderte Konstellationen, die ihr damals nicht geschadet haetten, die aber zeigen wo andere angekommen sind, mainstream und establishment, no tolerance of ambiguity macht das offen.

  • A
    Atheist

    an @Immer diese Christen!

    Und wieviele Moslems werden durch Christen in Amerikanischen Uniformen oder durch Einflussnahme christlich geprägter Staaten, in Konflikten umgebracht? Und was hat das mit dem Artikel zu tun? Weil Christenin manchen Teilen der Welt eine unterdrückte Minderheit sind, habt ihr das Recht eine andere Minderheit zu unterdrücken und zu stigmatisieren? Eure Homophobie ist sowas von lächerlich!

  • I
    irgendeiner

    Es ist schwer noch Optimismus für die Menschheit zu entwickeln. Was bilden sich manche Leute eigentlich ein? Was geht sie das Leben der anderen überhaupt an? Gar nichts! Und dafür noch irgendeine schwer fassbare höhere Instanz als Ausrede für ihre Intoleranz zu bemühen ...

  • T
    Thomas

    @von Immernoch diese Christen.

    Habe den Artikel gelesen, ist interessant. Komisch, dass da so viel darüber geschwiegen wird. Hier ist das Foto der jungen Christin (Ägyterin), die von Moslems ermordet wurde: http://arouet8.files.wordpress.com/2012/01/junge-christin-in-c3a4gypten-getc3b6tet.jpg

  • ID
    Immernoch diese Christen

    @ Immer diese Christen!

     

    Was genau hat die Intoleranz gegenüber anderen Religionen in Saudi-Arabien noch einmal mit der Homophobie in christlich geprägten, westlichen Demokratien zu tun? Ist die sexuelle Orientierung eine Religion, zumindest bei den Homosexuellen?

     

    Soll ich ergänzend hier jetzt noch einen Link auf mein Lieblings-Pasta-Rezept posten?

  • ID
    Immer diese Christen!

    Das ist natürlich alles schrööcklich. Homoverfolgung. Christianisert. Furchtbar. Da hat man natürlich keine Zeit sich mit Christen zu beschäftigen. In der Schweiz schon: http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Alle-fuenf-Minuten-wird-ein-Christ-ermordet-/story/27492516

     

    Klar, das passt nicht ins taz-Konzept.

  • FE
    Florian Eckert

    Es ist wirklich ein Kreuz mit diesen Evangelikalen! Schon "normale" Christen (Konfession egal) betätigen sich gerne mal als Fachkräfte für Homophobie und sonstige Lebensstilgängelung. Bei den Evangelikalen gehört das aber zur Grundausstattung und die Errungenschaften von Wissenschaft und Aufklärung werden eher wenig geschätzt-siehe den Kreationismus. Michelle Shocked ist halt leider nur eine weitere unter vielen anderen Irren. Ich hatte zuletzt das Vergnügen einer Veranstaltung mit der völkisch-katholischen Wanderdemagogin Christa Meves...ganz herzig!

  • J
    JustCheck

    Tatsächlich formulierte Michelle Shocked: „Kann jemand bitte auf Twitter schreiben, dass Michelle Shocked gerade gesagt hat, Gott hasst Schwuchteln“. Sorry, aber das ist ein erheblicher Unterschied!!! und eben genau das macht gerade die Welle.

    Wenn schon, dann bitte auch richtig!